1. Ausgangspunkt.
Rn 28
Bei einem Kfz-Schaden ist im Grundsatz die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs geschuldet (zu den Besonderheiten beim Leasing, wo der nutzende Leasingnehmer nicht Eigentümer des Unfallfahrzeugs ist, BGH NJW 19, 1669 [BGH 29.01.2019 - VI ZR 481/17]; BGH NJW 23, 2778 [BGH 18.04.2023 - VI ZR 345/21]). Allerdings soll die Bereitstellung eines gleichartigen und gleichwertigen Gebrauchtwagens noch zur Herstellung gehören (im Grundsatz BGHZ 115, 364, 368 mwN; ZIP 03, 1156, 1157). Folglich fällt auch eine Beschädigung, deren Reparatur verhältnismäßig teuer wäre (sog wirtschaftlicher Totalschaden idR bei mehr als 130 % der Wiederbeschaffungskosten, BGHZ 115, 364; 375, zur Berechnung BGHZ 155, 1: Kosten einer Markengebundenen Fachwerkstatt), bei der Möglichkeit zur Beschaffung eines Ersatzwagens nicht unter § 251 II, sondern unter § 249. Der Gesetzgeber hat diese Judikatur dadurch anerkannt, dass er bei der Schadensrechtsnovelle 2002 § 249 II 2 nur bei § 249, nicht aber bei § 251 angefügt hat. Vollends gilt das bei der (üblichen) Neubeschaffung einzelner Ersatzteile. Doch ist das Wahlrecht des Geschädigten beschränkt durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (BGHZ 162, 161, 164 mN, BGH NJW 08, 1941 Tz 14: Bei Übersteigen der 130 %-Grenze ist auch bei einer Teilreparatur nur der Wiederbeschaffungswert ersatzfähig). Trotz höherer Kosten kann die Reparatur idR einer Markengebundenen Fachwerkstatt übertragen werden, BGHZ 183, 21 Tz 7 ff, auch zu den Ausnahmen (freie Werkstatt); hierzu auch BGH NJW 10, 2118; BGH NJW 15, 2110 [BGH 28.04.2015 - VI ZR 267/14] und unten Rn 34. Erhält der Geschädigte einen Werkstattsangehörigenrabatt, muss er sich diesen anrechnen lassen (BGH NJW 12, 50); gleiches gilt für einen Großkundenrabatt eines Unternehmens (BGH NJW 20, 144) und sogar für einen Nachlass, der Menschen mit Behinderungen gewährt wird (BGH VersR 20, 1118). Betreibt der Geschädigte selbst eine Werkstatt, kann er nach § 254 II verpflichtet sein, ungenutzte Kapazitäten für eine Reparatur dort zu nutzen, anstatt nach den Kosten der Markenwerkstatt abzurechnen (BGH NJW 23, 2421 [BGH 26.05.2023 - VI ZR 274/22]). Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist; der Anspruch ist aber auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre (BGH NJW 13, 1151 [BGH 05.02.2013 - VI ZR 363/11]).
2. Reparatur oder Ersatzbeschaffung: Die Wertgrenzen.
Rn 29
Nach der Rspr des BGH ist also zu unterscheiden: (1.) liegen die Reparaturkosten über 130 % des Wiederbeschaffungswertes, kann der Geschädigte nur Ersatzbeschaffung verlangen (BGH NJW 07, 2917 [BGH 10.07.2007 - VI ZR 258/06]; muss sich dann aber den Restwert anrechnen lassen, Rn 39 und § 254 Rn 25). Er kann auch nicht etwa ›Rosinenpickerei‹ betreiben und die Reparaturkosten bis zur Höhe von 130 % verlangen; unsinnige Reparaturen sollen nicht gefördert werden. (2.) liegt der Reparaturaufwand zwischen 100 % und 130 % des Wiederbeschaffungswerts, kann der Geschädigte die Reparaturkosten nur verlangen, wenn er durch 6-monatige Weiternutzung des reparierten Kfz seinen Weiterbenutzungswillen dokumentiert (BGH NJW 08, 437, 439 [BGH 13.11.2007 - VI ZR 89/07]; 2183 [BGH 22.04.2008 - VI ZR 237/07]; 11, 667 [BGH 23.11.2010 - VI ZR 35/10]; fällig ist der Anspruch aber bereits vorher, BGH NJW 09, 910 [BGH 18.11.2008 - VI ZB 22/08]). (3) ein Reparaturaufwand unter 100 % des Wiederbeschaffungswerts, der aber noch höher ist als der Wiederbeschaffungsaufwand (= WB-Wert abzgl Restwert) ist nur ersatzfähig im Fall einer verkehrsfähigen Reparatur und der 6-monatigen Weiternutzung (BGH NJW 08, 1941; BGHZ 168, 43). In den anderen Fällen ist ohnehin die Reparatur die günstigere Alternative.
3. Probleme der Ersatzbeschaffung.
Rn 30
Der Ersatzwagen ist idR (nämlich wenn nicht ein neuwertiger Wagen beschädigt worden ist; die Grenze liegt bei einer Fahrleistung von ca 1.000 km, BGH VersR 83, 658) ein Gebrauchtwagen. Der Geschädigte wird dem oft mit Misstrauen begegnen, schon weil er die Eigenarten des ihm fremden Fahrzeugs nicht kennt. Daher hat der BGH der Reparatur einen Vorrang vor der Ersatzbeschaffung zuerkannt: Reparatur soll verlangt werden können, wenn ihre Kosten nicht mehr als 130 % der Ersatzbeschaffungskosten ausmachen (s.o. Rn 9).
Rn 31
Der Geschädigte kann einem Ersatzwagen noch aus zwei weiteren Gründen krit gegenüberstehen: weil dieser nicht so gut gepflegt worden sei wie sein eigener, und weil dieser Wagen einen Zweithandwagen darstelle. Der BGH hat jedoch sowohl einen Risiko- (NJW 66, 1454) wie einen Zweithandzuschlag (NJW 78, 1373) abgelehnt. Stattdessen soll der Wiederbeschaffungswert so hoch bemessen werden, dass der Geschädigte ›einen ähnlichen Wagen nach einer gründlichen technischen Überprüfung von einem seriöse...