Prof. Dr. Martin Schöpflin
Rn 3
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt vor, wenn der Verein planmäßig, auf Dauer angelegt und nach außen (also an einem äußeren Markt nicht nur ggü den Vereinsmitgliedern) eigenunternehmerische Tätigkeiten entfaltet, die auf Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder abzielen (so BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] Rz 19 zu dieser Entscheidung s nur Schöpflin ZStV 18, 6; Leuschner NJW 17, 1919). In diesem Fall liegt ein unternehmerischer Verein (Rn 4) vor; fehlt es an der Tätigkeit nach außen, kommt ein Verein mit Binnenmarkttätigkeit (Rn 6) oder ein genossenschaftlicher Verein (Rn 8) in Betracht. Dabei hat die Anerkennung des Vereins als gemeinnützig im steuerlichen Sinne (§§ 51 ff AO) Indizwirkung dafür, dass er nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und als Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden kann (BGH NJW 17, 1943 Rz 23 ff). Nicht gemeinnützig ist die Verfolgung politischer Zwecke (BFH NJW 19, 877 [BFH 10.01.2019 - V R 60/17]-Attac) oder eine Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt (BFH ZStV 18, 55). Entscheidend für die wirtschaftliche Tätigkeit ist nicht nur die Satzung, sondern auch, in welcher Form der Verein tatsächlich tätig ist (BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] Rz 19). Ein Verein mit dem Zweck der Vermögensverwaltung und der satzungsgemäßen Möglichkeit, Überschüsse an die Mitglieder auszukehren, ist wirtschaftlich (BGH NZG 18, 1392 [BGH 11.09.2018 - II ZB 11/17]). Zum Nebenzweckprivileg und zur weiteren Abgrenzung s Rn 10. Die hM im Anschluss an K. Schmidt (Rpfleger 82, 286, 343) grenzte bislang typologisch ab (BeckOK/Schöpflin Rz 96 ff; Reichert/Pusch Kap 3 Rz 69, 78 ff; s.a. MüKo/Leuschner §§ 21, 22 Rz 17 ff; krit Schad NJW 98, 2411 [BVerwG 12.09.1996 - BVerwG 5 C 31/95], der auf §§ 1 ff HGB, 1 GenG abstellen will, s auch Beuthien Rpfleger 16, 65) und unterscheidet drei Typen des wirtschaftlichen Vereins. Diese Typologie bleibt mit ihren Fallbeispielen auch nach der zit BGH-Entscheidung als Ausgangspunkt von großem Nutzen.
1. Unternehmerischer Verein.
Rn 4
Bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Rn 3) ist der Verein unternehmerisch, wenn er als Anbieter (und nicht nur als Nachfrager) von Waren und/oder Dienstleistungen an einem äußeren Markt tätig wird. Gewinnerzielungsabsicht oder kaufmännische Tätigkeit werden dabei nicht vorausgesetzt (KG NZG 16, 1155; BeckOK/Schöpflin Rz 108) Der BGH rechnet dem Verein die wirtschaftliche Tätigkeit Dritter, insbes auch die der durch den Verein beherrschten Tochtergesellschaften, nicht zu (BGHZ 85, 84, 90 f – ADAC; zust BeckOK/Schöpflin Rz 110; MüKo/Leuschner §§ 21, 22 Rz 64 f.; abl. Segna ZIP 97, 1901; s.a. Beuthien ZGR 22, 325 und NJW 22, 3182). Das lässt sich damit rechtfertigen, dass die Gläubiger der vom Holdingverein gehaltenen Gesellschaft bereits nach den für diese geltenden Vorschriften geschützt werden. Der ADAC wird von der Rechtspraxis nicht als wirtschaftlicher Verein eingestuft (AG München npoR 17, 159).
Rn 5
Beispiele für einen unternehmerischen Verein sind (s Reichert/Pusch Kap 3 Rz 85; BeckOK/Schöpflin Rz 111.1): freie Sparkassen, Schauspielbühne (aA Stuttg DB 64, 1735 [AG Stuttgart 09.11.1964 - GR 21683-85/64]), Dritte-Welt-Läden, Verein zur Wohnungsvermietung (Frankf Rpfleger 06, 545 [OLG Frankfurt am Main 22.05.2006 - 20 W 542/06]) oder zur entgeltlichen Überlassung von Garagen (Brandbg 8.7.14 – 7 W 124/13), Gewinnspielvereine, die Lotterien veranstalten (AG Potsdam Rpfleger 94, 361 [OLG Köln 09.02.1994 - 2 Wx 48/93]), Vereine zur betrieblichen Altersversorgung, die Immobiliengeschäfte betreiben (Ddorf NJW-RR 98, 663 [KG Berlin 21.01.1997 - 21 U 3699/96]); Verein zur Bekanntmachung des Comedyfilms bei regelmäßigen entgeltlichen Filmvorführungen (KG DNotZ 11, 634 [KG Berlin 20.01.2011 - 25 W 35/10] – zw), zu entgeltlichem Schwimmbadbesuch (Karlsr MDR 12, 173 [OLG Karlsruhe 30.08.2011 - 14 Wx 51/11]), zum entgeltlichen Veranstalten von Konzerten und Veröffentlichung von Klaviermusik (KG DStR 12, 1195);Verein zum Betrieb einer Dorfgaststätte (Celle ZIP 21, 2485). Gruppenunterstützungskasse kann Idealverein sein (München MDR 13, 857; Köln FGPrax 09, 275; Schöpflin ZStV 17, 126 ff; aA KG ZStV 17, 131), ebenso ein Behindertensportverein, auch wenn er Fördergelder in Anspruch nimmt (Hamm NJW-RR 08, 350 [OLG Hamm 06.09.2007 - 15 W 129/07]); nicht: Saunaverein, auch wenn er Nichtmitglieder als zahlende Besucher dulden muss (Schleswig MDR 11, 57). Kein unternehmerischer Verein bei entgeltlicher Kinderbetreuung (BGH NJW 17, 1943 [BGH 16.05.2017 - II ZB 7/16] gegen KG Rpfleger 16, 423 [KG Berlin 16.02.2016 - 22 W 71/15], dazu Schöpflin ZStV 17, 126, 128 f und 18, 6 ff; ebenso Hamm NZG 17, 625 [OLG Hamm 07.04.2017 - 27 W 24/17]), bei Betreiben eines Dorfladens, wenn Ziel nachhaltige ortsnahe Versorgung mit Waren und keiner Ausschüttung von Überschüssen (Stuttg NZG 22, 1017 [OLG Stuttgart 11.01.2022 - 8 W 233/21]); Verein zur Förderung, Entwicklun...