Rn 12
Die Fremdwährungs- oder Valutaschuld (zu ihr ausf Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten) ist eine in ausländischer Währung, dh nicht in Euro, ausgedrückte Geldschuld (BGHZ 101, 296, 302). Eine bloße Abrede über die Art der Zahlung, die vor der Euro-Einführung wegen der Genehmigungsbedürftigkeit von Valutaschulden häufig vorkam, begründet keine Fremdwährungsschuld (RGZ 168, 240, 245f). Fremdwährungsschulden können sich aus Vereinbarung oder auch aus Gesetz (BGH WM 69, 26 [§ 667]; NJW-RR 98, 680 [Kosten der Rückbeförderung aus dem Ausland nach Rücktritt]) ergeben. Geldwertschulden entstehen nach deutschem Recht in inländischer Währung; Beträge in ausländischer Währung fließen lediglich in die Berechnung des in Euro festzusetzenden Betrages ein (BGHZ 14, 212; NJW-RR 98, 1426, 1429; abw für den Aufwendungsersatzanspruch gegen den Kreditkarteninhaber Hambg NJW 96, 1902, 1903 [OLG Hamburg 15.05.1996 - 5 U 246/95]).
Rn 13
Eine echte Valutaschuld ist nicht nur in ausländischer Währung ausgedrückt, sondern kann auch nur durch Zahlung in ausländischer Währung erfüllt werden (etwa Jauernig/Mansel § 245 Rz 15). Eine Zahlung in inländischer Währung ist aber denkbar, wenn devisenrechtliche Vorschriften entgegenstehen; nach deutschem Recht wird der Schuldner in diesem Fall nämlich von seiner Verpflichtung nicht frei, diese ist vielmehr nach § 313 I anzupassen, was die Umwandlung in eine Euro-Schuld einschließen kann (BGH LM § 275 Nr 5; Grüneberg/Grüneberg § 245 Rz 22). Wegen § 244 I (s.u. Rn 14) muss sich ein entspr Parteiwille idR ausdrücklich im Vertrag niederschlagen (s RGZ 153, 384, 385). Entspr Formulierungen sind etwa ›effektiv‹ oder ›zahlbar in‹. Im Zweifel ist ein auf eine effektive Valutaschuld gerichteter Parteiwille außerdem anzunehmen, wenn der Erfüllungsort der Geldschuld außerhalb der Euro-Zone liegt; § 244 findet insoweit keine Anwendung (RGZ 96, 270, 272; Grüneberg/Grüneberg § 245 Rz 23).
Rn 14
Der Regelungsgegenstand von § 244 beschränkt sich auf unechte Valutaschulden, also auf solche Geldschulden, die außer in Valuta auch in der Währung des Zahlungsorts erfüllt werden können. Die Vorschrift setzt voraus, dass für die Schuld ein inländischer (zur Anwendung auf den Euro-Raum s Rn 16) Erfüllungsort besteht. Rechtsfolge von § 244 I ist dann, dass eine unechte Valutaschuld vorliegt, der Schuldner also wahlweise in der ausländischen Vertragswährung oder in Euro zahlen darf. Technisch handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners (RGZ 101, 312, 313; BGHZ 104, 268, 272; Köln WM 97, 2031), die ihm auch im Falle der Aufrechnung zusteht (RGZ 167, 60, 63; KG NJW 88, 2181). Der Gläubiger kann hingegen keine Zahlung in Euro verlangen (BGH NJW 80, 2017 [BGH 29.05.1980 - II ZR 99/79]; WM 93, 2011, 2012). § 244 ist jedoch dispositiv, sodass die Parteien auch eine Ersetzungsbefugnis oder eine Wahlschuld zugunsten des Gläubigers vereinbaren können (RGZ 136, 127, 129; 168, 240, 247). Bei Zahlung in Euro bestimmt sich die Umrechnung nach § 244 II: Maßgebend ist der Tageskurs am Zahlungsort zum Zeitpunkt der tatsächlich erfolgenden Zahlung (BGH WM 93, 2011, 2012) respective des Zugangs der Aufrechnungserklärung (RGZ 167, 60, 63) oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGHZ 108, 123, 128). Auf die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs kommt es hingegen nicht an (RGZ 101, 312, 313); etwaige Verspätungsschäden sind nach §§ 280 I, II, 286 auszugleichen (Grüneberg/Grüneberg § 245 Rz 20). Abzustellen ist auf den Briefkurs als denjenigen Kurs, den der Gläubiger für die Beschaffung der Valuta aufwenden muss (BGH WM 93, 2011, 2012 [BGH 07.04.1992 - X ZR 119/90]). Auf Geldwertschulden findet § 244 II keine Anwendung (Jauernig/Berger §§ 244, 245 Rz 17); zu Besonderheiten bei Unterhaltsschulden s Staud/Omlor [2016] § 244 Rz 76 ff.
Rn 15
Gesichert ist die Anwendung der Regeln von § 244 jedenfalls bei Anwendung deutschen Rechts als lex causae und Zahlungsort in Deutschland. Darüber hinaus soll die Vorschrift nach verbreiteter Auffassung eine versteckte einseitige Kollisionsnorm enthalten (LG Braunschweig NJW 85, 1169 [LG Braunschweig 15.01.1985 - 6 S 218/84]; Kropholler Internationales Privatrecht 107; Grüneberg/Grüneberg § 245 Rz 19) und damit vor deutschen Gerichten unabhängig von der lex causae immer dann zur Anwendung kommen, wenn der Zahlungsort im Inland liegt. Die Gegenauffassung sieht § 244 als Teil des auf den Vertrag anwendbaren Rechts (Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten 148 ff; BGH NJW 22, 3644 [BGH 28.09.2022 - XII ZR 7/22] Rz 41; BeckRS 23, 12430 Rz 16f) und plädiert für eine entspr Anwendung der Norm bei ausländischen Zahlungsorten (Grothe aaO 553–555 [Ersetzungsbefugnis Vertragswährung gegen Ortswährung]). Letztere Lösung ist vorzugswürdig: Der Gläubiger ist nicht schutzwürdig, weil er die Ersetzungsbefugnis durch eine Effektivklausel ausschließen kann. Deutsche Interessen zur Förderung der Zahlung in deutscher Währung sind nach der Euro-Einführung nicht mehr von entscheidendem Gewicht, zumal die frühere Gene...