Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten.
Rn 1
Die Vorschrift schützt den Nachlass als Sondervermögen in Konsequenz des Prinzips, das schon in § 2211 niedergelegt ist, vor den Eigengläubigern der Erben. Dadurch kann der Erblasser mit der Anordnung von Testamentsvollstreckung den Nachlass auf lange Dauer (vgl § 2210) und wirksamer als durch ein Auseinandersetzungsverbot nach § 2044 zusammenhalten. Bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung bleibt der Nachlass gegenüber den Gläubigern des Erben auch in der Insolvenz Sondervermögen, fällt aber in die Insolvenzmasse (BGH NJW 06, 2698 [BGH 11.05.2006 - IX ZR 42/05]). Möglich bleibt die Vollstreckung in das Erbrecht oder den Erbteil selbst (§ 859 II ZPO). Wer auf die Nachlassbeteiligung eines Erben zugreifen will, der unter Testamentsvollstreckung steht, hat aber nicht die Auskunfts- und Verwaltungsrechte nach §§ 2027, 2028, 2038, 2057 (BGH NJW-RR 05, 369 [BGH 08.12.2004 - IV ZR 223/03] für den Sozialhilfeträger). Infolge des § 2214 kann ein Erbe trotz des Nachlasses bei Dauervollstreckung im sozialrechtlichen Sinne mittellos sein (BSG ZEV 15, 484 [BSG 17.02.2015 - B 14 KG 1/14 R]; zu den Kosten eines Betreuers für den Erben auch BGH NJW 15, 1965 [BGH 15.04.2015 - XII ZB 534/14]). Betreibt ein Erbengläubiger die Zwangsvollstreckung in den Nachlass, ist diese unzulässig und dem Testamentsvollstrecker steht die Erinnerung nach § 766 ZPO zu (BGH NJW 09, 2458). Hatte der Erblasser zB eine Sache des Erben in Besitz, kann der Erbe ebenso wie die Gläubiger dingliche Ansprüche gegen den Erblasser unmittelbar in den Nachlass vollstrecken.
Rn 2
Besondere Probleme ergeben sich bei langer Dauer der Testamentsvollstreckung hinsichtlich der anfallenden Erträge. Soweit der Testamentsvollstrecker aufgrund einer Anordnung nach § 2216 II 1 oder auch einer ergänzenden Auslegung des Testaments Erträge an die Erben ausschüttet, sind sie dem Zugriff der Eigengläubiger ausgesetzt. Aber selbst bei Thesaurierung der Erträge können die Gläubiger insoweit nicht an der Zwangsvollstreckung gehindert werden, als die angesammelten Erträge wegen ihres Umfanges über den Nachlass ›hinausgewachsen‹ sind (BGH DNotZ 87, 116 [BGH 14.05.1986 - IVa ZR 155/84]). Dogmatisch ist dies als partielle Beendigung der Testamentsvollstreckung einzuordnen (Staud/Dutta Rz 13). Die Abgrenzung zwischen ›normalen‹ Erträgen und übermäßiger Thesaurierung ist nach betriebswirtschaftlichen Kriterien und Usancen vorzunehmen.