Rn 47
Zentraler Anwendungsbereich des Schadensersatzes statt der Leistung sind vertragliche Ansprüche aus § 280 I, und zwar typischerweise solche aus gegenseitigem Vertrag. Soweit in § 311a II zu Unrecht eine Anspruchsgrundlage gesehen wird (s § 276 Rn 17), kommen die Regeln auch dort zur Anwendung. Auch bei Leistungspflichten aus gesetzlichen Schuldverhältnissen kann das Erfüllungsinteresse über einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung durchgesetzt werden. Das gilt etwa für den Herausgabeanspruch gegen den auftragslosen Geschäftsführer (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 622). Anwendbar sind die einschlägigen Vorschriften auch auf Rückgewähransprüche nach Rücktritt (s § 346 IV).
Rn 48
Zudem stellt sich die Frage, inwieweit die §§ 281–283 auch bei eigenständig gebliebenen Anspruchsgrundlagen der besonderen Schuldverhältnisse zur Anwendung gelangen; zur Anwendung von § 284s § 284 Rn 4. Für eine Reihe von Fällen lässt sich dies im Blick auf die besonderen – den §§ 281–283 tlw äquivalenten – Anspruchsvoraussetzungen verneinen; das gilt insbes für §§ 523 II 1, 524 II 2, 651n. Bei den besonderen Regelungen des Kündigungsschadens § 628 II, § 89a II HGB handelt es sich letztlich um Sonderfälle des (auf die Zukunft beschränkten) Schadensersatzes statt der ganzen Leistung (s § 281 Rn 31), von dessen Voraussetzungen das jeweils nicht geschriebene Erfordernis der Abmahnung § 281 III und nicht (etwa wegen einer Akzessorietät dieser Ansprüche zur Kündigung) § 314 II 1 entnommen werden kann (anders die Vorauflagen). Der Ersatz des Kündigungsschadens unter § 314 selbst ergibt sich freilich aus §§ 280 ff (s § 314 IV).
Rn 49
Ein Durchschlagen der §§ 281–283 auf die Tatbestände des besonderen Schuldrechts kommt insbes dort in Betracht, wo ein Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung entspr § 326 aF auf den Verzug des Schuldners gestützt wird, namentlich bei § 536a Var 3 sowie §§ 375 II, 376 HGB. Hier stellt sich jeweils die Frage, wie wörtlich diese Voraussetzung nach der Änderung des allgemeinen Schuldrechts noch zu nehmen ist. Für § 536a Var 3 ist davon auszugehen, dass die Vorschrift mit ihren ggü §§ 281–283 schwächeren Anforderungen eine zusätzliche – mietrechtliche – Ausnahme vom Fristsetzungserfordernis nach § 281 I 1 begründet; das Merkmal Verzug ist mithin auch zukünftig im technischen Sinne zu lesen. Bei § 376 HGB beschränkt sich die Funktion des Verweises auf § 286 auf das dadurch begründete Erfordernis des Vertretenmüssens (Hopt HGB § 376 Rz 11). Damit aber weicht § 376 I 1 HGB hinsichtlich der Voraussetzungen des Schadensersatzes nicht von der Lösung ab, welche sich richtigerweise nach §§ 280, 281 ohnehin ergibt (s zum Fixgeschäft § 281 Rn 20; wie hier Hopt HGB § 376 Rz 11). Merkwürdig mutet der trotz der Änderung der Vorschrift in § 375 II HGB verbliebene Verweis auf den Verzug an, zumal dieser für den Rücktritt zu einem sachlich nicht erklärlichen Verbleiben bei der Lösung des § 326 aF einschl des Erfordernisses des Vertretenmüssens führen würde. Richtigerweise ist daher der Verweis auf den Verzug nicht technisch, sondern iSe Ausbleibens der Bestimmung zur gebotenen Zeit zu verstehen (anders offenbar Hopt HGB § 375 Rz 6).
Rn 50
Sehr umstr ist die Frage, ob die §§ 281–283 auch auf dingliche Ansprüche, insbes § 985, angewandt werden können (dafür Gebauer/Huber ZGS 05, 103 ff [soweit § 990 II die Sperrwirkung der Regeln des Eigentümerbesitzerverhältnisses einschränkt]; dagegen Gursky Jura 04, 433 ff sowie Katzenstein AcP 206 [2006] 96 ff). Eine Anwendung, insb von § 281, sollte die Risiko- und Haftungsverteilung der §§ 985 ff berücksichtigen (zurückhaltend MüKo/Baldus § 985 Rz 79). Freilich ist die Streitfrage nur dort von praktischer Bedeutung, wo dem Gläubiger der Übergang vom Rückgewähr- zum Schadensersatzanspruch nicht ohnehin offen steht (für die Anwendung auf den verklagten oder bösgläubigen Besitzer dementsprechend BGH NJW 16, 3235; s.a. BeckOK-BGB/Fritzsche § 985 Rz 30). Auf den Rückgabeanspruch des Vermieters nach § 546 I etwa finden die §§ 281–283 richtigerweise Anwendung mit der Konsequenz, dass das Schadensersatzverlangen nicht nur den Erfüllungsanspruch nach § 281 IV ausschließt, sondern zugleich bewirkt, dass dem Mieter aus dem ablaufenden Mietverhältnis ein Recht zum Besitz iSv § 986 I entsteht (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 622). Dasselbe gilt etwa in den Fällen der §§ 818 IV, 819; §§ 280 ff zählen zu den allgemeinen Vorschriften iSd Regelung (s BGH NJW 00, 1032 [BGH 26.11.1999 - V ZR 302/98]; offen Jauernig/Stadler § 818 Rz 46). Eine Anwendung auf § 1004 I 1 lehnt der BGH ab (BGHZ 236, 369), was angesichts der Anwendung auf § 985 (BGH NJW 16, 3235) inkonsequent ist.