Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud
Gesetzestext
Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 298 ist eine Sonderreglung des Gläubigerverzugs für Zug-um-Zug-Leistungen. Er setzt das Nichtanbieten der verlangten Gegenleistung der Annahmeverweigerung der Leistung gleich. Geregelt wird nicht der Leistungsverzug des Gläubigers hinsichtlich der von ihm dem Schuldner geschuldeten Leistung, sondern sein Annahmeverzug in Bezug auf die ihm vom Schuldner geschuldete Leistung (Staud/Feldmann § 298 Rz 1).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 298 findet nicht nur auf gegenseitige Verträge (§§ 320 ff), sondern auch auf alle sonstigen Fälle von Zug-um-Zug-Leistungen, wie zB §§ 255, 273, 285, 348, 371, 785, 797, 1144, 1223, § 812 I HGB, Anwendung, auch wenn diese lediglich Nebenleistungen darstellen wie zB §§ 368, 371 (Grüneberg/Grüneberg § 298 Rz 1; MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 1). Die zu erstattenden Kosten eines Rechtsstreits fallen dagegen nicht unter § 298. § 298 ist anzuwenden, wenn der Gläubiger im Voraus zu leisten hat, da es sich hierbei um eine über die Zug-um-Zug-Leistung hinausgehende Verpflichtung handelt (BGHZ 90, 359; MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 1; Grüneberg/Grüneberg § 298 Rz 1).
C. Voraussetzungen.
Rn 3
Voraussetzung für den Annahmeverzug des Gläubigers ist, dass der Schuldner die Leistung des Gläubigers verlangt hat, sie durch den Gläubiger aber nicht angeboten wurde. Ein ausdrückliches Verweigern durch den Gläubiger ist nicht erforderlich (Erman/Hager § 298 Rz 3; MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 2); die Art der zu verlangenden Anbietung ist nach den entspr anwendbaren §§ 294, 295 zu bestimmen und kann somit auch nur wörtlich sein (BGHZ 90, 359; Grüneberg/Grüneberg § 298 Rz 2). Ein evtl Verschulden des Gläubigers bleibt entspr § 293 unbeachtlich (MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 2; Staud/Feldmann § 298 Rz 7; HP/Lorenz § 298 Rz 5). § 299 ist in den Fällen, in denen der Gläubiger wegen des vorzeitigen Angebots des Schuldners nicht leistungsbereit ist, entspr anzuwenden (Erman/Hager § 298 Rz 3; MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 2). Zum Annahmeverzug bei Zuvielforderung des Klägers Kiehne JR 21, 137, 141 ff; BGH WM 21, 1560.
D. Rechtsfolgen und Beweislast.
Rn 4
Die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs richten sich allg nach denen des Gläubigerverzugs, §§ 300–304. Durch den Annahmeverzug des Gläubigers gerät der Schuldner seinerseits nicht in Schuldnerverzug (HP/Lorenz § 298 Rz 6). Kann der Gläubiger die geschuldete Gegenleistung aufgrund eines durch ihn zu vertretenden Umstands nicht rechtzeitig erbringen, so gerät er gleichzeitig in Schuldnerverzug, § 286 I, IV (MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 4).
Rn 5
Bringt der Schuldner den Annahmeverzug des Gläubigers iSd § 298 vor, so muss er darlegen und beweisen, dass er selbst ein ordnungsgemäßes Angebot der geschuldeten Leistung abgegeben hat. Steht dies fest, so ist es Aufgabe des Gläubigers, sein Angebot der Gegenleistung darzulegen und zu beweisen (MüKoBGB/Ernst § 298 Rz 5).