Prof. Dr. Klaus Peter Berger
a) Distanzgeschäfte.
Rn 21
Nach Nr 2 muss der Verwender in Abweichung von den §§ 145 ff (s aber § 305a) seinem Vertragspartner in zumutbarer Weise die Möglichkeit der Kenntnisnahme der AGB geben. Diese Möglichkeit (auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an, BGH NJW 02, 372 [BGH 01.03.2001 - I ZR 211/98]) ist immer gegeben, wenn der Vertragspartei die AGB ausgehändigt werden (BGH NJW 06, 1587 [BGH 11.01.2006 - VIII ZR 364/04]). Muss der Vertragspartner dagegen selbst tätig werden, um sich die AGB erst zu verschaffen, ist ihm die Kenntnisnahme in aller Regel nicht zumutbar (BGH MDR 99, 1061 [BGH 10.06.1999 - VII ZR 170/98]; HP/Becker § 305 Rz 59). Zu Lotto und Toto BGH NJW 91, 1745 [BGH 21.03.1991 - III ZR 94/89]. Zur Einbeziehung im mobilen Geschäftsverkehr Janal NJW 16, 3201.
Rn 22
Das Angebot, die AGB kostenlos zu übersenden, genügt nicht (BGH NJW-RR 99, 1246; MDR 99, 1061 [BGH 10.06.1999 - VII ZR 170/98]). Der Kunde muss aber das Recht haben, durch Individualvereinbarung auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme und damit auf die Einhaltung von Nr 2 zu verzichten (LG Braunschweig NJW-RR 86, 639 [LG Braunschweig 17.10.1985 - 7 S 128/85]; MüKo/Fornasier § 305 Rz 75). Allerdings muss der Verzicht tatsächlich individualvertraglich vereinbart worden sein. Der Kunde muss für ihn erkennbar die Möglichkeit haben, die vorherige Zusendung der AGB zu verlangen (Borges 296f). Daraus folgt zugleich, dass alle Arten von vorformulierten Klauseln, in denen der Kunde ›bestätigt‹, eine Druckfassung der AGB erhalten oder den Inhalt der AGB zur Kenntnis genommen zu haben, unwirksam sind (s § 309 Rn 97). Diese Lösung ist auch auf den Vertragsabschluss per Internet übertragbar, falls man es nicht mit der hM genügen lässt, dass die AGB durch Anklicken eines ›AGB‹-Links aufgerufen und ausgedruckt werden können (BGH BB 06, 1991 [BGH 14.06.2006 - I ZR 75/03]; Hamm NJW 01, 1142 f [OLG Hamm 14.12.2000 - 2 U 58/00]; U/B/H/Ulmer/Habersack § 305 Rz 149a).
b) Transparenzgebot als Einbeziehungsschranke.
Rn 23
Trotz der Erwähnung in der für die Inhaltskontrolle maßgeblichen Generalklausel des § 307 I 2 (§ 307 Rn 13) ist das Transparenzgebot als Einbeziehungsschranke ebenfalls in Nr 2 verortet (Schlesw NJW 95, 2858 [BGH 12.07.1995 - XII ZB 65/95]; Grüneberg/Grüneberg § 305 Rz 39). Danach werden nur solche Klauseln in den Vertrag einbezogen, die für einen Durchschnittskunden mühelos lesbar und verständlich sind und ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit sowie einen im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts vertretbaren Umfang aufweisen (BGHZ 106, 49 f; 104, 92; NJW 00, 651). Diese Anforderungen sind etwa dann nicht erfüllt, wenn eine Klausel lediglich einen Verweis auf eine nicht mit abgedruckte, gesetzliche Bestimmung enthält (›Verweisungsklausel‹) und daher nur für einen Juristen verständlich ist (Schlesw NJW 95, 2859; aA Rostock NJW 06, 3217 [OLG Rostock 29.05.2006 - 3 U 167/05]). Generell sind in AGB enthaltene Verweise auf andere Regelwerke (Staffelverweisung) nur dann zulässig, wenn die durch die Verweisung geschaffene Konstruktion nicht so komplex ist, dass sie wegen des unklaren Verhältnisses konkurrierender Regelungen für den Vertragspartner nicht mehr zu durchschauen ist (BGHZ 111, 390 f; NJW 05, 1183). Außerdem muss der Verwender dem Vertragspartner die Kenntnisnahme der verwiesenen Bedingungen nach § 305 II Nr 2 (s Rn 21) ermöglichen (BGH NJW 05, 1183); vgl zu Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen BAG NZA 09, 154 [BAG 24.09.2008 - 6 AZR 76/07] Rz 30.
c) Einbeziehung von AGB ggü sprachunkundigen Ausländern.
Rn 24
Ist Verhandlungs- und Vertragssprache Deutsch, trägt der Ausländer das Sprachrisiko (BGHZ 87, 114f). Dies gilt erst recht, wenn er sich von einem Sprachkundigen vertreten lässt (BGH NJW 95, 190; Bremen WM 73, 1228). Zur Schadensersatzhaftung des Verwenders aus § 311 II Nr 1 wegen Verletzung einer sich aus dem Transparenzgebot (§ 307 Rn 13) ergebenden Informationspflicht v Westphalen NJW 02, 14.
Rn 25
Werden die Vertragsverhandlungen in ausländischer Sprache geführt, muss auf die AGB in dieser Sprache hingewiesen und eine Übersetzung der AGB in die Verhandlungssprache übermittelt werden (BGHZ 87, 114). Ein Hinweis und eine Übersetzung in einer ›Weltsprache‹, die nicht die Verhandlungssprache ist, genügt jedenfalls ggü Verbrauchern (s.a. Rn 32) im Regelfall nicht (Frankf NJW-RR 03, 706 [OLG Köln 16.07.2002 - 15 U 18/02]; HP/Becker § 305 Rz 62). Liegen mehrere, inhaltlich voneinander abw AGB-Fassungen in verschiedenen Sprachen vor, so wird nur die mit der Verhandlungssprache übereinstimmende Fassung Vertragsinhalt (BGH NJW 86, 1819 [OLG Düsseldorf 07.03.1986 - 3 Wx 79/86]).