Gesetzestext
(1) 1Auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung erteilt wird, dass der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung. 2Das Gleiche gilt für ein schenkweise unter dieser Bedingung erteiltes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der in den §§ 780, 781 bezeichneten Art.
(2) Vollzieht der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstands, so finden die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung.
A. Zweck.
Rn 1
Die Norm soll berechtigte lebzeitige Interessen des Erblassers an einer Schenkung auf den Todesfall (vgl BGH NJW 53, 182, 183 [BGH 12.11.1952 - IV ZB 93/52]) mit der Gefahr der Umgehung erbrechtlicher Vorschriften, insb Formerfordernissen und Ansprüchen von Nachlassgläubigern und Pflichtteilsberechtigten, in Einklang bringen (Staud/Marotzke § 1922 Rz 56). Denn die Schenkung vTw gleicht in ihrer wirtschaftlichen Wirkung letztwilligen Zuwendungen, indem jeweils das Zugewendete erst im Todesfall in das Vermögen des Beschenkten übergeht, also Rechtsverhältnisse für die Zeit nach dem Tod des Erblassers geordnet werden (Brox/Walker ErbR R 740). § 2301 unterwirft deshalb Schenkungen vTw den Vorschriften über Verfügungen vTw (I 1). Das Rechtsgeschäft unter Lebenden wird in eine erbrechtliche Verfügung vTw umgedeutet (Harder 95 ff). Anderes gilt, wenn der Schenker die Schenkung vollzogen hat. Dann liegt ein lebzeitiges Geschäft vor. Es gelten die Vorschriften über die Schenkungen unter Lebenden (II).
B. Schenkungsversprechen (Abs 1).
Rn 2
Vielfach wird für § 2301 I vorausgesetzt, dass die Schenkungserklärung wirksam angenommen worden ist (Hamm FamRZ 89, 669, 673; Grünewald/Weidlich Rz 5). Das Schenkungsversprechen ist dann Teil eines einseitig verpflichtenden Vertrags, durch den der Schenker einem anderen unentgeltlich eine Leistung verspricht. Fehlt es an der Annahme, könne das Angebot bei Einhaltung der Testamentsform ggf in ein Testament umgedeutet (§ 140) werden. Da § 2301 nicht nur auf die Normen zum Erbvertrag, sondern auch auf das Testamentsrecht verweist (Rn 8), ist als Schenkungsversprechen auch das nur einseitige, empfangsbedürftige Schenkungsangebot zu verstehen (NK/Müßig Rz 12; MüKo/Musielak Rz 5; Harder 106 f, 110f). S.a. Rn 8. Jedenfalls ist entweder die Testierfähigkeit (§ 2229) oder Geschäftsfähigkeit (§ 2275 I) des Schenkers erforderlich (BGH MDR 20, 106 [BGH 02.10.2019 - XII ZB 164/19] Rz 10).
Rn 3
§ 2301 gilt nicht für entgeltliche Verträge (BGH NJW 53, 182, 183 [BGH 12.11.1952 - IV ZB 93/52]). Unentgeltlich ist eine versprochene Zuwendung, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Gegenleistung gegenübersteht (BGH NJW 82, 436; DNotZ 93, 521, 522 [BGH 17.06.1992 - XII ZR 145/91]). IdR wird ein Zuwendungsversprechen an einen langjährigen Lebenspartner keine vereinbarte Gegenleistung für Dienste darstellen (Ddorf OLGZ 78, 323, 324). Die Zuwendung ist nicht unentgeltlich, wenn für Dienstleistungen bis zum Tod des Empfängers eine Geldsumme versprochen wird (RG JW 20, 139), wenn gemeinsam ein Oder-Konto eingerichtet wird, da die Ausgleichspflicht nach § 430 ggü den Erben besteht (BGH NJW 76, 807 [KG Berlin 03.11.1975 - 12 U 1269/75]), idR wenn gesellschaftliche Nachfolgeklauseln den Abfindungsanspruch der Erben wechselseitig ausschließen, da sie im Zusammenhang mit allen anderen Gegebenheiten des Gesellschaftsvertrags gesehen werden müssen (§ 2325 Rn 17 f; NK/Müßig Rz 7 Damrau/Riedel/Lenz § 2325 Rz 39 ff); zur Steuerbarkeit s § 3 I Nr 2 2, 3 ErbStG. Gemischte Schenkungen (§ 516 Rn 26) unterfallen § 2301, wenn die Unentgeltlichkeit und damit der Schenkungscharakter überwiegt (BGH NJW 72, 247, 248 [BGH 03.12.1971 - V ZR 134/69]; 81, 1956 [BGH 26.03.1981 - IVa ZR 154/80]; aA Olzen 96 ff: stets analoge Anwendung).
Rn 4
Die sofort vollzogene Schenkung (§ 516 Rn 1, ›Handschenkung‹) ist kein Schenkungsversprechen.
C. Schuldversprechen oder -anerkenntnis (Abs 1 S 2).
Rn 5
Schenkweise erteilte selbstständige Schuldversprechen oder -anerkenntnisse iSv §§ 780 f sind gleichgestellt.
D. Überlebensbedingung.
Rn 6
Die auf den Erbfall aufschiebend befristete (§§ 163, 158 I) Schenkung oder ihr Versprechen, nicht die Erfüllung, muss unter der wenigstens konkludent erklärten Bedingung stehen, dass der Beschenkte den Schenker überlebt; ein unbedingtes Schenkungsversprechen ist nicht erfasst, selbst wenn seine Erfüllung auf die Zeit des Todes des Schenkers oder später hinausgeschoben wird (BGH MDR 20, 106 [BGH 02.10.2019 - XII ZB 164/19] Rz 9). Auch eine Schenkung unter der auflösenden Bedingung, dass der Beschenkte vorverstirbt oder gleichzeitig verstirbt, ist möglich (DErbK/Große-Wilde Rz 8; Soergel/Wolf Rz 3; aA NK/Müßig Rz 18; MüKo/Musielak Rz 9). Sie kann auf bestimmte Fälle des Vorversterbens beschränkt werden (RGRK/Kregel Rz 5). Ausdrückliche Formulierung ist nicht nötig. Es genügt, wenn sich die Bedingung im Einzelfall nach dem individuellen, ggf durch Auslegung (§ 133) ermittelten Willen bei nicht zu engherziger Prüfung ergibt (BGH NJW 87, 840 [BGH 12.11.1986 - IVa ZR 77/85]). Gerade bei Zuwendungen an eine bestimmte Person au...