Rn 5
Mit dem Erbfall gehört der Anspruch zum pfändbaren oder in der Insolvenz (vgl §§ 35, 36 I InsO) beschlagsfähigen Vermögen des Berechtigten (BGH NJW 97, 2384; Brandbg FamRZ 99, 1436). Es bleibt aber in sein Belieben gestellt, den aus dem familiären Umfeld entspringenden Anspruch geltend zu machen (BGH NJW 82, 2771, 2772; 93, 2876; 97, 2384; LG Hildesheim FamRZ 09, 1440, 1441). Doch ist von der Verwaltungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers idR ein Pflichtteilsanspruch umfasst (BGH NJW 15, 59 Rz 10). Der Pflichtteilsanspruch kann vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit als in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingter Anspruch gepfändet werden. Er ist dann mit einem Pfandrecht belegt – der Rang des Pfandrechts bestimmt sich nach diesem Zeitpunkt (BGH NJW 93, 2876, 2877 [BGH 08.07.1993 - IX ZR 116/92]) – darf aber erst verwertet werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 I ZPO vorliegen; die beschränkte Pfändbarkeit dient nicht der Sicherung des Existenzminimums des Schuldners, sondern soll mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem allein diesem überlassen bleiben (BGH NJW 15, 59 Rz 13; FamRZ 11, 212, 213). Der Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und dieser Beschl müssen keine Angaben dazu enthalten, ob vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit vorliegen. Der gepfändete Pflichtteilsanspruch darf dem Gläubiger aber erst zur Einziehung überwiesen werden, wenn die Voraussetzungen des § 852 I ZPO vorliegen. Der Gläubiger kann in entspr Anwendung von § 836 III ZPO insoweit Auskunft vom Schuldner verlangen. Schuldner und Drittschuldner können mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 852 I ZPO für die Überweisung zur Einziehung nicht vorliegen (BGH FamRZ 09, 869–871). Gläubiger des Berechtigten können die Geltendmachung nicht durch Gläubigeranfechtung (§§ 3, 7 AnfG) erzwingen (BGH NJW 97, 2384 [BGH 06.05.1997 - IX ZR 147/96]). Eine Obliegenheit zur Geltendmachung kann bestehen, wenn die Verwertung des Pflichtteilsanspruchs zur Befriedigung von Unterhaltsbedürfnissen (vgl § 1577) zumutbar ist (BGH NJW 82, 2771 [BGH 07.07.1982 - IVb ZR 738/80]; 93, 1920 [BGH 21.04.1993 - XII ZR 248/91]), also nicht, wenn das Prozessrisiko zu einem relativ geringen Anspruch außer Verhältnis steht (Hamm FamRZ 97, 1537). Besteht eine solche Obliegenheit, ist der Pflichtteilsberechtigte ggf fiktiv so zu behandeln, als sei der Anspruch geltend gemacht worden (BGH 28.11.12 – XII ZR 19/10). Zum Verzicht s Rn 25.
Rn 6
Der Erblasser kann die Geltendmachung durch (in der Praxis oft problematische) sog Verwirkungs- oder Pflichtteilsstrafklauseln sanktionieren. Gemeinschaftliche Testamente (zum Erbvertrag Stuttg 9.8.17 – 8 W 336/15) sehen häufig vor, dass die Stellung des Pflichtteilsberechtigten als Schlusserbe verwirkt sei, wenn er nach dem Tod des Erstversterbenen (nach hM selbst bei Einverständnis des längerlebenden Erblasser, so Frankf DNotZ 11, 522 m krit Anm Kanzleiter) seinen Pflichtteil verlangt (HdB-PflR/Mayer § 12 Rz 54 ff; zur Auslegung einer Strafklausel bzgl Stiefkindern iSe Vermächtnisses iH des fiktiven Pflichtteils nach dem überlebenden Ehegatten s Celle FamRZ 10, 1012); die bloße Aufforderung zur Nachbesserung des Nachlassverzeichnisses genügt dazu noch nicht (Frankf NJW-RR 22, 729 [OLG Frankfurt am Main 01.02.2022 - 21 W 182/21] Rz 19). Knüpft die Klausel die Sanktion daran, dass das Kind den Pflichtteil ›erhalten‹ hat, setzt sie einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus (Frankf ZEV 23, 450 [OLG Frankfurt am Main 21.02.2023 - 21 W 104/22]). Die Geltendmachung (dazu Ddorf NJW-RR 11, 1515 [OLG Düsseldorf 18.07.2011 - I-3 Wx 124/11]) des Pflichtteils ist ggü dem überlebenden Elternteil weder idR ein grober Undank iSv § 530 (Karlsr ZErb 10, 55) noch stets eine besondere Härte iSv § 12 III 1 Nr 6 SGB II (BSG FamRZ 10, 1729, 1731; s.a. BSG aaO 1660 [LS]). Auch hat die wirtschaftliche Sanktion nur begrenzte Wirkung. Der durch Verfügung vTw von der Erbfolge ausgeschlossene Abkömmling hat nach je nach dem Tod eines Elternteils einen Pflichtteilsanspruch. Haben die in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten je ein Vermögen von 1000 und zwei Kinder, geht, macht eines seinen Pflichtteil geltend, sein Anspruch nach dem ersten Erbfall auf 125 und nach dem zweiten Erbfall auf 468,75. Es erhält also (ohne Zinsen) 593,75 und steht idR steuerlich besser. Zur Verringerung des Nachlasswertes als Bemessungsgrundlage des Pflichtteilsanspruchs ist die Klausel verbreitet, dass der Abkömmling, der seinen Pflichtteil nach dem ersten Erbfall nicht fordert, Geldvermächtnisse auf Ableben des Erstversterbenden erhält, wie wenn dieser beim Tod des Längstlebenden verstorben wäre, wobei die Vermächtnisse nach dem zweiten Erbfall fällig werden (s aber § 6 IV Alt 2 ErbStG mit R 13 S 3 ErbStR 03) und nur zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Bedachten anfallen (sog modifizierte Jastrow'sche Klausel). Als Gestaltungsmittel (vgl Tölle NWB 13,...