Rn 32
§ 281 I 3 enthält eine Regelung für den Fall, dass der Schuldner die ›Leistung nicht wie geschuldet bewirkt‹. Ausgeschlossen ist der Schadensersatz statt der ganzen Leistung in diesen Fällen nur dann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist; dadurch legt das Gesetz die Latte erheblich niedriger als in § 281 I 2. Über die Unerheblichkeit ist durch eine umfassende Abwägung der beteiligten Interessen – auch der des Schuldners – zu entscheiden (BGH NJW 13, 1431 Rz 41). Die Schwelle ist jedenfalls deutlich höher anzusetzen als bei § 459 I 2 aF (Ddorf MDR 06, 442, 443; Bambg DAR 06, 456; Reinking/Eggert Autokauf Rz 1440). Anwendungsfälle der Unerheblichkeit sind gleichwohl selten: Der Maßstab ist objektiv, wobei zu fragen ist, ob Marktteilnehmer in Kenntnis der Mangelhaftigkeit vom Vertrag typischerweise Abstand nehmen würden (BGH NJW 09, 508 [BGH 05.11.2008 - VIII ZR 166/07]; restriktiver Jud Schadensersatz bei mangelhafter Leistung 297 f [›Was kein vernünftiger Mensch als Mangel empfindet‹]; zu ersten öst Entscheidungen s Jud GPR 06, 72f). Genannt werden etwa Mängel an leicht austauschbaren Zubehörteilen oder Ausstattungsgegenständen (s Grüneberg/Grüneberg § 281 Rz 48). Für den Gebrauchtwagenkauf soll Unerheblichkeit jedenfalls dann vorliegen, wenn die Beseitigungskosten 10 % des Kaufpreises nicht überschreiten (Bambg DAR 06, 456, 458) oder wenn die Seitentüren in optisch kaum wahrnehmbarer Weise nicht bündig schließen (Ddorf MDR 06, 442, 443). Komfortmängel von KfZ sind als solche hingegen nicht unerheblich (Ddorf NJW-RR 08, 1230 [OLG Düsseldorf 18.01.2008 - I-17 U 2/07] [ruckelndes Automatikgetriebe]). Der deutlich wahrnehmbar schiefe Einbau einer Küche ist ebenfalls nicht unerheblich (BGH NJW 13, 1431 [BGH 07.03.2013 - VII ZR 162/12] Rz 42). Erhebliche Mängel sind hingegen etwa ein Kraftstoffmehrverbrauch des gekauften KfZ von mehr als 10 % (BGHZ 136, 94) oder die unterbliebene Montage der Kaufsache (vgl § 434 IV [§ 434 Rn 67 f] sowie BGH NJW 98, 3197). Eine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist schließlich bei arglistiger Täuschung über das Vorhandensein eines Mangels idR zu verneinen (BGH NJW 06, 1960 [BGH 24.03.2006 - V ZR 173/05]).
Rn 33
Die von § 281 I 3 erfassten Fälle sind als partielle Störungen an sich auch von § 281 I 2 erfasst, jedoch geht S 3 für die Fälle der Mangelhaftigkeit der erbrachten Leistung als lex specialis vor. Hauptanwendungsbereich von § 281 I 3 sind Sach- und Rechtsmängel bei Kauf- und Werkvertrag. Anders als § 323 V 2 beruht die Vorschrift freilich nicht auf RL-Vorgaben, sondern dient lediglich der systematischen Kohärenz, die ansonsten auf dem Umweg über § 325 erzwungen würde. Das gilt auch für die in § 434 erfassten Fälle der Lieferung einer anderen Sache (Abs 5) oder einer zu geringen Menge (Abs 1 S 2 und Abs 3 S 2), die durch diese Vorschrift dem Regime von § 281 I 2 entzogen werden (aA Heiderhoff/Skamel JZ 06, 383, 389). Dasselbe soll für Fälle der Verletzung leistungsbezogener Nebenpflichten gelten (vgl BGH NJW 10, 2503 [BGH 10.03.2010 - VIII ZR 182/08] Rz 18, zweifelhaft).