Rn 2
Der frühere gesetzliche Zinssatz von 4 % führte zu missbräuchlichem Verhalten seitens der Schuldner, die hiermit besser standen als bei Inanspruchnahme eines tatsächlichen Kredits (Grüneberg/Grüneberg § 288 Rz 2); I wirkt dem entgegen. Der Anspruch aus Abs I erfordert nicht, dass er zusammen mit der Hauptforderung erhoben wird, sondern er kann selbständig mit einer nachfolgenden Klage geltend gemacht werden; die grds Abhängigkeit vom Bestehen der Hauptforderung hindert dies nicht (BAG AP ZPO § 322 Nr 41 Rz 17).
Rn 3
Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Geldschulden jeder Art (s §§ 244, 245 Rn 8 ff), auch auf einen auf die Herausgabe von Geld gerichteten Anspruch aus § 667 Alt 2 (BGH NJW 05, 3709 [BGH 15.09.2005 - III ZR 28/05]) sowie auf die Pflicht zum Kostenvorschuss iRd Mängelbeseitigung nach § 637 III und nach § 13 Nr 5 VOB/B (BGHZ 77, 60, 62); die Zinsen können nicht in die Abrechnung des Vorschusses einbezogen werden (BGHZ 94, 330, 333). Auch Schadensersatz- sowie Rückforderungsansprüche (§ 346) sind zu verzinsen (Rostock 11.7.07, 6 U 2/07 nv Rz 7) und ebenso Bereicherungsansprüche bei verschärfter Haftung des Bereicherungsschuldners (BGH NJW-RR 07, 557 [BGH 01.02.2007 - IX ZR 96/04] und BAG BeckRS 14, 68696 [jeweils für § 143 I InsO]); gleiches gilt für die Unterhaltsschuld (BGH NJW 08, 2710). Bei verzögerter Freigabe eines hinterlegten Geldbetrags findet § 288 entspr Anwendung (BGHZ 167, 268; BeckRS 17, 131672). Der Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist hingegen nicht umfasst (BGH NJW 05, 2310, 2312) und ebensowenig die Verpflichtung zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung (BGHZ 196, 1 [auch keine Analogie]). Hinsichtlich eines auf Gehalt gerichteten Anspruchs ist der gesamte Bruttobetrag zu verzinsen (BAG GrS NJW 01, 3570; aA Löwisch RdA 02, 182 [BAG 07.03.2001 - GS - 1/00]; Hanau AP BGB § 288 Nr 4); Lohnersatzleistungen sind allerdings abzuziehen (Grüneberg/Grüneberg § 288 Rz 6). Abs I gilt nicht für die Schenkung (§ 522 Rn 1) und wegen der gesonderten Regelung in Art 48 WG nicht für Wechselunkosten und Provision (BGH NJW 77, 1396). Die Verzinsung eines materiell-rechtlichen Erstattungsanspruchs von Gerichtskosten kommt wegen des Vorrangs des prozessualen Erstattungsanspruchs nicht in Betracht (BGH NJW 23, 2716 [BGH 26.04.2023 - VIII ZR 125/21]). Für § 20 GmbHG, der eine eigene Rechtsgrundlage für Zinsen im Falle der versäumten Zahlung von Stammeinlagebeträgen enthält, ist Abs I 2 ebenfalls nicht maßgeblich. Vielmehr ist § 20 GmbHG im Blick auf den Zweck der Vorschrift korrigierend iS eines Verweises auf den Fälligkeitszinssatz von 4 % iSd § 246 auszulegen (Brandbg MDR 01, 588 [OLG Brandenburg 17.01.2001 - 7 U 151/00]; Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 20 Rz 6; Michalski/Ebbing § 20 Rz 30; Roth/Altmeppen § 20 Rz 11; aA Wachter GmbHR 02, 665, 667 und wohl auch Rowedder/Schmidt-Leithoff/Pentz § 20 Rz 9; s.a. § 246 Rn 1). § 20 GmbHG dient insoweit nicht dem Ausgleich eines pauschalierten Schadens, sondern der Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung (s FG Mecklenburg-Vorpommern DStRE 99, 667, 668 [FG Mecklenburg-Vorpommern 16.03.1999 - 2 K 129/97]). Zu öffentlich-rechtlichen Ansprüchen s § 286 Rn 3.
Rn 4
Die nach Abs I 2 zu bestimmende Zinshöhe knüpft an den Basiszinssatz, und zwar trotz des insoweit fehlenden Verweises an den jeweiligen Basiszinssatz an (Grüneberg/Grüneberg § 288 Rz 7); sie ist damit variabel. Ein auch auf die Zahlung künftiger Zinsen gerichteter Klageantrag oder Tenor lautet daher wie folgt: ›… nebst Zinsen iHv fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem …‹ (Reichenbach MDR 01, 13; vgl BGH NJW-RR 13, 511). Die eventuelle Verwendung des Begriffs ›Prozente‹ ist in diesem Zusammenhang nach den Grundsätzen des § 133 iSd richtigen Begriffs ›Prozentpunkte‹ auszulegen (BGH NJW-RR 13, 511 [BGH 07.02.2013 - VII ZB 2/12] Rz 12). Zur Höhe des Basiszinssatzes s § 247 Rn 3.