1. Zwischenverfügung/Aussetzung.
Rn 23
Ein Erbscheinsantrag ist nicht unzulässig, wenn der Antragsteller vom Gesetz geforderte Beweismittel ohne Verschulden nicht angibt. Stattdessen setzt die Pflicht des Nachlassgerichts zur Amtsermittlung gem § 26 FamFG ein (BGH 8.2.23 – IV ZB 16/22 Rz 9 = NJW 23, 1296). Enthält der Antrag behebbare Mängel, ist analog § 18 I 1 GBO der Erlass einer Zwischenverfügung geboten (BayObLG FamRZ 90, 101; 01, 35; NJW-RR 03, 297; KG DNotZ 55, 408, 411; MüKo/Grziwotz Rz 61, 73, 108; Staud/Herzog Rz 331). Denn das Nachlassgericht hat dem Antragsteller nach § 28 I–III FamFG und in Umsetzung des Amtsermittlungsgrundsatzes Gelegenheit zu geben, innerhalb einer bestimmten Frist einen Mangel zu beseitigen, zB den Antrag so zu ergänzen, wie es die Erbfolge voraussichtlich beurteilen wird (vgl RGZ 156, 172, 183; Köln FGPrax 09, 287, 288 [OLG Köln 02.11.2009 - 2 Wx 88/09]). Dabei hat es auf die Folgen bei Fristversäumung hinzuweisen. Eine Erbscheinserteilung im Wege einstweiliger Anordnung (§§ 49 ff FamFG) gibt es nicht.
Rn 24
Bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines anhängigen Prozesses zwischen den materiell Beteiligten kann das Gericht das Erbscheinverfahren nach § 21 I FamFG aussetzen (zu § 148 ZPO analog BayObLG FamRZ 99, 334; München FGPrax 08, 254, 259). Eine Verpflichtung dazu besteht grds nicht (Rostock 31.8.11 – 3 W 58/11: zur anhängigen Erbunwürdigkeitsklage). Die Ermittlungen des Streitgerichts sind nach § 2359 verwertbar.
2. Feststellungsbeschluss.
Rn 25
Unter dem für bis zum 31.8.09 eingegangene Anträge maßgeblichen Recht (Rn 1) war anerkannt, dass in Ausnahmefällen, bei wegen zweifelhafter Rechtslage unabweislichem Bedürfnis (vgl BayObLG ZErb 01, 220), nach pflichtgemäßem Ermessen des Nachlassgerichts ein Vorbescheid als Zwischenentscheidung möglich war, wenn zwei Beteiligte (wirksame) sich widersprechende Anträge stellten oder solche Anträge zu erwarten waren und Entscheidungsreife vorlag. Dabei handelte es sich um eine in Beschlussform gekleidete begründete Ankündigung, einen Erbschein beantragten Inhalts zu erteilen, falls nicht innerhalb einer Frist gegen den Beschl Beschwerde eingelegt wird. Damit sollten die Gefahren verringert werden, die von der Publizitätswirkung eines unrichtigen Erbscheins ausgehen. Das FamFG hat den Vorbescheid abgeschafft (Köln NJW 11, 320f [OLG Köln 12.07.2010 - 2 Wx 99/10]), nimmt aber dessen Zielrichtung auf und stellt vor die Erteilung des Erbscheins (statt des Vorbescheids) einen Feststellungsbeschluss (§ 352e I FamFG). Dieser kann ohne Erteilung (Rn 28) nach § 352e I 2, II FamFG wirksam werden (Rn 26), begründet aber nicht die Rechtsscheinwirkungen der §§ 2365 ff. Inhaltlich nimmt er den auf seiner Grundlage zu erteilenden Erbschein vollständig vorweg, erzeugt aber keine Bindung für das Nachlassgericht (Ddorf NJW-RR 21, 734 Rz 17).
Rn 26
Form und Inhalt des Beschlusses hängen davon ab, ob ein Beteiligter widerspricht: Widerspricht keiner der Beteiligten dem Antrag und erachtet das Gericht die für die Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen für erwiesen (vgl § 2359 aF), ergeht ein Feststellungsbeschluss iSd § 38 FamFG (§ 352e I 1 FamFG); Formel: ›Die Tatsachen, die zur Erteilung des vom … am … beantragten Erbscheins erforderlich sind, werden [für] festgestellt [erachtet].‹ Der Widerspruch darf nicht erklärt sein, dh zB durch einen abweichenden Antrag, einer Erklärung schriftlich zu den Akten oder mündlich zur Niederschrift der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts oder im Termin nach §§ 32, 34 FamFG. Fehlt es an einer Erklärung, stellt das Gericht keine Mutmaßungen an. Im Zweifel klärt es nach § 28 FamFG den Willen auf. Der (zu unterschreibende) Beschl wird abw von § 40 I FamFG schon mit seinem Erlass, dh gem § 38 III 2 FamFG idR mit Übergabe an die Geschäftsstelle, wirksam (§ 352e I 3 FamFG). Er verbleibt als gerichtsinterne Verfügung in der Nachlassakte und wird weder dem Antragsteller noch einem sonstigen Beteiligten bekannt gegeben (§ 352e I 4 FamFG). Eine Begründung ist entbehrlich (§ 38 IV Nr 2 FamFG). Der Beschl enthält bereits die Bewilligung, dass der Erbschein antragsgemäß erteilt wird, und wird sogleich durch Erteilung des beantragten Erbscheins vollzogen (Rn 28). Ggü nicht Beteiligten (zB im Erbschein ausgewiesenen Erben) ist eine Bekanntgabe nicht geboten. Ihnen wird der Inhalt des Erbscheins formlos mitgeteilt (§ 15 III FamFG).
Rn 27
Widerspricht der Feststellungsbeschluss dem erklärten, sinnvoller Weise begründeten Willen (Rn 26) eines Beteiligten, greift § 352e II FamFG: Das Gericht stellt den zu begründenden (§ 38 III 1 FamFG), mit Rechtsmittelbelehrung versehenen (§ 39 FamFG) Beschl dem Widersprechenden zu (§ 41 I 2 FamFG) und gibt ihn den übrigen Beteiligten bekannt, setzt seine sofortige Wirksamkeit aus und stellt die Erbscheinserteilung bis zur Rechtskraft des Feststellungsbeschlusses zurück (§ 45 FamFG), dh bis keine im konkreten Verfahren gem § 59 I beschwerdeberechtigte Person (Zimmermann JuS 09, 817, 820, enger Bumiller/Harders § 352 Rz 30: nur formell Beteiligte) ge...