Prof. Dr. Gottfried Schiemann
Gesetzestext
(1) 1Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich; bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Nachlassgericht. 2Fällt einer von ihnen weg, so führen die übrigen das Amt allein. 3Der Erblasser kann abweichende Anordnungen treffen.
(2) Jeder Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Erhaltung eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstands notwendig sind.
Rn 1
Bei der Übertragung des Testamentsvollstreckeramtes an mehrere Personen nach §§ 2197–2000 sieht § 2224 I 1 als Regelfall Gesamtvertretung durch alle vor. Ausnahmsweise kann nach II jeder Testamentsvollstrecker allein die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen vornehmen (zB dringende Reparaturarbeiten, Klageerhebung zur Hemmung der Verjährung). IÜ kann der Erblasser durch Anordnung nach I 3 Abweichendes anordnen, zB Mehrheitsentscheide mit Vertretungsbefugnis der Mehrheit (HP/Lange Rz 11 mwN) oder Nebenvollstreckungen für bestimmte Wirkungskreise mit jeweils alleiniger Vertretungsbefugnis (NK/Kroiß Rz 17 mwN). Die Vollstrecker selbst können ihre Aufgaben nur mit Wirkung nach Innen aufteilen. Nach Außen und insb gem § 2219 II ggü den Erben haften sie als Gesamtschuldner.
Rn 2
Nach I 1 Hs 2 entscheidet das Nachlassgericht über Meinungsverschiedenheiten unter den Testamentsvollstreckern in Fragen der zweck- und ordnungsgemäßen sachlichen Amtsführung (BGHZ 20, 264, 266). Auch insoweit hat nach I 3 der Erblasser die Möglichkeit einer (uU konkludent, zB durch Bestimmung des Mehrheitsprinzips) abweichenden Anordnung, insb die Zuweisung der Entscheidung an ein Schiedsgericht (Staud/Dutta Rz 6). Vom Streit über die Zweckmäßigkeit zu unterscheiden sind streitige Rechtsfragen (zB Testamentsauslegung oder die Frage von Gesamt- oder Einzelzuständigkeit). Für ihre Entscheidung ist das Prozessgericht zuständig. Dies soll nach BGHZ 20, 264, 269 auch für solche rechtlichen Vorfragen gelten, von denen eine beantragte Entscheidung des Nachlassgerichts abhängt. Dies würde aber in vielen Fällen zu einem unnötigen Verfahrensaufwand bis hin zur Lahmlegung des Nachlassgerichts führen. Deshalb muss das Nachlassgericht (durch den ohnehin zuständigen Richter, § 16 I Nr 4 RpflG) über rechtliche Vorfragen inzident entscheiden können (HP/Lange Rz 6 mwN).
Rn 3
Voraussetzung des Verfahrens beim Nachlassgericht ist ein Antrag, zu dem alle Beteiligten bis hin zu Pflichtteilsberechtigten befugt sind (NK/Kroiß Rz 7 mwN und jetzt § 345 III 2, 3 FamFG). Nur über diesen Antrag ist zu entscheiden. Das Nachlassgericht kann nicht selbst eine Lösung entwickeln. Es kann aber auf Antrag rechtsgeschäftliche Erklärungen ersetzen, §§ 355 III, 40 III FamFG. Der Antragsteller kann nach §§ 59, 355 III FamFG Beschwerde einlegen.
Rn 4
Für den Fall des Ausscheidens oder der Nicht-Annahme eines Testamentsvollstreckers kann der Erblasser nach I 3 Nachfolgeregelungen gem §§ 2197 ff treffen. Fehlen sie, reduziert sich nach I 2 der Kreis der Vollstrecker. Dasselbe gilt, wenn der einzelne Vollstrecker an der Ausübung des Amtes im Einzelfall, zB nach § 181, gehindert ist (RGZ 98, 173, 174f).