I. Wahlrecht des Geschädigten.
Rn 21
II gibt dem Geschädigten bei Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache die Wahl, statt der Herstellung den Ersatz der dazu erforderlichen Kosten zu verlangen. Hier von ›Geldersatz‹ zu sprechen, vermischt aber den Unterschied zu § 251. Das ist schon deshalb gefährlich, weil der zu zahlende Geldbetrag verschieden berechnet wird: Die Herstellungskosten (§ 249 II) können anders und va auch höher sein (vgl § 251 II) als die Verminderung des Vermögenswerts (§ 251 I).
II. Ersatz der zur Herstellung erforderlichen Kosten.
1. Möglichkeit der Herstellung.
Rn 22
Der Anspruch auf Ersatz der Herstellungskosten setzt unzweifelhaft voraus, dass die Herstellung überhaupt einmal möglich gewesen ist. Das folgt schon aus dem Gesetzeswortlaut ›statt der Herstellung‹; wenn diese nicht möglich war, ist sie auch nicht geschuldet worden, sondern von vornherein nur Geldersatz nach § 251 I. Zudem lassen sich für eine unmögliche Herstellung keine erforderlichen Kosten angeben. Der Begriff der ›Wiederherstellung‹ ist jedoch ein normativer Begriff, der weit zu fassen ist, damit dem Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution Rechnung getragen werden kann. Bei der Beseitigung von Gebäudeschäden ist daher die Möglichkeit einer Wiederherstellung im Sinne dieser Norm nur dann zu verneinen, wenn sich das Ergebnis der Wiederherstellung bei wertender Betrachtung gegenüber dem früheren Zustand als ›aliud‹ darstellt. Hingegen ist auch bei zum Teil völliger Neuherstellung von einer Wiederherstellung im Rechtssinne auszugehen, wenn das neue Gebäude dem früheren Bauwerk baulich-technisch und wirtschaftlich-funktionell gleichwertig ist (BGHZ 102, 322; BGH NJW 1997, 520). Ob die Möglichkeit bei dem Verlangen der Herstellungskosten noch fortbestehen muss, kann eher zweifelhaft sein (s sogleich Rn 23 ff).
2. Die Verwendungsfreiheit des Geschädigten: Fiktive Abrechnung.
Rn 23
Die Frage nach der Möglichkeit der Herstellung hängt zusammen mit der anderen Frage nach der Verwendungsfreiheit des Geschädigten: Muss er den Betrag der erforderlichen Kosten wirklich für die Herstellung verwenden oder kann er darüber frei verfügen? Im ersten Fall müsste ihm die Herstellung noch möglich sein; im zweiten käme es darauf nicht an. Für die Antwort dürfte zu unterscheiden sein.
Rn 24
Bei Personenschäden (s.o. Rn 11) kann beim Ersatz von Heilbehandlungskosten nur verlangt werden, was wirklich an Kosten für die Herstellung entsteht (BGHZ 97, 14, 18 ff: Die für eine Operation nötigen Kosten könnten nur bei deren Durchführung verlangt werden. Andernfalls geriete man in Konflikt mit § 253 I). So sind auch nicht die Kosten für einen ›eigentlich‹ nötigen Krankenhausaufenthalt zu ersetzen, wenn der Verletzte sich zu Hause von seinen Angehörigen hat pflegen lassen. Anders hat BGH NJW 58, 627 entschieden (bejaht wurde dort der Ersatz der Kosten für ein wegen Geldmangels nicht gekauftes Stärkungsmittel, dagegen etwa Medicus/Lorenz SchuldR AT Rz 642). Anders auch bei sonstigen Personenschadensansprüchen wie Pflegekosten (dazu § 843 Rn 9) oder Haushaltsführungsschäden (§ 252 Rn 18), welche ›fiktiv‹ abrechenbar sind.
Rn 25
Einen Sonderposten bilden bei Personenverletzungen die Kosten für Besuche im Krankenhaus. Der BGH (zB NJW 90, 1037 [BGH 24.10.1989 - VI ZR 263/88]) bejaht einen Anspruch des Verletzten auf Ersatz der hierbei (den Besuchern! Aber dass diese auf Ersatz vom Verletzten verzichten, soll den Schädiger nicht entlasten) entstehenden Fahrtkosten und des Verdienstausfalls, auch der Kosten für einen Babysitter. Fortkommensschäden des Besuchers sind nicht ersatzfähig (BGH NJW 91, 2340 [BGH 19.02.1991 - VI ZR 171/90]). Nicht ersatzfähig ist auch die (nicht mit Kosten verbundene, hinsichtlich ersatzfähiger Pflegekosten vgl § 843 Rn 9) vermehrte elterliche Zuwendung für das verletzte Kind (BGHZ 106, 28, 30).
Rn 26
Bei Sachschäden, insb an Kfz, hat der BGH überwiegend die bei Körperschäden verneinte Verwendungsfreiheit des Geschädigten bejaht (etwa BGHZ 99, 81). BGH NJW 07, 1674 Tz 10 mN spricht von einem geradezu gesetzlichen Bild des Schadensersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grds selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt‹. Einschr aber der V. ZS BGHZ 81, 385, 392 für Grundstücke (da nach Veräußerung des Grundstückes die Naturalrestitution unmöglich werde, erlösche der Ersatzanspruch bei Verkauf des beschädigten Grundstückes), dies dann wieder einschr BGHZ 147, 320, 322: wird das Eigentum an dem beschädigten Grundstück übertragen, so erlischt der Anspruch aus § 249 II 1 auf Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrags dann nicht, wenn er bis zum Wirksamwerden der Übereignung an den Erwerber des Grundstücks abgetreten wird. BGH MDR 16, 482 unterscheidet für die Frage, ob der Schadensersatzanspruch bei Veräußerung des Grundstücks weiterbesteht, dann noch, ob dieser aus Delikt oder Kaufrecht resultiert – zwingend ist all dies nicht mehr. Für das Werkvertragsrecht hat der VII. Senat des BGH die Zulässigkeit fiktiver Abrechnung (von Mängelbeseitigungskosten) verneint, NJW 18, 1463; dies hat zu einer Vorlagefrage des für Kaufrec...