Prof. Dr. Maximilian Zimmer
I. Notgeschäftsführung.
Rn 12
Jeder Miterbe ist berechtigt und verpflichtet, notwendige Erhaltungsmaßnahmen ohne Mitwirkung der anderen, aber unter Einsatz seines eigenen Vermögens zu treffen (BGH JZ 53, 706). Eine Maßnahme ist notwendig, wenn sie der ordnungsgemäßen Verwaltung des gesamten Nachlasses dient und bei Nichtvornahme dem Nachlass oder einzelnen Gegenständen ein Schaden entsteht (Staud/Löhnig § 2038 Rz 27) oder ernstlich droht. In Betracht kommt auch eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand (Löhnig ErbR 07, 50) oder die Erhebung einer Klage, wenn nur durch sie ein dem Nachlass gehörendes Recht erhalten werden kann (BGHZ 94, 117). Hinzukommen muss, dass die Einwilligung der Miterben nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden kann.
Rn 13
Art und Umfang der Maßnahme ist zur Zeit der Handlung vom Standpunkt eines vernünftigen, wirtschaftlich Denkenden zu beurteilen und zu entscheiden (BGHZ 6, 76); umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an einem Haus (BGH NJW 52, 1252), die Klage auf Rechnungslegung (Hamm BB 76, 671) und der Wiederaufbau eines zerstörten Hauses (BGH BB 54, 913) sind nicht vom Notgeschäftsführungsrecht umfasst.
Rn 14
Das Alleinverwaltungsrecht gilt nicht nur im Innenverhältnis zwischen den Miterben, sondern bedeutet auch eine gesetzliche Vertretungsmacht ggü Dritten (BGH NJW 58, 2061). Insoweit kann er im Namen des Nachlasses handeln und die Gesamthänder hinsichtlich des Gesamthandsvermögens verpflichten. Zur Vermeidung einer Haftung mit dem Eigenvermögen muss der handelnde Miterbe entweder im Namen der Erbengemeinschaft agieren oder die Haftung auf den Nachlass beschränken (MüKo/Gergen § 2038 Rz 61). Handelt der Notgeschäftsführer nicht im Namen der Erbengemeinschaft, wird er persönlich berechtigt und verpflichtet, hat aber im Innenverhältnis einen Freistellungs- bzw Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gemeinschaft, der sich, da er als gesetzlich ermächtigt gilt, aus dem Auftragsrecht, §§ 669, 670 (Ebenroth Rz 757) oder gem §§ 2038 II 1, 748 (BGH NJW 03, 3268 [BGH 25.06.2003 - IV ZR 285/02]) ergibt. Hat er dagegen sein Notverwaltungsrecht überschritten, kommt ein Aufwendungsersatzanspruch nach GoA in Betracht (BGH MDR 20, 1450). War sein eigenmächtiges Vorgehen unberechtigt, hat er der Erbengemeinschaft den Nachteil zu ersetzen, der ihr bei pflichtgemäßem Handeln erspart geblieben wäre (Wernecke AcP 193, 240).
II. Mehrheitsverwaltung.
Rn 15
Hierunter fallen die Maßnahmen der laufenden Verwaltung in Bezug auf den Nachlass als Gesamtvermögen, dh alle Maßnahmen, die der Beschaffenheit des Gegenstandes und dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen (Grüneberg/Weidlich § 2038 Rz 6), nicht aber wesentliche Veränderungen (BGH ZEV 06, 24 [BGH 28.09.2005 - IV ZR 82/04]). Daher dürfen einzelne Gegenstände veräußert, verarbeitet oder umgestaltet werden, solange die Leistungsfähigkeit des Nachlasses erhalten bleibt (MüKo/Gergen § 2038 Rz 30). Maßstab ist, wie sich eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person in der gegebenen Lage verhalten würde (BGHZ 183, 131). Im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ist nur ein Mehrheitsbeschluss erforderlich, der dann auch die Rechtsnachfolger gem § 746 bindet (Rn 6).
1. Mitwirkungspflicht.
Rn 16
Die Miterben sind einander verpflichtet, bei den für eine ordnungsgemäße Verwaltung erforderlichen Maßnahmen mitzuwirken, I 2 Hs 1 (MüKo/Gergen § 2038 Rz 41). Hierzu gehören grds auch Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände (BGH ZEV 06, 24 [BGH 28.09.2005 - IV ZR 82/04]), auch wenn die Verfügung durch die Mehrheit ausreichend ist (Rn 6). Die Zustimmung kann im Klagewege erzwungen werden (BGHZ 6, 76); der Klageantrag ist auf Einwilligung zu einer bestimmten Verwaltungs- und Anordnungsregelung zu richten (MüKo/Schmidt § 744, 745 Rz 32 mwN). Das Gericht prüft, ob die bisherige Regelung billigem Ermessen widerspricht und die Neuregelung diesen Anforderungen genügt (MüKo/Schmidt §§ 744, 745 Rz 32).
Rn 17
Ferner besteht eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Errichtung eines Nachlassverzeichnisses gem § 1993, da die Verwaltung des Sondervermögens erst mit der gesicherten Bestandsermittlung beginnt (Karlsr MDR 72, 424; aA RGZ 81, 30).
Rn 18
Verletzt ein Miterbe seine aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen den Miterben resultierende Mitwirkungspflicht oder seine Pflicht, gegen schädigendes Verhalten anderer Mitglieder der Erbengemeinschaft einzuschreiten (MüKo/Gergen § 2038 Rz 45), macht er sich nach den allg Regeln der §§ 280 I iVm 276, 278 schadensersatzpflichtig (BGH ZEV 06, 24 [BGH 28.09.2005 - IV ZR 82/04]); für einen Erfüllungsgehilfen haftet er nach § 278 (Keßler DRiZ 66, 395). Da die Mitwirkungspflicht nur unter den Miterben besteht, kann ein Dritter weder die Mitwirkung von Miterben verlangen noch denjenigen, der nicht mitwirkt, wegen Pflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen (BGH NJW 58, 2061).
2. Abstimmung.
Rn 19
Stimmberechtigt ist neben den Miterben, die auch dann mitstimmen dürfen, wenn sie unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichungspflicht nichts mehr erhalten, auch der Erbteilserwerber, wobei die Stimmenmeh...