Gesetzestext
(1) Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.
(2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Eintritt des Erbfalls erfolgt.
A. Rückwirkung.
Rn 1
Die Erbunwürdigkeitserklärung hat rückwirkende Kraft (I). An die Stelle des Unwürdigen tritt unabhängig davon, wer das Urt erwirkt hat, wer berufen wäre, wenn der Erbunwürdige beim Erbfall nicht gelebt hätte (II 1), also der gesetzliche Erbe, Anwachsungsberechtigte (§ 2094) oder Ersatzerbe (§ 2096). Das können ggf auch die Abkömmlinge des Unwürdigen sein (Frankf NJW-RR 96, 261 [OLG Frankfurt am Main 07.09.1995 - 20 W 551/94]). Ist der Nacherbe erbunwürdig, verbleibt idR die Erbschaft beim Vorerben. Das Nacherbenrecht wird dann nicht nach § 2108 II vererbt. Für Vermächtnis- oder Pflichtteilsunwürdigkeit gilt die Norm nicht; bei § 2310 wird der Unwürdige mitgezählt.
B. Folgen.
Rn 2
Wegen der Rückwirkung (I) leben infolge des Erbfalls durch Konfusion erloschene Rechte und Pflichten wieder auf. Der Erbunwürdige haftet den an seiner Stelle berufenen Erben nach §§ 2018 ff, 819. Als bösgläubiger Erbschaftsbesitzer schuldet er analog § 142 II Schadensersatz gem §§ 2023, 2024 und bei Besitzerlangung durch eine Straftat gem §§ 2025, 823 ff (MüKo/Helms Rz 2). Er selbst haftet ausgenommen für Nachlasseigenschulden nicht mehr für Nachlassverbindlichkeiten. Notwendige Verwendungen kann er ersetzt verlangen (§§ 2023 II, 994 II, 683). Über § 2022 III hat er Ansprüche nach den allg Vorschriften (zB § 812, § 1968), soweit seine Aufwendungen nicht einzelnen Sachen galten. Da der Unwürdige wegen der Rückwirkung (I) als Nichtberechtigter verfügte, bedürfen gutgläubige Dritte ggf des Schutzes nach §§ 932 ff, 892 f, 2366 f; die §§ 857, 935 stehen einem gutgläubigen Erwerb nicht entgegen. Ein Schuldner wird durch Leistungen an den Erbunwürdigen nur nach § 2367 frei. § 407 gilt nicht analog (HP/Müller-Christmann Rz 4; MüKo/Helms Rz 4; aA Staud/Olshausen Rz 21; Soergel/Damrau Rz 3). Der Erbunwürdige haftet dem Schuldner, der nicht frei wird, gem §§ 812, 819 I, 142 II. Bei Erbunwürdigkeit werden Dritte nicht analog § 1959 II, III geschützt (Staud/Olshausen Rz 22). Den Anspruch auf Zugewinnausgleich (§ 1371 II) verliert der Erbunwürdige nicht zwingend (NK/Kroiß Rz 3), uU kann die Erfüllung aber eine grobe Unbilligkeit bedeuten (§ 1381 I). Zur Wirkung von Pflichtteilsstrafklauseln s BGH NJW 15, 1382 [BGH 11.03.2015 - IV ZR 400/14] Rz 8.