Prof. Dr. Martin Avenarius
1. Allgemeines.
Rn 4
Die Testamentserrichtung besteht stets aus der vom Notar zu führenden Verhandlung, der Niederschrift, ihrer Verlesung, dem Genehmigen und Unterschreiben durch den Erblasser sowie dem Abschluss durch Unterschrift des Notars und sonst mitwirkender Personen. Der Notar hat Identität und Testierfähigkeit des Erblassers zu prüfen (§§ 10, 11, 28 BeurkG), dessen wahren Willen zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und die Erklärungen des Erblassers eindeutig wiederzugeben (§ 17 BeurkG). Wenn die Unterschrift des Testators nicht die handschriftlichen Aufzeichnungen des Notars abdeckt, sondern als Blankounterschrift geleistet und erst später mit der Reinschrift verbunden wird, ist das Testament formungültig (Hamm FamRZ 01, 383, dazu Grziwotz MDR 02, 558f). Formungültigkeit (§ 125) liegt auch vor, wenn die eingesetzte Person in der Niederschrift nicht wenigstens andeutungsweise genannt oder sonst zu bestimmen ist (BGHZ 80, 251). Ein Versagen des Notars hilft über den Formmangel nicht hinweg (BGH NJW 81, 1901).
Rn 5
Spezielle Regelungen für Verfügungen von Todes wegen enthalten §§ 27–35 BeurkG. Absolute Ausschließungsgründe bestehen nach §§ 6, 7 u 27 BeurkG. Danach ist eine Beurkundung ganz oder teilweise unwirksam, wenn an ihr der Notar, sein Ehegatte, Lebenspartner (§ 1 LPartG) oder bestimmte Angehörige beteiligt sind oder die Verfügung von Todes wegen ihnen einen rechtlichen Vorteil verschafft. Mitwirkungsverbote ergeben sich für den Notar aus den relativen Ausschließungsgründen in § 3 BeurkG. Bei Verstoß ist die Verfügung aber wirksam, sofern nicht gleichzeitig §§ 6 oder 7 BeurkG eingreifen. Die nachträgliche Bestimmung des Notars zum Testamentsvollstrecker durch eigenhändiges Testament ist aber möglich (BGH NJW 22, 1450 [BGH 23.02.2022 - IV ZB 24/21]). Verschließung sowie die besondere amtliche Verwahrung regeln § 34 BeurkG und §§ 344, 346 FamFG. Wegen der Kosten s § 102 GNotKG.
2. Niederschrift.
Rn 6
Die Niederschrift muss die Erklärung des Erblassers enthalten (§ 9 I 1 Nr 2 BeurkG). Sie muss in Gegenwart des Notars vorgelesen, genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden (§ 13 I BeurkG). Die Unterschrift muss nicht leserlich sein; es muss aber grds wenigstens mit dem Familiennamen unterzeichnet werden (BGH DNotZ 03, 269 [BGH 25.10.2002 - V ZR 279/01]); die Verwendung eines falschen Vornamens ist dann unschädlich (Köln FGPrax 10, 80). Bei Verwendung eines Vor- oder Künstlernamens muss unter Berücksichtigung der Verkehrssitte feststehen, dass der Erblasser durch den verwendeten Namen (etwa aufgrund öffentlicher Bekanntheit) zweifelsfrei identifiziert ist und die Unterschrift ernst meinte (KG FGPrax 96, 113). Die Formerleichterung des § 2247 III gilt hier nicht (Köln FGPrax 10, 81 [OLG Köln 07.12.2009 - 2 Wx 83-84/09]). Allerdings kann eine wegen Schwäche abgebrochene Unterschrift genügen, wenn sie erkennen lässt, dass der Erblasser die Verantwortung für die Erklärungen übernimmt (Köln NJW 20, 2120). Kann der Erblasser nicht schreiben, dann ist ein Schreibzeuge oder ein zweiter Notar zuzuziehen (§ 25 BeurkG). Der Zeuge muss im Bewusstsein seiner Mitwirkung und Verantwortung an dem Beurkundungsvorgang teilnehmen (BayObLGZ 84, 141), beim Verlesen und bei der Genehmigung anwesend sein und die Niederschrift unterschreiben.
Rn 7
Nach § 13 III BeurkG ist die Unterschrift des Notars auf der Niederschrift erforderlich; hilfsweise genügt die Unterschrift auf dem verschlossenen Umschlag (§ 35 BeurkG), in den die Niederschrift zu nehmen ist (§ 34 BeurkG). Bei Übergabe einer Schrift durch den Erblasser soll diese der Niederschrift beigefügt werden; verlesen zu werden braucht die Schrift nicht (§ 30 5 BeurkG). Die Niederschrift muss die Feststellung enthalten, dass die Schrift übergeben worden ist (§ 30 1 BeurkG); andernfalls ist die Beurkundung unwirksam. Es soll auch vermerkt werden, ob die Schrift offen oder verschlossen übergeben worden ist (§ 30 3 BeurkG).
Rn 8
Der Erblasser genehmigt die Niederschrift (§ 13 I BeurkG), indem er nach vollständiger Verlesung (bei Hörbehindertem nach Durchsicht) sein Einverständnis mit Worten erklärt. Hat der schreibunfähige Erblasser seinen letzten Willen mündlich erklärt, kann er die Genehmigung der Niederschrift auch durch Kopfnicken zum Ausdruck bringen. Die Genehmigung kann mit dem Vorgang der mündlichen Erklärung des letzten Willens sogar zusammenfallen, wenn ein vorher gefertigter Entwurf benutzt und dem Erblasser vorgelesen wird (RGZ 161, 380 f; BayObLG NJW-RR 00, 456 [BayObLG 21.10.1999 - 1 Z BR 184/98]).