Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud
Gesetzestext
1Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. 2Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 270a setzt Art 62 IV der Zweiten Zahlungsdienste RL 2015/2366/EU um und ist am 13.1.18 in Kraft getreten. § 270a verbietet Entgeltvereinbarungen für die Nutzung bestimmter Zahlungskarten und für Zahlungen durch Überweisungen oder Lastschriften (sog Surcharging), auf welche die SEPA VO 2012/260/EU anwendbar ist (BTDrs 18/11495, S 145 f; MüKoBGB/Krüger § 270a Rz 1). Ziel der Bestimmung ist es einerseits, aufgrund der enormen Heterogenität des Zahlungsverkehrsmarktes in der EU gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen und andererseits den Verbraucher vor überraschenden Preiserhöhungen zu schützen (Erwägungsgrund 66 Zweite Zahlungsdienste RL 2015/2366/EU; BTDrs 18/11495, S 145).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Normadressat des § 270a ist der Gläubiger einer Geldschuld. Das Surcharging-Verbot gilt für alle Überweisungen und Lastschriften, auf welche die SEPA VO 2012/260/EU anwendbar ist (MüKoBGB/Krüger § 270a Rz 3 ff; Zahrte BKR 21, 79; Spitzer MDR 18, 561; Omlor WM 18, 937). Da die SEPA VO auf alle Überweisungen und Lastschriften in Euro innerhalb der EU, bei denen entweder der Zahlungsdienstleister des Zahlers und der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers oder der einzige am Zahlungsvorgang beteiligte Zahlungsdienstleister im EU-Gebiet ansässig ist (vgl Art 1 I SEPA VO), anwendbar ist, ihr persönlicher Anwendungsbereich sich also auch auf Zahlungen von Unternehmern an Unternehmer, von Unternehmern an Verbraucher und von Verbrauchern untereinander erstreckt, gilt das Surcharging-Verbot für alle Zahlungsvorgänge, die mittels einer SEPA-Überweisung, SEPA-Basislastschrift oder SEPA-Firmenlastschrift abgewickelt werden (BTDrs 18/11495, S 146). Demgegenüber gilt das Surcharging-Verbot für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der VO 2015/751/EU anwendbar ist. Umfasst sind damit jedenfalls alle Debit- und Kreditkarten, die Verbrauchern von einem sog Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgestellt werden (BTDrs 18/11495, S 146), worunter gängige Kreditkarten wie VISA und Mastercard fallen, nicht hingegen American Express (Buchmüller/Burke MMR 17, 729; vgl dazu auch BTDrs 18/11495, S 146 f; zum Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren mit Co-Branding-Partner EuGH Rs C-304/16; dazu Omlor JuS 18, 903). Ob das Surcharging-Verbot auch auf die Nutzung anderer Zahlungsmittel, insb PayPal und Rechnungskauf, anwendbar ist, ist fraglich (dazu Buchmüller/Burke MMR 17, 728, 729 f; für die Anwendbarkeit auf die Zahlungsarten Sofortüberweisung und PayPal LG München BKR 19, 204; dazu Billing BKR 19, 238; Söbbing BKR 19, 443). Der Anwendungsbereich von § 312a IV bleibt unberührt (BTDrs 18/11495, S 146).
C. Rechtsfolge.
Rn 3
Ein Verstoß gegen das Entgeltverbot macht die Vereinbarung insofern (also nur hinsichtlich der Entgeltvereinbarung) nichtig nach § 134. Dies gilt nach den Gesetzesmaterialien auch für Umgehungskonstruktionen, wie zB bei Ermäßigungen oder anderen Anreizen für Barzahlung (BTDrs 18/11495, 146). Ein generelles Verbot von Ermäßigungen (Skonto) bei bestimmten Zahlungsarten oder Fristen kann daraus aber nicht abgeleitet werden (MüKoBGB/Krüger § 270a Rz 10; aA offenbar HP/Schmalenbach § 270a Rz 7).
D. Übergangsbestimmungen.
Rn 4
§ 270a ist auf alle Schuldverhältnisse anzuwenden, die ab dem 13.1.18 entstanden sind (Art 229 § 45 V EGBGB). Nach dem LG München (BeckRS 19, 26017) ist diese Übergangsbestimmung dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass § 270a analog Art 229 § 45 III EGBGB auf Zahlungsvorgänge auch dann anwendbar ist, wenn bei einem Schuldverhältnis, das vor dem 13.1.18 entstanden ist, erst ab diesem Zeitpunkt mit dem Zahlungsvorgang begonnen wird. Nach Vorlage des OLG München (VuR 21, 32 [OLG München 01.10.2020 - 29 U 6221/19]) sprach der EuGH aus, dass eine gegenteilige Auslegung mit der RL nicht vereinbar ist (2.12.21 – C-484/20 Vodafone, EuZW 22, 237 = ECLI:EU:C:2021:975; zur Möglichkeit einer richtlinienkonformen Auslegung HP/Schmalenbach § 270a Rz 11).