Rn 1
Zweck von § 241a ist es, den Empfänger unbestellter Leistungen davor zu schützen, dass er gegen seinen Willen durch eine ›falsche‹ Reaktion auf die unbestellte Leistung Schuldner von Forderungen des Leistungserbringers wird (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 48). Darüber hinaus dient die Vorschrift zugleich dem Schutz des lauteren Wettbewerbs, indem sie die Absatztechnik der unbestellten Leistungserbringung so unattraktiv macht, dass ein solches Verhalten in Zukunft unterbleibt (NK/Krebs § 241a Rz 5). Dieser zweite Regelungszweck liefert die rechtspolitische Begründung dafür, den Leistungserbringer durch ersatzlosen Verlust seiner Leistung zu sanktionieren (s.a. Rn 9). Schließlich dient die Vorschrift ab 2014 als Regelungsort für eine Legaldefinition des Begriffs der Waren (Rn 2 und 5).
Rn 2
Die Vorschrift setzt zugleich Art 27 VerbraucherrechteRL und Art 9 FernabsFinDinRL um; sie ist dementsprechend richtlinienkonform auszulegen (LG Gera CR 04, 543). Die Vorgaben der Richtlinienbestimmungen divergieren: Während Art 27 VerbraucherrechteRL es lediglich ausschließt, dass der Verbraucher zu einer Gegenleistung verpflichtet wird, verlangt Art 9 FernabsFinDinRL den Ausschluss jeder Verpflichtung. Indem § 241a I im Grundsatz jeden Anspruch gegen den Verbraucher ausschließt, entspr er den Anforderungen der zweitgenannten Vorschrift und geht über die Vorgaben – jedenfalls des Wortlauts – von Art 27 VerbraucherrechteRL deutlich hinaus. Im Schrifttum ist die Auffassung vertreten worden, dass letzteres mit der Vollharmonisierung nach Art 4 VerbraucherrechteRL unvereinbar sei (Piekenbrock GPR 12, 195, 197); dies setzt freilich voraus, dass Art 27 VerbraucherrechteRL die Regeln der Rechtsfolgenseite in den Art 23, 24 VerbraucherrechteRL verdrängen soll, wofür jeder Anhaltspunkt fehlt. Mit der Legaldefinition von Waren wird schließlich auch Art 2 Nr 3 VerbraucherrechteRL umgesetzt (s Rn 5). Die amtliche Fußnote ist noch auf dem Stand von 2002.
Rn 3
§ 241a wird regelmäßig eine sanktionsähnliche Wirkung zugeschrieben (NK/Krebs [2. Aufl.] § 241a Rz 5). Darin allein erschöpft sich die dogmatische Einordnung der Vorschrift freilich nicht: Soweit es um die Lieferung unbestellter Sachen geht, begründet sie richtigerweise die gesetzliche Fiktion einer Handschenkung (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 49). Wegen der fehlenden Freigiebigkeit und der Unlauterkeit finden die Haftungserleichterungen aber keine Anwendung (im Ergebnis wie hier Tamm/Tonner/Wiese, § 7 Rz 44 [sanktionierter Vertrag]); nur so lassen sich die Erfassung gesetzlicher Ansprüche und die Gegenausnahme nach II kohärent iSd allg Rechtsgeschäftslehre (s § 145 Rn 1) erklären. Dasselbe gilt cum grano salis auch für unaufgefordert erbrachte Dienstleistungen, nur dass bei diesen die Einordnung als unentgeltlicher Dienstleistungsvertrag (nicht notwendig Auftrag, s § 662 Rn 7) weniger spektakulär erscheint, weil unentgeltliche Dienstleistungen weitaus selbstverständlicher sind als unentgeltliche Sachleistungen. Diese Erklärung entspricht iÜ auch der Haltung des Unternehmers, der mit seiner Leistung bewusst das Risiko eingeht, keine Gegenleistung zu erhalten.
Rn 4
Nach dem Vorstehenden begegnet die Vorschrift auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (wie hier NK/Krebs § 241a Rz 11). Das gilt auch im Hinblick darauf, dass bei der Lieferung unbestellter Sachen sogar § 985 gesperrt wird. Die billigende Inkaufnahme des Unentgeltlichkeitsrisikos macht die vielfach vorgeschlagene, auf den Erhalt der Vindikation gerichtete Reduktion von § 241a entbehrlich; dem Telos der Norm würde sie ohnehin zuwiderlaufen. Bedenken sind vielmehr lediglich in rechtspolitischer Hinsicht angebracht: Die Vorschrift ist nicht nur missbrauchsanfällig (NK/Krebs § 241a Rz 19), sie geht bei Sachleistungen auch deutlich über das gebotene Maß hinaus. Für diese hätte es genügt, dem Unternehmer das Entreicherungsrisiko, das Verschlechterungsrisiko sowie anfallende Kosten aufzuerlegen. Anders bei Dienstleistungen, deren Rückgewähr ihrer Natur nach von vornherein ausgeschlossen ist: Die Gewährung gesetzlicher Wertersatzansprüche aus Bereicherungsrecht oder Geschäftsführung ohne Auftrag (letztere gar iVm § 354 HGB) würde hier nämlich im Regelfalle funktional zu einer Gegenleistungspflicht des Verbrauchers führen.
Rn 5
Bei der 2014 in die Vorschrift neu aufgenommenen Legaldefinition für Waren handelt es sich in mehrfacher Hinsicht um einen gesetzgeberischen Missgriff. Systematisch gehört die Regelung zu den §§ 90 ff. Sachlich setzt sie unausgesprochen voraus, dass der Warenbegriff im BGB und den zugrundeliegenden Richtlinien identisch verwendet wird, was jedoch hinsichtlich digitaler Inhalte ungeklärt ist. Zumindest hätte es ferner einer zusammenfassenden Definition mit den digitalen Inhalten (jetzt: § 327 II 1) bedurft, um auch die Konstellation der auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten befriedigend und europarechtskonform zu regeln. Schließlich ist der Umsetzungsstil ...