Gesetzestext
(1) 1Hat sich ein Vermächtnisnehmer einer der in § 2339 Abs. 1 bezeichneten Verfehlungen schuldig gemacht, so ist der Anspruch aus dem Vermächtnis anfechtbar. 2Die Vorschriften der §§ 2082, 2083, 2339 Abs. 2 und der §§ 2341, 2343 finden Anwendung.
(2) Das Gleiche gilt für einen Pflichtteilsanspruch, wenn der Pflichtteilsberechtigte sich einer solchen Verfehlung schuldig gemacht hat.
A. Geltendmachung.
Rn 1
Wie der Erbe kann auch der Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte als nur schuldrechtlich Berechtigter erbunwürdig sein. Die Geltendmachung erfolgt durch formlose Anfechtungserklärung des Berechtigten (§ 2341) ggü dem Unwürdigen (§ 143 I, IV 1). Sie ist in einer Klageerhebung idR enthalten, wenn der Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte zugleich Erbe ist (MüKo/Helms Rz 5). Die Erklärung hat in der Frist des § 2082 zu erfolgen. Für ihren Beginn kommt es nicht auf Beweisbarkeit, sondern lediglich auf zuverlässige Kenntnis vom Anfechtungsgrund an (hM, MüKo/Helms Rz 4). Nach Ablauf der Frist kann die Unwürdigkeit noch einredeweise geltend gemacht werden (I 2 iVm § 2083; Hamm 12.7.16 – 10 U 83/15). § 2345 gilt nicht für eine Tat des Vermächtnisnehmers gegen den Erben (BGH FamRZ 62, 256, 257). Ggü einem Auflagenbegünstigten (§§ 2192 ff), der sich einer Verfehlung iSv § 2339 Nr 1–4 schuldig gemacht hat, bleibt nur Anfechtung nach §§ 2078, 2083.
Rn 2
Anfechtbare Ansprüche sind auch die gesetzlichen Vermächtnisse (Voraus, § 1932; Dreißigster, § 1969) und nicht vollzogene Schenkungen vTw (§ 2301 I). Beim Pflichtteilsberechtigten (II) sind neben dem Pflichtteilsanspruch auch der Pflichtteilsrestanspruch (§§ 2305, 2307) und der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Erben oder Beschenkten (§ 2325 ff) anfechtbar (Staud/Olshausen Rz 4, 5, 7).
B. Wirkung.
Rn 3
Die Wirkung der Anfechtung folgt aus § 142 I. Der Anspruch des Unwürdigen wird rückwirkend beseitigt. Ein Ersatzvermächtnisnehmer (§ 2190), wenn er bestimmt ist, erwirbt das Vermächtnis. Einem bestimmten Mitvermächtnisnehmer wächst es an (§§ 2158f). Fehlt es an beiden, erlischt es. Wenn der Unwürdige enterbt, ihm aber nicht der Pflichtteil entzogen wurde, erlangt die Pflichtteilsunwürdigkeit eigene Bedeutung. Eine Folge ist, dass die in § 2309 benannten entfernteren Pflichtteilsberechtigten ihren Pflichtteil verlangen können (NK/Kroiß Rz 8). Das sollte auch gelten, wenn die Unwürdigkeit nach Fristablauf nur einredeweise geltend gemacht wird (RGRK/Kregel Rz 2; Brox/Walker ErbR Rz 290; aA MüKo/Helms Rz 8; Staud/Olshausen Rz 18). Eine bereits an den Unwürdigen erfolgte Leistung kann nach Anfechtung herausverlangt werden (§ 812 I 2 Alt 1), auch noch nach Fristablauf (I 2, §§ 2083, 813). Stets gilt wegen § 142 II § 819.