Rn 2
Der Erbschein muss von sich heraus und ohne Bezugnahme auf andere Urkunden verständlich sein. Er soll den Erben durch die Richtigkeitsvermutung (§ 2365) legitimieren und den guten Glauben an seine Rechtsstellung zu schützen (§ 2366). Der Inhalt des Erbscheins ist daher dahin begrenzt, dass er das Erbrecht des berufenen Erben und etwaige Einschränkungen desselben zu bezeugen hat (BGH NJW 21, 3727 [BGH 08.09.2021 - IV ZB 17/20] Rz 12). Der Erbschein enthält die Person des Erblassers und die des Erben mit vollem Namen, wobei zur Individualisierung der jeweilige Geburtstag und Wohnsitz sowie der Todeszeitpunkt des Erblassers angegeben werden sollte, ferner zwingend die Feststellung, dass der Erbe Erbe geworden ist, grds die Erbquote und ggf Beschränkungen des Erben durch angeordnete Testamentsvollstreckung (§ 2364), Nacherbfolge (§ 2363; praxisrelevant sind insb Wiederverheiratungsklauseln beim Berliner Testament, vgl Staud/Herzog § 2359 Rz 427, 444), Hoferbfolge oder sonstige Anerbenrechte (MüKo/Grziwotz Rz 161 ff). Die Erbeinsetzung unter auflösender Bedingung ist anzugeben. Fallen anzugebende Verfügungsbeschränkungen weg, ist ein unrichtig gewordener Erbschein einzuziehen und sind sie in einem neuen Erbschein nicht mehr aufzunehmen (KGJ 48, 143, 148). Änderungen der Rechtszuständigkeit, die auf den ursprünglichen Anfall zurückwirken (Erbverzicht, Erbschaftsausschlagung, Erbunwürdigkeitserklärung, wirksame Testamentsanfechtung), sind zu berücksichtigen; ebenso sind die durch Abschichtung aus der Erbengemeinschaft ausgeschiedenen Miterben aufzunehmen (Brandbg 14.5.13 – 3 W 20/13). Ergeht ein Fremdrechtserbschein, dh ein Erbschein nach materiell ausländischem Recht (vgl §§ 105, 343, 352c FamFG), ist die Erbfolge nach ausländischem Recht (Erbstatut; vgl BayObLGZ 61, 4, 7) und der Berufungsgrund anzugeben sowie die Stellung als Erbe iSd deutschen Rechts zu bezeichnen. Verfügungsbeschränkungen des ausländischen Rechts (dazu FA-ErbR/Deppenkemper § 2369 Rz 36 ff), soweit sie den inländischen entspr, sind zu vermerken (zur Testamentsvollstreckung vgl BGH NJW 63, 46 ff; BayObLGZ 90, 51, 53 f; LG München I FamRZ 98, 1067, 1068). Abw erbrechtliche Verhältnisse, Begriffe oder Institutionen des ausländischen Rechts, die im deutschen Recht kein Gegenstück haben, müssen nicht als solche (so Grünewald/Weidlich § 2369 Rz 4), sondern angeglichen in entspr, gleichwertigen Begriffen des deutschen Rechts im Erbschein aufgeführt werden (Staud/Herzog § 2369 Rz 523). Die Einschaltung eines personal repräsentative im anglo-amerikanischen Recht (executor oder administrator), der unmittelbar am Nachlass berechtigt ist, hindert es idR nicht, die Letztbedachten als Erben anzusehen (MüKo/Grziwotz § 2353 Anh Rz 120f). Zur Frage, ob die repräsentatives selbst im Erbschein aufzunehmen sind, Brandbg FGPrax 01, 206 [OLG Frankfurt am Main 09.07.2001 - 20 W 522/00]; FA-ErbR/Deppenkemper § 2369 Rz 38 f mwN. Anstelle eines Pflichtteilsrechts bestehende Noterbrechte (Zwangserbrechte; dazu FA-ErbR/Deppenkemper aaO Rz 40) mit dinglicher Nachlassbeteiligung sind aufzunehmen, wenn der Noterbe bereits eine materielle Stellung als Miterbe erlangt (Ddorf NJW 63, 2230 [LG Frankfurt am Main 11.06.1963 - 2/12 T 325/63]) bzw sich trotz Aufforderung nicht über die Geltendmachung erklärt hat (Frankf 2.5.13 – 20 W 260/12). Ein Vindikationslegat (BGH NJW 95, 58) oder Legalnießbrauch (str, BayObLGZ 95, 366, 376 f; Hamm NJW 54, 1733 [OLG Celle 13.07.1954 - 5 Wx 41/54]) kann nicht Inhalt eines Erbscheins sein (FA-ErbR/Deppenkemper aaO Rz 41f).
Rn 3
Angaben anderen Inhalts sind in den Erbschein nicht aufzunehmen (Bambg 23.12.21 – 2 W 5/21). Anders als im Erbscheinsantrag (Rn 13, §§ 2354f) wird im Erbschein selbst der Berufungsgrund – auch bei entspr Antrag – grds nicht aufgenommen, es sei denn, die Angabe ist bei mehrfachem Berufungsgrunde (§§ 1951, 2088) zur Bezeichnung des Umfangs des Erbrechts erforderlich (BGH NJW 21, 3727 [BGH 08.09.2021 - IV ZB 17/20] Rz 11). Nicht wird aufgenommen der Tod des Erben nach Annahme, die Übertragung des Nachlasses durch den Alleinerben oder die Übertragung eines Erbteils durch einen Miterben (§ 2033; vgl BayObLG NJW-RR 01, 1521), eine zwischen Erbfall und Nacherbfall erfolgte Übertragung des Nacherben-Anwartschaftsrechts (Ddorf MDR 91, 252; BayObLG FamRZ 02, 350; Braunschw ZErb 04, 297), Belastungen mit (erbrechtlichen) schuldrechtlichen Verpflichtungen (zB Auflagen, Teilungsanordnungen, Voraus, Dreißigsten, Pflichtteilsanspruch, Vermächtnis – s BayObLG FamRZ 97, 126), eine Begründung, oder nach dem Erbfall eingetretene Verfügungsbeschränkungen (zB Erbteilsveräußerung oder -verpfändung, Nachlassinsolvenzverfahren).