I. Begriff und Rechtsnatur.
Rn 2
Ein Anerkenntnis ist jedes tatsächliche Verhalten, das unzweideutig darauf schließen lässt, dass dem Schuldner das Bestehen des Anspruchs – nicht nur zB einer Pflichtverletzung oder Schädigung (BGH 19.7.12 – IX ZR 157/09 Rz 3) – bewusst ist und dem Gläubiger die berechtigte Erwartung gibt, eine Berufung auf Verjährung werde nicht erfolgen (BGH NJW 14, 2574 [BGH 04.06.2014 - IV ZR 348/13] Rz 13; 12, 1293 Rz 10; 3633 Rz 29). Der Schuldner muss sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen (s.a. Rn 4). Das Anerkenntnis ist kein Rechtsgeschäft. Es bedarf keiner Willenserklärung. Es ist eine geschäftsähnliche Handlung, deren Rechtsfolgen unabhängig vom Willen des Schuldners und einer gerichtlichen Protokollierung eintreten (BGH NJW 14, 394 [BGH 21.11.2013 - VII ZR 48/12] Rz 21: zum Vergleichsangebot). Es sind aber bestimmte gesetzliche Regelungen zur Willenserklärung analog anwendbar (Vor §§ 116 ff Rn 7). So muss der Anerkennende geschäftsfähig sein, kann sich vertreten lassen (§§ 164 ff) und seine Erklärung ggf nach §§ 119, 123 anfechten (aA Grüneberg/Ellenberger Rz 2); insoweit gilt dann § 122 I (Staud/Peters/Jakobi Rz 9). Der Berufung auf ein arglistig erschlichenes Anerkenntnis steht § 242 entgegen. Die Auslegung etwaiger Erklärungen richtet sich nach §§ 133, 157 (BGH NJW 02, 2872, 2873 [BGH 20.06.2002 - IX ZR 444/00]); § 140 ist anwendbar. Das Anerkenntnis muss sich nicht auf einen konkreten Betrag beziehen; ein Anerkenntnis dem Grunde nach lässt die Frist für den gesamten Betrag neu beginnen (BGH aaO).
II. Beteiligte.
Rn 3
Das Anerkenntnis ist vom Schuldner oder dem, der auf Grund eines Rechtsgeschäfts oder kraft Gesetzes ermächtigt ist, für den Schuldner zu handeln, abzugeben (BGH NJW 12, 1293 [BGH 09.12.2011 - V ZR 131/11] Rz 10). Die Erklärung muss insb von der Ermächtigung umfasst sein. Eine Genehmigung (§ 185) wirkt nicht zurück; sie kann selbst Anerkenntnis sein (MüKo/Grothe Rz 10). Das Anerkenntnis eines Haftpflichtversicherers wirkt auch ggü dem Versicherten (BGH VersR 72, 373 [BGH 11.01.1972 - VI ZR 46/71]), und zwar auch dann, wenn die Deckungssumme überschritten ist (BGH NJW 07, 69 [BGH 11.10.2006 - IV ZR 329/05] Rz 20 ff), und iÜ ggü mitversicherten Personen, insb dem Fahrer (BGH NJW-RR 04, 1475, 1476). Das Anerkenntnis muss ggü dem Berechtigten erfolgen (BGH 14.11.13 – V ZB 204/12 Rz 13), wobei auch hier Stellvertretung möglich ist. In einer ggü Dritten abgegebenen Erklärungen des Schuldners liegt ein Anerkenntnis, wenn er sie mit dem Willen abgab, dass sie dem Gläubiger zugehe (BGH NJW 08, 2776, 2778 [BGH 17.06.2008 - VI ZR 197/07]).
III. Form des Anerkenntnisses.
Rn 4
Das G nennt als Formen möglicher Anerkenntnishandlungen Abschlagszahlung (BGH 27.1.15 – VI ZR 87/14 Rz 8), Zinszahlung und Sicherheitsleistung. Auch das konstitutive oder deklaratorische Schuldanerkenntnis (s § 781 Rn 3, 9) sind erfasst. Das Anerkenntnis kann unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls auch allein durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH NJW 12, 2180 [BGH 24.05.2012 - IX ZR 168/11] Rz 29). Einzelfälle: Á-Konto-Zahlungen sind regelmäßig Anerkenntnisse der Restschuld, Zahlungen auf einzelne Schadensfolgen die Anerkennung des Anspruchs aus dem gesamten Schaden (zu § 115 II VVG a. BGH NJW 17, 2271 [BGH 14.03.2017 - VI ZR 226/16] Rz 12) und zwar selbst dann, wenn sich der Schaden aus mehreren Schadensarten (zB Heilungskosten, Erwerbsschaden, Mehrbedarf) zusammensetzt, der Geschädigte aber nur einzelne dieser Schadensteile geltend macht und der Schädiger allein hierauf zahlt (BGH NJW 09, 455 [OLG Dresden 06.11.2008 - 2 Ws 103/08] Rz 22). Ferner liegt ein Anerkenntnis vor bei Abschlagszahlungen auf einen nicht aufgeschlüsselten Gesamtsaldo (BGH NJW 07, 2843 [BGH 09.05.2007 - VIII ZR 347/06] Rz 13; einschr Kobl NJW-RR 08, 1503 [OLG Koblenz 16.01.2008 - 5 U 1029/07]), Zinsgutschriften im Sparbuch bzgl der Gesamtsumme und bei wiederkehrenden Leistungen die Zahlung der einzelnen Raten bzgl des Gesamtbetrags (BGH VersR 60, 949) oder bei vorbehaltlosen Teil- oder Zinszahlungen nach Verjährungsbeginn (BGH 21.6.18 – IX ZR 129/17 Rz 8). Ein Teilanerkenntnis unterbricht die Verjährung nur für den anerkannten Teil (BGH VersR 60, 831, 832), es sei denn, der Anerkennende ginge fälschlich davon aus, es handele sich um die Gesamtforderung. Ein Anerkenntnis durch schlüssiges Verhalten kann liegen in der Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen eine unbestrittene Forderung (BGH NJW 12, 3633 [BGH 15.08.2012 - XII ZR 86/11] Rz 30) oder der Durchführung der verlangten nicht unwesentlichen Mängelbeseitigungsarbeiten (vgl BGH NJW-RR 13, 1169 [BGH 20.06.2013 - VII ZR 71/11] Rz 20), wenn sie aus der objektiven Sicht des Gläubigers nicht nur aus Kulanz (dazu Naumbg NJW-RR 11, 1101, 1103 [OLG Naumburg 21.03.2011 - 10 U 31/10]; München NJW 11, 1369 [OLG München 01.03.2011 - 9 U 3782/10]) oder zur gütlichen Beilegung eines Streits erfolgen (BGH NJW 14, 3368 [BGH 09.07.2014 - VII ZR 161/13] Rz 15), sondern der Schuldner in dem Bewusstsein handelt, zur N...