Rn 27
Verlangt bei Zugewinngemeinschaft der überlebende Ehegatte neben dem Pflichtteil den güterrechtlichen Zugewinnausgleich (§ 1371 II, III), werden Schenkungen des Erblassers zwar bereits bei § 1375 II Nr 1 berücksichtigt, aber auch in voller Höhe bei Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs eingesetzt (MüKo/Lange Rz 11). Bei gemischten Schenkungen (Rn 10) und solchen unter Auflagen (Rn 11) ist nur der unentgeltliche Teil in Ansatz zu bringen. Der Wert einer abzuziehenden Verpflichtung zur Leibrentenzahlung als Gegenleistung oder Aufl berechnet sich, indem eine Kapitalisierung nach der abstrakten Lebenserwartung des Erblassers erfolgt und die Summe nach § 14 I 3 und 4 BewG (bis 1.1.09: Anl 9 zu § 14 BewG) abzuzinsen ist; zur Pflege s Rn 30. Widerrufsvorbehalte mindern den Wert des Übertragenen (Ddorf OLGR 99, 349; Kobl ZEV 02, 460, 461 [OLG Koblenz 17.10.2001 - 9 U 166/01]: 10 %).
Rn 28
Wertmindernd kann für den für Pflichtteilsergänzungsansprüche bedeutsamen Wert eines schenkweise übertragenen Grundstücks (Jaspert ZEV 20, 69) auch ein vom Erblasser vorbehaltenes Nutzungsrecht, zB Wohnrecht oder Nießbrauch (BGH 28.9.16 – IV ZR 513/15 Rz 9f), wirken (BGH NJW 92, 2887; 94, 1791; WM 90, 1637 f; Reiff ZEV 98, 241; zum Leibgedinge München 25.5.11 – 20 U 2853/08; zur zulässigen zeitlichen Befristung BGH NJW 09, 1346, 1347 [BGH 06.02.2009 - V ZR 130/08]). Insoweit ist eine mehrstufige Berechnung vorzunehmen. Denn Gegenstand der Schenkung ist nur die Differenz zwischen dem Wert der Sache an sich und dem kapitalisierten Jahreswert des Nutzungsrechts (BGH NJW-RR 96, 705, 706 [BGH 17.01.1996 - IV ZR 214/94]; NJW 94, 1791; ZEV 06, 265, 266). Um letzteren zu ermitteln ist der jährliche Reinertrag aus der Nutzung mit der statistischen Lebenserwartung (s Amtliche Sterbetafel) des Berechtigten zum Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs zu multiplizieren (BGH NJW-RR 90, 1158, 1159 [BGH 30.05.1990 - IV ZR 254/88]; ZEV 96, 186, 187). Diese Summe ist (mit ca 5,5 % pro Jahr; vgl § 14 I 3 BewG) abzuzinsen, da sie höher ist als der Wert des Rechts zum Zeitpunkt des Erbfalls (Gegenwartswert); auch kann auf der Kapitalwert nach § 14 I BewG iVm der vom BMF veröffentlichten Vervielfältigern (für Schenkungsverträge bis zum 1.1.09: nach Anl 9 zu § 14 BewG aF) berechnet werden (BGH NJW 17, 329 Rz 10; Kobl ZEV 02, 460, 461). Dieser Gegenwartswert ist vom Sachwert des verschenkten Gegenstandes (zB Grundstück) abzuziehen. Dazu ist durch Gegenüberstellung des (inflationsbereinigten; Kobl FamRZ 06, 1789, 1791) Werts bei Vollzug der Schenkung (ohne Berücksichtigung des Nutzungsrechts; BGH NJW 92, 2887; 94, 1791) und dem Wert beim Erbfall der niedrigere als maßgeblich zu ermitteln (BGH ZEV 96, 186). Kommt es demnach auf den Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs an, ist der hierfür festgestellte Betrag aufzuteilen in den kapitalisierten Wert des Nutzungsrechts und den Restwert des verbleibenden Gegenstandes (BGH ZEV 94, 233; 96, 186; zum Nießbrauch NJW 92, 2887, SchlHA FamRZ 09, 734; zum Wohnrecht Celle ZEV 03, 83, 84). Nur den Restwert hat der Erblasser aus seinem Vermögen ausgegliedert. Dieser Wert ist unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Todestag des Erblassers umzurechnen und nach II 2 anzusetzen (BGH ZEV 96, 186; Celle ZEV 03, 83, 84; FamRZ 09, 462; SchlHA aaO). Vom Erblasser vorbehaltene Nutzungen sind ganz außer Acht zu lassen, wenn nach dem Wertvergleich der Zeitpunkt des Erbfalls zu Grunde zu legen ist; sie sind dann erloschen (BGH NJW 94, 1791; ZEV 06, 265, 266). Daneben werden andere Berechnungsmöglichkeiten vertreten (s Staud/Olshausen Rz 102 mN), zB uU den Wert des Nutzungsrechts nicht abzuziehen (Hambg FamRZ 92, 228 – aufgehoben durch BGH NJW 92, 2887, 2888 –; Oldbg FamRZ 99, 1315: keine Minderung wegen eines lebenslangen Wohnrechts bei kurzem Zeitraum zwischen Schenkung und Erbfall), den Wert immer abzuziehen (BeckOKBGB/Müller Rz 39), und bzw oder bei der Berechnung nach II 2 den Wert nicht abstrakt, sondern im Nachhinein konkret nach der Nutzungsdauer zu berechnen (Olshausen aaO Rz 104; abl BeckOKBGB/Müller Rz 41; Reiff ZEV 98, 241, 247). Für die Gestaltung ist zu beachten, dass eine Pflichtteilsreduzierung mittels Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Übergebers mit weniger als 10 Jahren Lebenserwartung nur sinnvoll sein dürfte, wenn zu erwarten ist, dass nach dem Niederstwertprinzip (Rn 26) der Zeitpunkt der Schenkung (s Rn 31) und trotz Abschmelzung nach III 1 nicht der des Erbfalls maßgeblich sein wird. Steuerlich ist zu beachten, dass § 25 aF ErbStG weggefallen ist, so dass die Nießbrauchslast mit ihrem Kapitalwert vom Wert der Zuwendung abgezogen werden kann. III 1 und 2 greifen nicht, wenn eine ausgleichungspflichtige Zuwendung (§§ 2316, 2050 ff) vorliegt.
Rn 29
Beim nicht vor dem Erbfall vollzogenen Schenkungsversprechen liege nach der Rspr eine Schenkung iSv §§ 2325, 2329 vor. Gegenstand der Schenkung sei der schenkweise zugewendete Anspruch. Sein Wert ist maßgebend, wobei der nach dem Niederstwertprinzip (unte...