Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 10
Objektive Voraussetzung ist die Zahlungsunfähigkeit des Erben oder die Überschuldung des Nachlasses. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Erbe seine fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllen kann und ist bei Einstellung der Zahlung anzunehmen, § 17 II InsO. Von einer Überschuldung ist nach § 19 II InsO auszugehen, wenn sich bei einer Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva ergibt, dass die Verbindlichkeiten den Wert der Nachlassgegenstände übersteigen. Den Aktiva sind neben den Ersatzansprüchen gegen den Erben nach § 1978 II auch die wiederauflebenden Rechte nach §§ 1976, 1977 hinzuzurechnen (MüKo/Küpper § 1980 Rz 6). Zu den Verbindlichkeiten gehören grds auch die Vermächtnisse und Auflagen, sofern sie nicht den Grund für die Überschuldung bilden, I 3. In diesem Fall entfällt die Antragspflicht, weil der Erbe nach § 1992 vorgehen kann.
Rn 11
Der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist iRd § 1980 nicht zu berücksichtigen, da der Erbe noch die Möglichkeit haben soll, die Sanierung des zum Nachlass gehörenden Unternehmens ohne Gefahr von Schadensersatzansprüchen zu versuchen (Erman/Horn § 1980 Rz 3). Es besteht aber ein Antragsrecht (Grüneberg/Weidlich § 1980 Rz 3).
Rn 12
Verletzt der Erbe seine Pflicht zur Antragstellung ggü den Nachlassgläubigern, ist er ihnen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.
I. Subjektive Voraussetzungen.
Rn 13
Der Erbe muss Kenntnis vom Insolvenzgrund haben oder zumindest fahrlässig nicht erkannt haben, dass ein Insolvenzgrund vorliegt. Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Erbe weiß, dass die nötigen Zahlungsmittel fehlen und er daher dauerhaft außerstande sein wird, die wesentlichen fälligen Forderungen zu erfüllen. Sie ergibt sich aus den Tatsachen, die ihm die Überzeugung vom Vorliegen der Überschuldung aufzwingen. Fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn der Erbe Grund hatte anzunehmen, es seien unbekannte Nachlassverbindlichkeiten vorhanden, die ihn zwingen, das Aufgebotsverfahren zu beantragen, § 1980 II 2 Hs 1.
Rn 14
Wenn die Kosten des Aufgebotsverfahrens unverhältnismäßig sind, entfällt zwar das Verschulden, es entbindet den Erben aber nicht von der Pflicht, sich auf andere Weise über eine evtl Überschuldung zu informieren. In Betracht kommt insb die Errichtung eines Inventars, das Privataufgebot nach § 2061 oder die Prüfung sämtlicher im Nachlass befindlicher Unterlagen. Daher darf er den Nachlass nicht ohne nähere Prüfung zur Befriedigung der Nachlassgläubiger verwenden.
Rn 15
Dem Erben ist aber weder die Kenntnis des Nachlasspflegers (BGH FamRZ 05, 446), noch die des Testamentsvollstreckers (RGZ 159, 337) über § 278 zuzurechnen.
II. Höhe.
Rn 16
Der Umfang des Schadens, der durch die schuldhaft verzögerte Antragstellung entstanden ist, besteht in der Differenz zwischen dem tatsächlich erhaltenen Betrag und dem, was der Nachlassgläubiger bei rechtzeitiger Antragstellung erhalten hätte (Erman/Horn § 1980 Rz 6; Köln NZI 2012, 1030 [OLG Köln 23.11.2011 - 2 U 92/11]). Er kann darin bestehen, dass einzelne Nachlassgläubiger bereits in den Nachlass vollstreckt haben oder dass unnötige Prozesskosten entstanden sind (Grüneberg/Weidlich § 1980 Rz 4). Die Geltendmachung des zur Masse gehörenden Anspruchs nach § 328 II InsO erfolgt im Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter.