Rn 4
Der vAw zu berücksichtigende 2 will Doppelbegünstigungen vermeiden. Er ordnet an, dass dem Pflichtteilsberechtigten ein Ergänzungsanspruch nur insoweit zusteht, als dass der hinterlassene Erbteil den ordentlichen Pflichtteil zuzüglich Ergänzungspflicht unterschreitet (vgl BGH FamRZ 89, 273).
Rn 5
Berechnung: Ist das Hinterlassene im Fall des 2 unbelastet, wird der Ergänzungspflichtteil errechnet, indem zum Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls alle Schenkungen addiert, die Summe durch den halben gesetzlichen Erbteil des Berechtigten dividiert und vom Ergebnis der Wert des jeweils hinterlassenen Erbteils subtrahiert werden (Rn 7). Ist das Hinterlassene beschränkt oder beschwert, bleibt das unberücksichtigt (Rn 2). Bsp: Der Nachlass beträgt 20. Zu Erben zu je ½ sind das allein pflichtteilsberechtigte Kind (K1) und ein Familienfremder (F) eingesetzt. An einen Dritten (D) erfolgte eine lebzeitige Schenkung in Höhe von 40. K1 hat einen Anspruch gegen D auf 20: Nachlass und Geschenk betragen zusammen 60. Dividiert durch die Pflichtteilsquote ½ ergibt dieses 30. Hiervon ist der erlangte Erbteil von 10 (20 × ½) abzuziehen.
Rn 6
Abwandlung (vgl Schindler ZEV 05, 513, 514): Statt F existiert ein weiteres Kind (K2), das pflichtteilsberechtigt ist. K2 hat einen ausgleichungspflichtigen Vorempfang von 4 erhalten. Sein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen D ist die Differenz zwischen Ausgleichungserbteil und dem Gesamtpflichtteil. Zur Berechnung des Ausgleichungserbteils werden Nachlass (20) und alle Vorempfänge (4) addiert (24), durch die Anzahl der Abkömmlinge (24/2 = 12) dividiert und davon die jeweils ausgleichungspflichtige Zuwendung (4) subtrahiert (12 – 4 = 8; vgl § 2316 Rn 4). Der Gesamtpflichtteil ist der Ausgleichungspflichtteil (4) als halber Ausgleichungserbteil zuzüglich des Ergänzungspflichtteils (10). Dieser errechnet sich durch Multiplikation der Pflichtteilsquote (¼) mit dem Wert des Geschenks (40). Die Differenz zwischen Ausgleichungserbteil (8) und Gesamtpflichtteil (14) beträgt 6. K1 steht schlechter: Sein Ausgleichungspflichtteil ist 6 ([24/2–0]/2), sein Ergänzungspflichtteil 10, so dass der Gesamtpflichtteil 16 beträgt. Bei einem Ausgleichungserbteil von 12 bleibt ein Pflichtteilsergänzungsanspruch von 4. Anders Kerscher/Kerscher (ZEV 05, 295 ff), die ihre Berechnung auf die Kritik Schindlers aber modifiziert haben (aaO 514).
Rn 7
Im Fall der Ausschlagung nach § 2306 I berechnet sich der Ergänzungsanspruch aus der Differenz zwischen dem Wert des ordentlichen Pflichtteils zuzüglich des Ergänzungspflichtteils und dem Wert des Hinterlassenen (RGRK/Johannsen Rz 3).