1. Grundprinzip Fälligkeit.
Rn 3
Ein Anspruch ist iSv § 199 I Nr 1 entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH NJW 11, 73 [BGH 14.07.2010 - IV ZR 208/09] Rz 15); also insb der Anspruch nach Inhalt, Gläubiger und Schuldner bestimmt ist (BGH NJW 14, 2342 [BGH 16.04.2014 - IV ZR 153/13] Rz 14) u nicht dauernde Unmöglichkeit entgegensteht (BGH NZI 10, 956 [BGH 16.09.2010 - IX ZR 121/09] Rz 22). § 206 zeigt, dass Verjährungsfristen grds erst zu laufen beginnen, wenn der Gläubiger verjährungshemmende Maßnahmen einleiten kann (BGH 16.7.15 – IX ZR 127/14 Rz 14). Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Leistung fällig ist, § 271 I (BGH GRUR 22, 1839 [BGH 27.10.2022 - I ZR 141/21] Rz 20 f; 10.7.14 – VII ZR 189/13 Rz 35; NJW 13, 2511 [BGH 16.04.2013 - II ZR 118/11] Rz 18; NJW-RR 15, 146 [BGH 07.11.2014 - V ZR 250/13] Rz 14). Das ist zT gesetzlich bestimmt (§ 271 Rn 4; zum Gebührenanspruch des Steuerberaters § 7 StBVV, für den des Rechtsanwalts § 8 I RVG). Völlig deckungsgleich sind die Begriffe der Fälligkeit und des Entstehens des Anspruchs allerdings nicht. Denn schon die Möglichkeit, vor Fälligkeit eine verjährungsunterbrechende Feststellungsklage zu erheben (dazu BGH 10.7.14 – IX ZR 197/12 Rz 8), kann eine Verjährungsfrist beginnen lassen (BGH 8.11.16 – VI ZR 200/15 Rz 12; NJW 82, 1288 [BGH 20.01.1982 - IVa ZR 283/80]; zum Eintritt des Schadens s.a. Rn 10), während diese Möglichkeit umgekehrt den Anspruch nicht immer entstehen lässt (BGH NJW 87, 1887, 1888 [BGH 23.03.1987 - II ZR 190/86]: wenn noch offen ist, ob ein pflichtwidriges Verhalten zu einem Schaden führte). Die Möglichkeit einer Klage auf eine künftige Leistung oder auf Feststellung einer künftigen Leistungspflicht löst hingegen den Verjährungsbeginn nicht aus (Karls 7.10.14 – 19 U 18/13 Rz 59). Bei nachträglicher Genehmigung einer dritten Stelle oder Person beginnt die Verjährung des so entstehenden Anspruchs trotz der Rückwirkung nach § 184 I frühestens mit der Genehmigung zu laufen (RGZ 65, 245, 248; MüKo/Grothe Rz 5). Gleiches gilt für eine Rückdatierung, es sei denn, damit wäre die Vereinbarung einer verkürzten Verjährungsfrist nach § 202 II verbunden. Ansprüche, die von einem Anfangstermin abhängen, und aufschiebend bedingte Ansprüche verjähren frühestens mit dem Eintritt des Termins bzw der Bedingung (BGH 4.5.17 – I ZR 114/16 Rz 27; NJW 87, 2743, 2745 [BGH 22.01.1987 - VII ZR 88/85]; 13, 3779 [BGH 12.07.2013 - V ZR 122/12] Rz 19; 20.11.14 – IX ZR 275/13 Rz 2).
Rn 4
Soweit die Fälligkeit von einer vorangegangenen Kündigung (zu § 488 III 1 BGH NJW 15, 1881 Rz 10) bzw einer Anfechtungserklärung oder einem Widerspruch (zu § 5a VVG aF BGH 28.9.16 – IV ZR 210/14 Rz 19; 8.4.15 – IV ZR 103/15 Rz 20; Karls 6.12.16 – 12 U 134/16) abhängt, gelten diese Ansprüche erst als entstanden, wenn die entspr Handlung wirksam geworden ist (BGH NJW 02, 2707, 2708 [BGH 04.06.2002 - XI ZR 361/01]; Karlsr 26.6.08 – 19 U 179/06; s.a. BGH 20.11.14 – IX ZR 275/13 Rz 2 u MDR 19, 1521 [BGH 12.09.2019 - IX ZR 262/18] Rz 21 u NZI 23, 872 [BGH 27.07.2023 - IX ZR 138/21] Rz 15: je zum Anfechtungsanspruch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens); zB der Rückzahlungsanspruch aus § 488 I 2, III (vgl BTDrs 14/6857 S 7, 43: auch, wenn letzte Kontobewegung 30 Jahre zurückliegt; s auch BGH NJW 15, 1881 [BGH 08.04.2015 - IV ZR 161/14] Rz 10), wobei beim verbundenen Vertrag gem § 359 die Verjährung der Kaufpreisschuld entgegengehalten werden kann (Frankf 19.9.13 – 15 U 11/12 Rz 38). Entspr gilt für die die Fälligkeit einer Verragsstrafe nach Hamburger Brauch begründende Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts (BGH GRUR 22, 1839 [BGH 27.10.2022 - I ZR 141/21] Rz 27) und die die Fälligkeit des Werklohnanspruchs begründende Abnahme (§ 641; BGH NJW 19, 2322 [BGH 21.02.2019 - I ZR 98/17] Rz 76). Auch ist der Anspruch noch nicht ›entstanden‹, wenn die dazu erforderliche Willenserklärung durch Urteil (bspw der Festsetzung einer Erbbauzinserhöhung analog § 315 III 2) ersetzt werden muss; die Möglichkeit der Gestaltungsklage nach § 315 III reicht für den Verjährungsbeginn nicht (BGH NJW 96, 1054, 1056 [BGH 24.11.1995 - V ZR 174/94]). Soweit im Ausnahmefall die Fälligkeit nach Gesetz, Vertrag oder den Umständen (zB BGH NJW 91, 836, 837 [BGH 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90]: zum Nachforderungsanspruchs des Vermieters; s.a. heute § 556 III) die Erteilung einer Rechnung voraussetzt (bspw bei Honoraransprüchen nach § 16 I Nr 3, III Nr 1 VOB/B, § 12 I GOÄ oder nach § 15 I HOAI; nicht aber § 10 RVG: BGH NJW 19, 1458 Rz 19), beginnt die Verjährung grds nicht vor Erstellung einer insgesamt prüffähigen (s.a. BGHZ 157, 118 Rz 21: Auftragnehmer muss nach Treu und Glauben Einwände gegen Prüffähigkeit der Rechnung alsbald vorbringen; zur Verwirkung s § 194 Rn 10) Rechnung (vgl zur Honorarforderung eines Arztes BGH NJW-RR 07, 494 [BGH 21.12.2006 - III ZR 117/06] Rz 12: zu § 10 GÖA; Karlsr 5.9.02 – 12 U 83/01 Rz 12: zu § 10 GOZ; zur Honorarforderung eines Architekten Ddorf 11.10.11 – I-21 U ...