Gesetzestext
Der Vertrag nach § 2346 bedarf der notariellen Beurkundung.
Rn 1
Notarielle Beurkundung (§ 128) ist zum Schutz (vgl § 17 BeurkG) und zur Warnung der Beteiligten sowie zur Sicherung der Beweisbarkeit angeordnet. Ein Prozessvergleich ersetzt gem § 127a die Beurkundungsform; das Erfordernis persönlicher Anwesenheit (§ 2347) besteht aber auch hier. Die Parteien müssen bei der notariellen Beurkundung nicht gleichzeitig anwesend sein. Es kann zunächst die eine Partei den Antrag, dann die andere ihre (idR nicht empfangsbedürftige) Annahme beurkunden lassen (§ 128; Staud/Schotten Rz 12, 14); § 152 gilt. Das Formerfordernis gilt für Erbverzichtsverträge aller Art, zB beim (teilweisen) Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht, den Pflichtteil, letztwillige Zuwendungen (§ 2352) und entspr Aufhebungsverträge (§ 2351). Der Erbverzicht kann mit anderen Verträgen, insb einem Erbvertrag (vgl § 34 II Hs 2 BeurkG), verbunden werden. Das Formerfordernis gilt aber auch, wenn in der Urkunde zugleich andere, nicht formbedürftige Rechtsgeschäfte mitbeurkundet werden. Analog gilt es für schuldrechtliche Rechtsgeschäfte, die zum Abschluss eines Erbverzichts verpflichten oder für einen schuldrechtlichen Verzicht, das Pflichtteilsrecht geltend zu machen (hM; KG OLGZ 74, 263, 265; zum Ganzen Keller ZEV 05, 229 ff); nicht für ein dingliches Vollzugsgeschäft, das mit einem Erbverzicht im Zusammenhang steht (BGH 7.12.11 – IV ZR 16/11) oder für den Erlass eines entstandenen Pflichtteilsanspruchs (KG MDR 75, 1020). Ferner ist eine Vereinbarung formbedürftig, in der der Erbverzicht an eine Bedingung geknüpft wird (BGH NJW 62, 1910 [BGH 04.07.1962 - V ZR 14/61]) sowie die Einwilligung des vertragsmäßig bedachten Vertragspartners eines Erbvertrags in eine seine Rechte beeinträchtigende Verfügung vTw (§ 2287 Rn 1). Verstöße gegen das Formgebot führen zur Nichtigkeit (§ 125). Ein danach nichtiges Grundgeschäft wird durch den nachfolgend (wirksam) abgeschlossenen Erbverzicht geheilt (analog §§ 311b I 2, 518 II, 766 2, 15 IV GmbHG), wenn alle anwendbaren Formerfordernisse erfüllt sind (hM). Auch ist insoweit formfreie Genehmigung möglich (§ 182 II; s BGH NJW 94, 1344, 1345 [BGH 25.02.1994 - V ZR 63/93] [zum Grundstückskaufvertrag]). Der abstrakte Verzichtsvertrag wird nicht nach § 311b I 2 geheilt (Ddorf FamRZ 02, 1147, 1148). Ggf ist Umdeutung (§ 140) in eine letztwillige Verfügung möglich. Die Form der Beurkundung richtet sich nach §§ 8 ff BeurkG. Ein Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzicht ist keine Verfügung vTw iSv § 27 BeurkG (Ddorf 19.7.13 – I-7 U 170/12). Kosten: § 102 IV 1, I GNotKG.
Rn 2
Der Erbverzicht muss ausdrücklich erklärt werden oder sich zuverlässig aus dem Inhalt des Vertrags ergeben (Hamm FamRZ 96, 1176; Staud/Schotten Rz 7; zur Auslegung im Zusammenhang mit einer Begünstigung vgl Hamm 22.7.14 – I-15 W 92/14; zu einer auflösenden Bedingung München 14.5.14 – 7 U 2983/13). Der BGH ist hiervon im Einzelfall weit abgerückt, indem er einen stillschweigenden Verzicht eines Kindes auf sein Pflichtteilsrecht nach dem erstverstorbenen Elternteil mangels entgegenstehender Umstände annahm, als sich die Eltern als Ehegatten in einem Erbvertrag als Alleinerben einsetzten und das gemeinsame Kind, das Vertragspartner des Erbvertrags war, zum Schlusserben bestimmten (NJW 57, 422 [BGH 15.12.1956 - IV ZR 101/56]). Auch könne in einem notariell beurkundeten gemeinschaftlichen Testament ein stillschweigender Erb- oder Pflichtteilsverzicht eines Ehegatten enthalten sein. Darauf deute hin, dass Ehegatten ihre Vermögen auch für die Zeit nach ihrem Tod getrennt halten wollten (BGH NJW 77, 1782 [AG Frankfurt am Main 02.11.1976 - 30 C 12330/76]; s.a. Ddorf MittBayNot 99, 574, 576). Eine solche Auslegung setzt voraus, dass die Grundsätze der Andeutungstheorie (s BGH 10.11.21 – IV ZB 30/20 = NJW 22, 474 Rz 18) und der ergänzenden Auslegung beachtet werden (BeckOKBGB/Litzenburger § 2346 Rz 8; krit MüKo/Wegerhoff Rz 8; Staud/Schotten § 2346 Rz 13 ff); äußerste Zurückhaltung ist geboten. Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und wegen der Formstrenge im Erbrecht kann ein Verzicht allenfalls in äußersten Ausnahmefällen auf § 242 gestützt werden (Köln NJW-RR 06, 225, 226 [OLG Köln 27.10.2005 - 23 WLw 6/05]).