Rn 7
Der Anspruch muss voll wirksam und durchsetzbar sein. Hat der Schuldner eine dauernde (zerstörende) oder aufschiebende (hemmende) Einrede (etwa §§ 214, 379, 438 IV 2, 771, 821, 853, 2014f), dann tritt Verzug grds nicht ein (BGHZ 104, 6, 11; Jauernig/Stadler § 286 Rz 13). Der Schuldner muss sich jedoch spätestens im Prozess auf die Einrede berufen; andernfalls bleibt sie unberücksichtigt (offen gelassen in BGHZ 113, 232, 236; wie hier H. Roth Einrede des Bürgerlichen Rechts 157 ff). Einzelheiten sind umstr (s Grüneberg/Grüneberg § 286 Rz 12).
Rn 8
Besonderheiten gelten für die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 I 1: Beim gegenseitigen Vertrag tritt automatisch für keine Partei Leistungsverzug ein, solange sie nicht vorleistungspflichtig ist und die andere Partei die ihr obliegende Leistung nicht bei der Mahnung anbietet (BGH NJW 87, 251, 252 [BGH 01.10.1986 - VIII ZR 132/85]; BGH NJW-RR 03, 1318 [BGH 23.05.2003 - V ZR 190/02]; OLGR Düsseldorf 06, 217f). Diese Lösung entspricht auch der Zahlungsverzugsrichtlinie (Freitag EuZW 98, 559, 561; anders AnwK/Schulte-Nölke Verzugs-RL Art 3 Rz 22, Gsell ZIP 00, 1861, 1866; Huber JZ 00, 957, 958). Das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 muss der Schuldner dagegen regelmäßig ausüben, um den Eintritt des Verzugs zu verhindern (RGZ 77, 436, 438; Ddorf ZMR 88, 304; Jauernig/Stadler § 280 Rz 13); richtigerweise ist dies jedoch bei gegenläufigen Pflichten aus demselben Vertrag nicht erforderlich (NK/Schmidt-Kessel § 274 Rz 6; der Sache nach auch BGH NZM 14, 763 [BGH 04.07.2014 - V ZR 229/13] Rz 11). Ein solches Zurückbehaltungsrecht steht dem Schuldner etwa zu, wenn er nur deswegen verspätet zahlt, weil er zunächst die Rückabwicklung einer vom Gläubiger verursachten Fehlüberweisung abwartet (OLGR Schleswig 06, 705).
Rn 9
Nach weit überwiegender Auffassung hindern außerdem Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit den Verzugseintritt (BGH NJW 88, 251, 252 [BGH 16.09.1987 - IVb ZR 27/86]; Grüneberg/Grüneberg § 286 Rz 12). Tritt Unmöglichkeit während des Verzuges ein, so endet dadurch nach hA der Verzug. Für die Zeit bis zur Verzugsbeendigung gelten die Vorschriften über den Verzug, danach die Normen zur Unmöglichkeit. Freilich sind nach neuem Schuldrecht Zweifel angebracht, ob es in Fällen dieser Art auf die Verzugsvoraussetzungen nach § 286 tatsächlich nicht mehr ankommt. Das gilt insbes für die Frage der Ersatzfähigkeit von Verzögerungsschäden. Die betreffenden Pflichten, die bei § 275 gerade nicht erlöschen (s § 275 Rn 14, 15), haben hier im Blick auf Leistungsverspätungen nur einen bestimmten Schutzzweck, welcher den Ersatz derartiger Schäden nur dann gestattet, wenn die Pflichtverletzung hinreichend qualifiziert ist. Das muss richtigerweise auch für Fälle gelten, in denen der Verspätungsschaden entsteht, nachdem der Schuldner nach § 275 nicht mehr erfüllen muss. Insoweit gehört die Möglichkeit der Leistung nicht zu den Verzugsvoraussetzungen (Schlechtriem/Schmidt-Kessel Schuldrecht AT Rz 660). Ist etwa ein PKW verkauft worden, der vor der Lieferung auf Grund von Fahrlässigkeit des Verkäufers untergeht, sind die Kosten für die vorübergehend erforderliche Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur ersatzfähig, wenn die Voraussetzungen von § 286 vorliegen. Zu Nutzungsausfallschäden (s § 280 Rn 31).