Rn 19
Aus Gründen der Rechtssicherheit sehen II–IV als Ergänzung (nur) zur Regelverjährung (BGH NJW 22, 3419 Rz 33) Höchstfristen vor, nach deren Ablauf Ansprüche gleichgültig, wann sie entstanden sind bzw wann der Gläubiger Kenntnis von ihnen erlangte, also unabhängig von der Frist des I, nicht mehr durchsetzbar sind (§ 194 Rn 1). Die Höchstfrist kann sich erheblich verlängern, weil auf für sie die Vorschriften über Hemmung, Ablaufhemmung und Neubeginn gelten (BGH NJW 18, 2056 [BGH 22.02.2018 - VII ZR 253/16] Rz 24). Die Ultimoregel gilt für II–IV nicht. Sie laufen taggenau (BGH NJW 10, 1956 [BGH 11.03.2010 - III ZR 178/09] Rz 17). Soweit aufgrund eines Ereignisses mehrere Rechtsgüter nebeneinander betroffen sind, ist die Höchstfrist hinsichtlich jedes Rechtsguts einzeln zu ermitteln. Dabei kommt es auf Wertverhältnisse oder Ähnl nicht an.
I. Enumerativ aufgezählte Rechtsgüter.
Rn 20
Schadenersatzansprüche, gleichgültig ob diese auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage stehen, (nur; aA Erman/Schmidt-Räntsch Rz 33: auch Allgemeines Persönlichkeitsrecht – dazu § 12 Rn 31 ff) aus der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit (vgl § 823 Rn 23–32) verjähren spätestens in 30 Jahren ab dem den Schaden auslösenden Ereignis, wenn nicht, wie zB § 548 für bestimmte mietrechtliche Ansprüche, eine abschließende Sonderregelung vorgeht (BGH NJW 22, 3419 Rz 24). II erfasst neben allen materiellen Schadenersatzansprüchen auch solche auf immateriellen Schaden, insb Schmerzensgeld (§ 253 II). Die Frist beginnt dabei zu laufen mit der Setzung der Schadensursache, unabhängig davon, wann ein Schaden erstmals auftritt (BGHZ 117, 287). Ist der Kausalverlauf damit einmal in Gang gesetzt, läuft die Frist, gleichgültig ob der Schaden erst nach deren Ablauf eintritt. Fristbeginn ist damit bei deliktischen Ansprüchen die Vornahme der Schädigungshandlung, bei vertraglichen Ansprüchen der Zeitpunkt der Pflichtverletzung. Bei pflichtwidrigen Unterlassungen ist das den Schaden auslösende Ereignis der Zeitpunkt, zu dem die unterlassene Handlung letztmals schadensvermeidend hätte vorgenommen werden können, bei der Gefährdungshaftung derjenige, in dem die Gefahr sich verwirklicht.
II. Andere Schadenersatzansprüche.
Rn 21
Ansprüche auf Ersatz von Schäden an anderen als den in II genannten Rechtsgütern unterliegen ebenfalls der 30-jährigen Verjährung ab dem schadensstiftenden Ereignis, zusätzlich (s III 2) verjähren sie aber in jedem Fall 10 Jahre nach Entstehung unabhängig von Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis (III 1 Nr 1). Betroffen sind insb Ansprüche aus der Verletzung des Eigentums und des Vermögens. Bsp: Werden an einem Bauwerk betonzersetzende Chemikalien freigesetzt, sind Ansprüche gegen den Schädiger sowohl dann verjährt, wenn der Schaden sofort entsteht, der Schädiger aber erst nach mehr als 10 Jahren bekannt wird, wie auch wenn der Schaden erst nach mehr als 30 Jahren auftritt. Gegenbsp (nach BGH NJW 92, 1754 [BGH 12.03.1992 - VII ZR 5/91]): Unternehmer errichtete 1968 eine Scheune, deren Dach infolge grob fehlerhafter Verankerung 1988 einstürzte: Mangels Kenntnis (§ 199 I Nr 2) begann die Regelverjährung noch nicht 1968 zu laufen, die Entstehung des Anspruchs lag noch keine 10 Jahre zurück (III 1 Nr 1) und auch die Maximalfrist von 30 Jahren ab der Pflichtverletzung war nicht abgelaufen (III 1 Nr 2).
III. Erbrechtliche Ansprüche.
Rn 22
IIIa soll der kenntnisunabhängigen Verjährung nach 10 Jahren gem IV vorbeugen, wenn Ansprüche auf einem Erbfall beruhen (zB nach § 2174, § 2303 oder § 2042 sowie die § 197 I Nr 1 genannten erbrechtlichen Herausgabeansprüche, die originär und unmittelbar mit dem Erbfall verknüpft sind, einschließlich Hilfsansprüche) oder (aA Herzog/Lindner ZFE 10, 169: kumulativ) seine Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt. Es gilt dann eine objektive Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren ab der Entstehung des Anspruchs. Erfasst sind zB Fälle mit schwieriger Feststellung der Erben, weil ein Testament erst spät aufgefunden wird oder weil Gültigkeitszweifel bestehen (BGH NJW 15, 2729 [BGH 10.06.2015 - IV ZB 39/14] Rz 19).
IV. Sonstige Ansprüche (IV).
Rn 23
Alle sonstigen Ansprüche, die nicht Schadenersatzansprüche sind, verjähren unabhängig von der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis 10 Jahre nach ihrer Entstehung.