Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud
Rn 1
Hat der Gläubiger erklärt, die Leistung nicht anzunehmen oder muss er an der Leistung mitwirken, ist die tatsächliche Andienung des Leistungsgegenstandes nicht erforderlich; es reicht ein wörtliches Angebot (HP/Lorenz § 295 Rz 1; MüKoBGB/Ernst § 295 Rz 1). Das wörtliche Angebot dokumentiert die Leistungsbereitschaft des Schuldners ggü dem Gläubiger in hinreichender Art und Weise. Hinter dieser Ausnahmeregel steht der Gedanke, dass dem Schuldner ein tatsächliches Angebot nur dann zuzumuten ist, wenn er nach den Umständen davon ausgehen kann, dass seine Leistung auch angenommen wird. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Gläubiger die Annahme der Leistung bereits abgelehnt hat und zu ungewiss, wenn es seiner Mitwirkung bedarf (Staud/Feldmann § 295 Rz 1).
Rn 2
Voraussetzung ist freilich auch iRd § 295, dass der Schuldner zur Leistung bereit und im Stande ist (BGH NJW 03, 1601 [BGH 19.12.2002 - VII ZR 440/01]; BAG NJW 75, 1336 [BAG 18.12.1974 - 5 AZR 66/74]). Bei Gattungsschulden ist allerdings eine vorherige Aussonderung nicht erforderlich (BGH WM 75, 920; Grüneberg/Grüneberg § 295 Rz 3; Staud/Feldmann § 295 Rz 19). Ohne Aussonderung geht allerdings die Gefahr nicht auf den Gläubiger über (§ 300 Rn 7).
Rn 3
Anders als das tatsächliche Angebot (vgl § 294 Rn 2) ist das wörtliche Angebot eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung (Huber Leistungsstörungen I § 9 I 2), auf die die §§ 130 ff Anwendung finden (Grüneberg/Grüneberg § 295 Rz 1; Erman/Hager § 295 Rz 2; MüKoBGB/Ernst § 295 Rz 2; HP/Lorenz § 295 Rz 6). Das Angebot bedarf keiner Form, kann daher ausdrücklich oder schlüssig erfolgen. Es ist auch in einem Klageantrag Zug-um-Zug enthalten (Niemeyer/König NJW 13, 3213, 3215).
Rn 4
Das wörtliche Angebot kann grds nur vom Schuldner selbst abgegeben werden. Ein Dritter ist dazu nur unter den Voraussetzungen der §§ 268, 1150, 1249 befugt (RGZ 83, 393; HP/Lorenz § 295 Rz 7; Staud/Feldmann § 295 Rz 28; Soergel/Schubel § 295 Rz 3; MüKoBGB/Ernst § 295 Rz 3).