Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 10
Gegenstand der Ausgleichung sind nur die als Sonderleistungen bezeichneten Leistungen eines Abkömmlings, die in besonderem Maße der Erhaltung oder Vermehrung des Erblasservermögens gedient haben (Oldbg FamRZ 99, 1466). Im Ergebnis müssen sie den gesamten aktiven Vermögensbestand positiv beeinflusst haben (Staud/Löhnig § 2057a Rz 8), wie durch Erfüllung von Verbindlichkeiten des Erblassers oder Aufwendungen zur Schonung des aktiven Erblasservermögens (Soergel/Lettmaier § 2057a Rz 8). Diese Leistungen müssen nicht unerheblich gewesen und in jedem Fall über die bloßen Unterhaltspflichten hinausgegangen sein (Grüneberg/Weidlich § 2057a Rz 4). Dabei ist die Vermehrung des Aktivvermögens der Erhaltung des wirtschaftlichen Werts gleichgestellt. Folgende Leistungen sind im G genannt:
I. Mitarbeit im Haushalt, Geschäft oder Beruf des Erblassers.
Rn 11
Die zu § 1619 entwickelten ›Grundsätze‹ (§ 1619 Rn 3) über Dienstleistungen des dem elterlichen Hausstand angehörenden Kindes im Hauswesen und Geschäft der Eltern (BGH NJW 72, 429 [BGH 07.12.1971 - VI ZR 153/70]) können nicht zwingend herangezogen werden.
Rn 12
Zum Haushalt des Erblassers gehören alle mit dem Hauswesen zusammenhängenden Angelegenheiten, die sich auf die gemeinsame Lebensführung oder Wohnung beziehen, wie Sauberhalten der Wohnung, Waschen, Kochen, aber auch die Vornahme von Reparaturen oder der Abschluss von Rechtsgeschäften beim täglichen Einkauf (Soergel/Lange § 1356 Rz 7). Geschäft ist jeder Geschäftsbetrieb, dh nicht nur landwirtschaftliche oder kleingewerbliche Betriebe, sondern auch eine Gesellschaft, an der der Erblasser beteiligt ist und eine sonstige Mitinhaberschaft an einem Unternehmen (MüKo/Fest § 2057a Rz 17). Beruf des Erblassers ist jede selbstständige oder unselbstständige berufliche Tätigkeit (Weimar MDR 73, 23), wobei eine Mitarbeit genügt, die in einem weiteren Zusammenhang mit der Berufungsausübung steht, wie zB Fahrten zur Arbeitsstätte (Staud/Löhnig § 2057a Rz 11).
Rn 13
Die Mitarbeit setzt nicht die Arbeit im Beruf selbst voraus; sie muss aber dazu beitragen, den Anteil zu sichern oder seinen Wert zu vergrößern und sich über eine längere Zeit erstrecken, dh von mehrjähriger Dauer sein, wobei eine Mindestzeitdauer ebenso wenig erforderlich ist wie ein zusammenhängender Zeitraum. Allerdings wird nur die gelegentliche Aushilfe nicht erfasst. Bei wertvollen Diensten höherer Art genügt ein kürzerer Zeitraum als bei einfachen Diensten. Sie muss unentgeltlich gewesen sein, II 1; bei teilweiser Unentgeltlichkeit hat der Abkömmling einen Ausgleichungsanspruch nur für den unentgeltlichen Teil der erbrachten Leistung.
II. Geldleistungen.
Rn 14
Die Geldleistungen sind einer Mitarbeit in Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers gleichgestellt, wobei sie nach einem objektiven, allgemein gültigen Maßstab festzulegen sind. Die Erheblichkeit der Geldleistung bestimmt sich nach den Vermögensverhältnissen des Erblassers (MüKo/Fest § 2057a Rz 22; aA Grüneberg/Weidlich § 2057a Rz 8 – objektiver allg gültiger Maßstab), weil diese ähnlich wie Unterhaltsleistungen zu betrachten sind. Sie muss ein gewisses Ausmaß erreichen, die den Vermögensstand des Erblassers beeinflussen konnte (HP/Lohmann § 2057a Rz 6). Die sonstigen Leistungen wie zB die Bezahlung von Schulden, erhebliche Investitionen in den Betrieb, unentgeltliche Überlassung von Sachen, Übernahme von Bürgschaften (Damrau FamRZ 69, 579) oder die Verrichtung von Tätigkeiten anstelle des Erblassers (Staud/Löhnig § 2057a Rz 16) sowie freiwillige Unterhaltsleistungen, durch die das Vermögen des Erblassers geschont wird (Staud/Löhnig § 2057a Rz 15), stehen den Geldleistungen gleich (Soergel/Lettmaier § 2057a Rz 9).
III. Leistungen anderer Art, insb Pflegeleistungen.
Rn 15
Nach I 2 hat der Abkömmling einen Ausgleichsanspruch, wenn er, nicht aber andere Personen, den pflegebedürftigen Erblasser über einen längeren Zeitraum gepflegt hat. Unter Pflegeleistungen sind zunächst solche Leistungen zu verstehen, die iRd Begriffs der Pflegebedürftigkeit in § 14 SGB XI aufgeführt werden, also etwa Hilfe im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung (Frankf ZEV 20, 179). Die Begründung einer Pflegevereinbarung, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 2057a, einen Vorwegabzug der Pflegeleistungen aus der Erbmasse als Nachlassverbindlichkeit zulässt, kann nicht aus dem bloßen Umstand der Erbringung von Pflegeleistungen gefolgert werden, wenn derjenige, der diese Leistungen erbringt, aufgrund letztwilliger Verfügung des Erblassers mehr erhält als den Wert der erbrachten Leistungen (LG Heidelberg ErbR 10, 267). Es ist nicht erforderlich, dass der Abkömmling dafür auf ein berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Pflegeleistung muss aber eine gewisse Intensität erreicht haben, eine bloße Anwesenheit des Abkömmlings, um im Bedarfsfall Hilfe zu leisten, genügt jedoch nicht (aA Schlesw ZEV 17, 400 [OLG Schleswig 22.11.2016 - 3 U 25/16] und Schneider ZEV 18, 380), denn ansonsten müsste auch jede Art der ›Rufbereitschaft‹ ausreichend sein, obwohl von ›Pflege‹ in beiden Fällen nicht die Rede sein ka...