Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 16
Der einzelne Miterbe kann den Schuldner eines fälligen Anspruchs mahnen und ihn dadurch, mit Wirkung für alle, in Verzug setzen (hM MüKo/Gergen § 2039 Rz 18 mwN), den Anspruch durch Leistungs- oder Feststellungsklage gerichtlich geltend machen (Frankf FamRZ 08, 1978: Antrag eines Miterben auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs) und zur Sicherung einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung erwirken (Lange/Kuchinke § 43 III 4c). Schließlich kann jeder Miterbe nur aus dem Urt, das auf die Gesamthandsklage aller Miterben hin ergangen ist, die Zwangsvollstreckung betreiben (KG NJW 57, 1154 [KG Berlin 10.01.1957 - 1 W 2673/56]). In diesem Zusammenhang ist er prozessführungsbefugt für eine Vollstreckungsgegenklage gem § 767 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung in ein Nachlassgrundstück, wenn damit ein zum Nachlass gehörender Anspruch durchgesetzt werden soll (BGH FamRZ 06, 941). Der Miterbe, der allein oder zusammen mit weiteren Miterben Titelgläubiger (hier: in einem Zuschlagsbeschluss) eines zum Nachlass gehörenden Anspruchs ist, kann die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangen. Der Miterbe kann eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels verlangen, die nur ihn als Vollstreckungsgläubiger ausweist (BGH MDR 21, 121 [BGH 04.11.2020 - VII ZB 69/18]).
Rn 17
Der Miterbe klagt stets im eigenen Namen und auf Leistung an alle Miterben (NK-BGB/Ann § 2039 Rz 13). Beantragt er hierfür Prozesskostenhilfe, so dürfen bei der Prüfung seiner persönlichen Verhältnisse die Vermögensverhältnisse der anderen Miterben grds nicht berücksichtigt werden (Saarbr ErbR 09, 293; ebenso Zweibr ErbR 09, 381). Schieben vermögende Miterben einen vermögenslosen Miterben zur gerichtlichen Geltendmachung eines Leistungsanspruchs an die Erbengemeinschaft vor, stellt dies einen sittenwidrigen Umgehungsversuch dar, der die Versagung der Prozesskostenhilfe rechtfertigt und zu einer Berücksichtigung des Vermögens der gesamten Erbengemeinschaft führt (Kobl ZEV 11, 326 [OLG Koblenz 12.08.2010 - 2 W 383/10]). Die Erbengemeinschaft als solche ist nicht parteifähig (BGH NJW 06, 3715 [BGH 17.10.2006 - VIII ZB 94/05]), dh auch in dem von allen Miterben als Gemeinschaft geführten Prozess sind deshalb die einzelnen Miterben selbst Partei mit der Folge, dass sie einzeln den materiell-rechtlichen und prozessualen Einwendungen ausgesetzt sind oder diese geltend machen können (BGH NJW 89, 2133). Klagen also alle Erben, sind sie notwendige Streitgenossen, deren Gesamthandsklage nur einheitlich entschieden werden kann (hM NJW 57, 906 [BGH 30.01.1957 - V ZR 186/55]). Das Urt schafft Rechtskraft für und gegen die anderen Miterben (RGZ 93, 127). IÜ entfaltet das Urt Rechtskraft nur zwischen dem klagenden Miterben und dem Prozessgegner, nicht aber ggü den anderen Erben (BGH NJW 89, 2133 [BGH 21.12.1988 - VIII ZR 277/87]). Allerdings entfaltet das Anerkenntnis des einzigen nicht säumigen Streitgenossen ggü den übrigen beklagten Miterben volle prozessuale Wirkung, wenn alle übrigen notwendigen Streitgenossen säumig sind (Karlsr ZEV 11, 324 [OLG Düsseldorf 05.11.2010 - I-7 U 190/09]).
Rn 18
Die Klage des einen Miterben hemmt nach § 204 I Nr 1 die Verjährung auch für die übrigen Miterben (MüKo/Gergen § 2039 Rz 20 mwN, str, vgl Rn 12). Ist der Rechtsstreit durch den Tod des Klägers unterbrochen worden, kann die Aufnahme auch durch einen Miterben erfolgen, der gem § 2039 zur Geltendmachung des Klageanspruchs berechtigt ist (BGH ErbR 11, 24).
Rn 19
Klagt der Miterbe gegen den erklärten Willen der anderen Miterben eine Nachlassforderung ein, liegt darin nicht etwa ein Missbrauch der Prozessführungsbefugnis (so aber Frankf NJW 12, 2525), denn die Prozessführungsbefugnis ist in jeder Hinsicht vom Willen der Miterben unabhängig (Schütte NJW 12, 2596).
Rn 20
§ 2039 gilt nicht nur für Leistungsklagen, sondern auch für Feststellungsklagen, wenn sie sich auf einen Anspruch der Erbengemeinschaft beziehen. Darüber hinaus findet sie Anwendung auf Beschwerden, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei schon bestehenden Ansprüchen, auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die die Einziehung von Nachlassforderungen betreffen sowie auf Sicherungsmaßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz und den Antrag auf Insolvenzeröffnung. Bei Widersprüchen und Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte gilt die Vorschrift aber nur eingeschränkt (vgl Rn 6).