Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud
Gesetzestext
1Wer zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, hat den aufgewendeten Betrag oder, wenn andere Gegenstände als Geld aufgewendet worden sind, den als Ersatz ihres Wertes zu zahlenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. 2Sind Aufwendungen auf einen Gegenstand gemacht worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben ist, so sind Zinsen für die Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die Nutzungen oder die Früchte des Gegenstands ohne Vergütung verbleiben, nicht zu entrichten.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 256 begründet keinen Aufwendungsersatzanspruch, sondern ergänzt den aufgrund anderer Vorschriften gegebenen Ersatzanspruch um einen Anspruch auf Verzinsung (BGH NJW 89, 2818 [BGH 26.04.1989 - IVb ZR 42/88]; Soergel/Forster § 256 Rz 1; MüKoBGB/Krüger § 256 Rz 1). § 256 ist damit Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Verzinsung, der einen Neben- und Ergänzungsanspruch zum eigentlichen Aufwendungsersatzanspruch darstellt (Soergel/Forster § 256 Rz 1).
Rn 2
§ 256 bezweckt, dem zum Aufwendungsersatz Berechtigten einen Ausgleich dafür zu geben, dass er den aufgewendeten Geldbetrag oder den ihm zustehenden Wertersatz für aufgewendete Gegenstände nicht selbst zur Verfügung hat (Staud/Bittner/Kolbe § 256 Rz 1; Soergel/Forster § 256 Rz 2; MüKoBGB/Krüger § 256 Rz 1). Der Anspruch nach § 256 ist dementspr von den Voraussetzungen des Verzugs unabhängig und entfällt nach S 2, solange und soweit der Ersatzberechtigte die Nutzungen des Gegenstandes, auf den er die Aufwendungen gemacht hat, unentgeltlich behalten darf.
B. Begriff der Aufwendungen.
Rn 3
Aufwendungen sind freiwillig erbrachte Aufopferungen von Vermögenswerten, die im Interesse eines anderen liegen (BGHZ 59, 329). Freiwillig bedeutet die willentliche Selbstauferlegung des Vermögensopfers. Nicht erforderlich ist, dass die Aufwendung ›aus freien Stücken‹ vorgenommen wurde (MüKoBGB/Krüger § 256 Rz 2f). Unter den Begriff der Aufwendungen fallen auch die so genannten Verwendungen (vgl §§ 459, 850, 994, 996, 1049). Darunter fallen Aufwendungen, die den Zweck haben, einer Sache zugute zu kommen, zB eine Sache zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen (HP/Lorenz § 256 Rz 5). Keine Aufwendungen sind Schäden, die der Betroffene ohne oder gegen seinen Willen erleidet (MüKoBGB/Krüger § 256 Rz 2), sowie Kosten- und Auslagenvorschüsse zur Finanzierung eines Zivilprozesses (Jerger/Zehentbauer NJW 16, 1353, 1355).
C. Anwendungsbereich.
Rn 4
Die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz kann aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung (vgl § 652 II) oder einer gesetzlichen Vorschrift bestehen. Einen Aufwendungsersatzanspruch gewähren zB die §§ 284, 304, 347 II 2, 478 II, 536a II, 637 I, 670, 683, 693, 970, einen Ersatzanspruch für ›Verwendungen‹ erwähnen zB die §§ 459, 601, 850, 994, 995, 996, 999, 1049 I.
Rn 5
Aus dem Begriff der Aufwendungen folgt, dass der familienrechtliche Ausgleichsanspruch (s § 1618a Rn 3) ebenso wenig einen Aufwendungsersatzanspruch iSd § 256 darstellt (BGH NJW 89, 2816 [BGH 26.04.1989 - IVb ZR 42/88]), wie der prozessuale Kostenerstattungsanspruch oder der Anspruch auf Ersatz von Vorsorgekosten, die mit Rücksicht auf mögliche Schädigungen Dritter aufgewendet wurden, zB Versicherungen (Soergel/Forster § 256 Rz 5; MüKoBGB/Krüger § 256 Rz 6). In all diesen Fällen fehlt es an dem für den Aufwendungsersatzanspruch charakteristischen Handeln im fremden Interesse.
D. Verzinsungspflicht.
Rn 6
§ 256 S 1 gewährt dem Ersatzberechtigten einen Anspruch auf Zinsen auf den Betrag der Ersatzforderung mit der Entstehung des Aufwendungsersatzanspruchs, also von der Zeit der Aufwendung an (BGH NJW 00, 3062 [BGH 04.04.2000 - XI ZR 48/99]). Die Höhe der Zinsen ergibt sich aus § 246 (4 %) oder § 352 HGB (5 %).
Rn 7
§ 256 S 2 statuiert eine Ausnahme von der Verzinsungspflicht für den Fall, dass dem Ersatzberechtigten die Nutzungen oder die Früchte des Gegenstandes, auf den die Aufwendungen gemacht worden sind, unentgeltlich verbleiben (Erman/Artz § 256 Rz 7; AnwK/Knöfler § 256 Rz 5; HP/Lorenz § 256 Rz 9). Derjenige, der den Nutzen aus der Sache zieht, soll entspr dem Normzweck des § 256 (s Rn 2) nicht auch noch Zinsen beanspruchen können.
E. Verjährung, Zurückbehaltungsrecht.
Rn 8
Für den Anspruch auf Verzinsung ist die dreijährige Regelverjährung des § 195 anwendbar. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Anspruch nach § 217 spätestens mit dem Aufwendungsersatzanspruch verjährt (Staud/Bittner/Kolbe § 256 Rz 15). Dem Ersatzberechtigten steht ein Zurückbehaltungsrecht zu (§ 273 II).