Rn 7
Die Aufwendungen (s hierzu Rn 2) müssen im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht worden sein. Das Vertrauen des Gläubigers ist notwendiges Glied des Kausalnexus zwischen der aufgrund der Pflicht des Schuldners erwarteten Leistung und den Aufwendungen. Hätte der Gläubiger die Aufwendung(en) ohnehin gemacht, erhält er sie nicht erstattet. Außerdem müssen das Schuldverhältnis und der maßgebende Zweck zum Zeitpunkt der Tätigung der Aufwendungen bereits bestanden haben (Jauernig/Stadler § 284 Rz 5; s BGH NJW 99, 2269) oder jedenfalls ein berechtigtes Vertrauen in den – später erfolgten – künftigen Vertragsschluss bestanden haben, wobei es nicht darauf ankommt, dass der künftige Vertragspartner bereits feststeht. Aufwendungen eines Maklers geschehen nicht im berechtigten Vertrauen auf die Provision; bei arglistiger Täuschung durch den Auftraggeber ist aber eine Analogie zu § 284 erwägenswert. Aufwendungen zur Mängelbeseitigung erfolgen nicht im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung; eine diesbezügliche Analogie zu § 284 scheidet aus (BGH NJW 08, 2837 [BGH 15.07.2008 - VIII ZR 211/07]).
Rn 8
Erforderlich ist ferner die Verfehlung des mit den Aufwendungen verbundenen Zwecks (Vergeblichkeit der Aufwendung). Unschädlich ist dabei, dass der Gläubiger iRv Rücktritt oder Schadensersatz statt der ganzen Leistung den Zweck selbst aufgibt. Die Zwecksetzung muss bei Vertragsschluss respective dem sonstigen Entstehen der Pflicht bereits vorliegen; eine spätere Zwecksetzung genügt nicht. Sie muss nicht Gegenstand des Vertrages geworden sein, jedoch können fehlende Adäquanz oder Nichterfassung des Zwecks vom Schutzzweck der verletzten Pflicht den Aufwendungsersatz ausschließen: Verwendungszwecke fern jeder Lebenserfahrung, die nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden sind, begründen keinen Aufwendungsersatzanspruch. In Abweichung von der Rentabilitätsvermutung stellt § 284 auch Aufwendungen für immaterielle Zwecke ersatzfähig. Insoweit enthält die Vorschrift eine geschriebene Ausnahme zu § 253, weil mit Aufwendungen für einen immateriellen Zweck ein immaterieller Schaden ersetzt wird (Grundmann AcP 204 [2004] 569, 598 ff; weitergehend Stoppel AcP 204 [2004] 87, 114 [§ 284 führt immer zu einem immateriellen Schaden]). Für einen weiteren Ausbau des Schutzes immaterieller Leistungsinteressen Wagner djt-Gutachten 2006 D IV 1; ihm folgend Staudinger NJW 06, 2433, 2434. § 284 ist jedoch nicht auf immaterielle Zwecke beschränkt (BGH NJW 05, 2848, 2850 [BGH 20.07.2005 - VIII ZR 275/04]). Zu den erfassten Zwecken gehören abw von den Regeln der Rentabilitätsvermutung (s BGH NJW-RR 06, 1309, 1310 [BGH 13.06.2006 - X ZR 167/04] Rz 23f) auch erwartete Erträge aus Folgegeschäften.
Rn 9
Ersetzt werden nur solche Aufwendungen, die der Gläubiger billigerweise machen durfte. Art und Umfang müssen in einer vernünftigen Relation zur erwarteten Leistung stehen. Für überzogene Aufwendungen kann grds kein Aufwendungsersatz verlangt werden (aA Canaris JZ 01, 499, 517 [Entscheidungsfreiheit des Gläubigers]); das ergibt sich bereits aus der Wertung von § 254. Dieser Wertung entspricht es auch, dass unbillig hohe Aufwendungen nicht zum gänzlichen Ausschluß, sondern zu einer Reduzierung auf das von der Billigkeit gedeckte Maß führen (MüKo/Ernst § 284 Rz 25). Soweit der Gläubiger aus den Aufwendungen bereits Vorteile gezogen hat, sind diese auszugleichen. Das gilt etwa für die Nutzung von Fahrzeugzubehör, welches in ein später wegen Mangelhaftigkeit zurückgegebenes Fahrzeug eingebaut worden ist (BGH NJW 05, 2848, 2850). Ob solche Gebrauchsvorteile nur bezogen auf die Aufwendungen selbst zu berechnen sind oder die Nutzungsvergütung sich etwa als anteilige Nutzungsvergütung aus der gesamten schuldnerischen Leistung ergibt, ist offen (BGH NJW 05, 2848, 2850; Gsell NJW 06, 125, 127 [BGH 20.07.2005 - VIII ZR 275/04] zu weiteren Einzelheiten).
Rn 10
Hätten die Aufwendungen ihren Zweck ohnehin verfehlt, sind sie nicht zu erstatten, § 284 Hs 2. Wären sie also ohnehin verloren gewesen, weil der Gläubiger ein Verlustgeschäft gemacht hat, sollen sie nicht ersetzt werden (NK/Arnold § 284 Rz 33). Das entspricht der Widerleglichkeit der herkömmlichen Rentabilitätsvermutung. Die Beweislast trägt der Schuldner (Gsell NJW 06, 125). Ob die Aufwendungen oder die durch sie erworbenen Gegenstände für den Gläubiger anderweit verwendbar wären, ist nicht etwa ohne Bedeutung (so aber BGH NJW 05, 2848, 2850 [BGH 20.07.2005 - VIII ZR 275/04]), vielmehr führt die anderweitige Verwendung zu einem auszugleichenden Vorteil des Gläubigers (s Rn 2). So sind bei vertragswidriger Nichtbeförderung von Tauchausrüstung, die geplante Tauchgänge am Urlaubsort verhindert, nicht die gesamten Reisekosten vergebliche Aufwendungen, sondern nur insoweit, als ein Reisender den Reisepreis für eine (fiktive) Tauchreise mit Blick auf vorenthaltene Tauchmöglichkeiten mindern könnte (BGH NJW 16, 491 [BGH 13.10.2015 - X ZR 126/14] Rz 31).