Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 5
Zuwendungen sind freiwillige Vermögensopfer des Erblassers, die er zu seinen Lebzeiten aus seinem Vermögen in das Vermögen des Abkömmlings überträgt (vgl § 1811 I). Dadurch mindert sich nicht nur der künftige Nachlass, sondern auch das den Miterben zur Verfügung stehende Auseinandersetzungsguthaben.
Rn 6
Ist die Zuwendung teilentgeltlich erfolgt, hat sie der Abkömmling dann auszugleichen, wenn der Wert der Zuwendung den Wert des Entgelts übersteigt (RGZ 73, 372). Die Zuwendung erfordert kein Rechtsgeschäft, sondern kann durch jedes Vermögensopfer begründet werden. Eine Zuwendung kann daher auch in der Nutzungsüberlassung (MüKo/Fest § 2050 Rz 8) oder einer Bürgschaftsübernahme (Karlsr ZEV 11, 531) liegen.
Rn 7
Keine Zuwendungen sind Leistungen, die einer gesetzlichen Pflicht genügen, da es an der Freiwilligkeit des Vermögensopfers fehlt; dies gilt vorrangig für die Erfüllung der Unterhaltspflicht (MüKo/Fest § 2050 Rz 30). Auch solche Zuwendungen, die zurück zu gewähren sind, begründen mangels endgültigen Vermögensopfers, keine Ausgleichungspflicht (Soergel/Wolf § 2050 Rz 10).
I. Ausstattung.
Rn 8
§ 2050 I knüpft an die in § 1624 I geregelte Ausstattung (§ 1624 Rn 2) an und erweitert seinen Anwendungsbereich insoweit, als er auch Zuwendungen an weiter entferntere Abkömmlinge, dh Enkel und Urenkel, erfasst (Karlsr ZEV 11, 531).
Rn 9
Zum Ausstattungsbegriff des § 1624 I gehören auch Aufwendungen für die Berufsausbildung. Sie werden aber über § 2050 II ausgeglichen.
Rn 10
Die Gewährung einer Ausstattung ändert im Hinblick auf die Ausgleichungspflicht an dem vermuteten Willen des Erblassers, alle Abkömmlinge vermögensmäßig gleichzustellen, nichts. Erhält der Pflichtteilsberechtigte eine Zuwendung iS des § 2050, so ist diese über die Verweisung des § 2316 III zu § 2050 I auf dessen Pflichtteilsanspruch anzurechnen (Karlsr ZEV 11, 531; § 2316 Rn 3).
Rn 11
Abzugrenzen ist die Ausstattung von der Schenkung. Anders als Schenkungen sind Ausstattungen im Erbfall unter Abkömmlingen auszugleichen, sofern sie gesetzliche Erben werden oder auf gleich hohe Erbteile letztwillig berufen sind, § 2050 I. Wer verlangt, dass eine einem anderen Abkömmling gewährte Ausstattung auszugleichen ist, hat zu beweisen, dass es sich um eine Ausstattung und nicht um eine gewöhnliche Schenkung gehandelt hat.
II. Zuschüsse zu Einkunftszwecken (Abs 2).
Rn 12
Ausgleichspflichtig sind Zuschüsse, die der Erblasser zum Zwecke gewährt, sie als Einkünfte zu verwenden. Sie sind Beiträge des Erblassers zum Einkommen des Abkömmlings, die der Deckung des laufenden Bedarfs dienen, wobei es sich um wiederkehrende Leistungen handeln muss, die regelmäßig und über eine gewisse Dauer gewährt werden; damit scheiden Einmalzahlungen aus (RGRK/Kregel § 2050 Rz 9). Allerdings kann es keinen Unterschied machen, ob der Unterhaltszuschuss in einem Betrag oder in Raten gezahlt wird, sofern es sich um eine Summe handelt, die den Unterhalt für einen nicht ganz unerheblichen Zeitraum sichert. Ausgleichspflichtig ist aber nur das Übermaß an Zuschüssen. Aus § 1610 I ist zu folgern, dass alle Leistungen, die der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflichten nach §§ 1601 ff entsprechen, nicht übermäßig und damit nicht auszugleichen sind. Zuschüsse können auch dann vorliegen, wenn etwa Mietzahlungen Dritter auf Veranlassung des Erblassers direkt an den Abkömmling gezahlt werden (Ddorf FamRZ 18, 1788).
III. Aufwendungen zur Berufsausbildung (Abs 2).
Rn 13
Vom Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht der Besuch allgemeinbildender Schulen erfasst, sondern nur solcher Einrichtungen, die einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln, wie Universitäten, Fachhochschulen und berufliche Bildungseinrichtungen (HP/Lohmann § 2050 Rz 10) und damit um Studien-, Promotions- und Fachschulkosten abzudecken (Grüneberg/Weidlich § 2050 Rz 10).
Rn 14
Erfasst werden nur solche Aufwendungen, die nicht in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gemacht werden, sondern darüber hinausgehen. Insoweit ist eine Abgrenzung zu § 1610 II vorzunehmen.
IV. Sonstige Zuwendungen (Abs 3).
Rn 15
§ 2050 III bezieht sich auf die Zuwendungen unter Lebenden, die zu dem oder zu einem anderen Zweck gemacht wurden oder in den I u II nicht genannt sind (NK-BGB/Eberl-Borges § 2050 Rz 14). In Betracht kommen insb Geschenke, die Begleichung einer Schuld oder einmalige Zuschüsse hierzu. Erfolgt eine Zuwendung ›im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich‹, ist für die Pflichtteilsberechnung im Auslegungswege zu ermitteln, ob der Erblasser damit eine Ausgleichung gem §§ 2316 I, 2050 III, eine Anrechnung gem § 2315 I oder kumulativ eine Ausgleichung und Anrechnung gem § 2116 IV anordnen wollte. Ausschlaggebend für den Willen des Erblassers ist, ob mit seiner Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung festgelegt (= Anrechnung) oder nur klargestellt werden sollte, dass der Empfänger lediglich zeitlich vorgezogen bedacht wird, es iÜ aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (BGH ErbR 10, 191).