I. Rechtskräftig festgestellte Ansprüche (I Nr 3).
Rn 4
Die Rechtskraft, auf die I Nr. 3 abstellt, erfasst den Streitgegenstand (§ 204 Rn 6) insgesamt; ›Anspruch‹ ist also der prozessuale Anspruch (BGH NJW 16, 1818 [BGH 03.03.2016 - IX ZB 33/14] Rz 25). Die insoweit ggü der Regelverjährung (§ 195) längere Frist soll vermeiden, dass der Gläubiger durch von vornherein erfolglose Vollstreckungsversuche den Neubeginn der Verjährung nach § 212 I Nr 2 erzwingen muss. Erfasst sind zunächst durch staatliche Gerichte festgestellte Ansprüche, weil deren Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, also neben dem Leistungs-Endurteil sowohl Versäumnis- wie Freistellungsurteile (BGH NJW 91, 2014, 2015 [BGH 26.02.1991 - XI ZR 331/89]), Feststellungsurteile, soweit es um das Bestehen eines Anspruchs geht (BGH NJW-RR 89, 215 [BGH 03.11.1988 - IX ZR 203/87]; zur Reichweite des auf Ersatz künftiger Schäden gerichteten Feststellungstitels Naumbg 8.7.13 – 9 W 5/13), ebenso Vorbehaltsurteile und zwar selbst dann, wenn sie unter dem Vorbehalt bestimmter Haftungsbeschränkungsregime ergehen. Auch durch Abweisung einer negativen Feststellungsklage kann der streitgegenständliche Anspruch rechtskräftig festgestellt werden (BGH NJW 75, 1320, 1321 [BGH 12.12.1974 - II ZR 113/73]). Urteile bei Teilklagen entfalten Wirkung nur hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Teils (RGZ 66, 266, 271). Mangels materieller Rechtskraft ist ein Grundurteil nicht ausreichend (BGH NJW 85, 792 [BGH 23.10.1984 - VI ZR 30/83]), ebenso nicht ein bloßer Teilungsplan (BGH NJW 15, 1881 [BGH 08.04.2015 - IV ZR 161/14] Rz 22); eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung jedoch schon (BGH NJW 06, 1962 [BGH 23.03.2006 - V ZB 189/05]). Nicht notwendig muss es sich um ein kontradiktorisches Urt handeln; auch ein Anerkenntnis oder Säumnisurteil reicht aus. Keine Rolle spielt es, in welcher Gerichtsbarkeit die rechtskräftige Feststellung ergangen ist. Entscheidungen anderer Stellen, die einem staatlichen Gericht vergleichbar unabhängig sind, sind gleichgestellt (BGH NJW-RR 04, 1578, 1579 [BGH 07.07.2004 - V ZB 61/03]) wie Entscheidungen ausländischer Gerichte, die im Inland anzuerkennen sind, die Urt von Schiedsgerichten (BGH 12.4.13 – V ZR 203/11 Rz 19), der unanfechtbar gewordene Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO), Beschl im vereinfachten Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung oder Kostenfestsetzungsbeschlüsse (§ 104 ZPO). Analog gilt I Nr 3 für bestandskräftig von Verwaltungsbehörden festgestellte Restitutionsansprüche (BGH 12.6.14 – V ZR 240/13; 12.4.13 – V ZR 203/11 Rz 20 ff). Zu beachten ist, dass die Sperrwirkung der materiellen Rechtskraft der Zulässigkeit einer erneuten Feststellungsklage in unverjährter Zeit mit gleichem Streitgegenstand nicht entgegensteht, wenn Schäden noch nach Ablauf der Verjährungsfrist eintreten können (BGH NJW 18, 2056 [BGH 22.02.2018 - VII ZR 253/16] Rz 15 f; Stuttg NJW 18, 1555 [OLG Braunschweig 13.12.2017 - 2 W 152/17]: zum KfB).
II. Sonstige Titel (I Nr 4–6).
Rn 5
Gleiche Wirkung wie die rechtskräftige Feststellung hat wegen I Nr 4 die Titulierung eines Anspruchs aus vollstreckbaren Urkunden (§ 794 I Nr 5 ZPO) oder in Form vollstreckbarer Vergleiche (§ 794 I Nr 1 ZPO); gleichsteht der Schuldenbereinigungsplan nach § 308 I 2 InsO. Private Anerkenntnisse bzgl streitiger Ansprüche, die eine ansonsten wegen drohender Verjährung zu erhebende Feststellungsklage entbehrlich machen sollten, stellte die Rspr zum alten Recht im Einzelfall (in Haftpflichtfällen) verjährungsrechtlich einem Feststellungsurteil gleich (BGH NJW 85, 791, 792 [BGH 23.10.1984 - VI ZR 30/83]; 02, 1791, 1792 [BGH 26.02.2002 - VI ZR 288/00]; 1878, 1880 [BGH 29.01.2002 - VI ZR 230/01]); diese Rspr zum titelersetzenden Anerkenntnis gilt fort (Köln 25.7.16 – 7 U 79/16 Rz 3; krit Grunsky NJW 13, 1336, 1339 ff); die Verjährung beginnt dann mit der Rechtskraft (§ 201). Daneben ermöglicht heute § 202 eine Vereinbarung über die Verjährung, wobei ggf durch eine Kappung der Frist des § 202 II entsprochen werden muss; für ein ›normales‹ Anerkenntnis gilt § 212 I Nr 1 (vgl Köln 8.11.12 – I-7 U 43/12 Rz 22f). Der vollstreckbare Anwaltsvergleich fällt unter I Nr 3, da dieser nur durch gerichtlichen (§ 794b ZPO) oder notariellen (§ 796c ZPO) Akt vollstreckbar wird. I Nr 5 betrifft Ansprüche, deren Eintragung in die Insolvenztabelle nach § 178 III InsO ggü allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urt gilt, so dass nach § 201 II InsO aus der Eintragung vollstreckt werden kann, sowie Ansprüche, die durch einen rechtskräftig bestätigten und in Verbindung mit dem Tabelleneintrag vollstreckbaren Insolvenzplan festgestellt sind (§ 257 I InsO). I Nr 6 bestimmt, dass unabhängig von der Art des zu vollstreckenden Titels die Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 I ZPO) nicht der Regelverjährung unterfallen. Zum Verjährungs beginn s § 201.
III. Art der Ansprüche.
Rn 6
Die gerichtliche Feststellung bzw Titulierung eines Anspruchs führt zur Ersetzung der bisher maßgeblichen Verjährungsfrist durch die 30-jährige Verjährung. Für nicht der Entscheidung zugrunde liegende bzw nicht titulierte Ansprüche ...