Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 6
Entscheidend ist, dass eine der Parteien selbst oder durch eine Hilfsperson die Einbeziehung der von ihr oder einem Dritten (Rn 7) vorformulierten Bedingungen verlangt, also ein konkretes Einbeziehungsangebot macht und auf diese Weise unter Ausschluss des anderen Teils einseitig rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt (BGHZ 130, 57; Hamm NJW-RR 99, 999). Dies kann auch durch Stempelaufdruck geschehen (Stuttgart VuR 11, 156). Vom Inhalt einer Klausel darf nicht auf die Verwendereigenschaft geschlossen werden, dh die Begünstigung einer Partei in der Klausel führt nicht dazu, dass diese Klausel als von dieser Partei gestellt anzusehen ist (BGHZ 130, 57; NJW 10, 1131). Ein ›Stellen‹ vorformulierter Vertragsbedingungen ist auch dann nicht gegeben, wenn deren Einbeziehung sich als freie Entscheidung desjenigen darstellt, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird (vgl BGH NJW 16, 1230 [BGH 20.01.2016 - VIII ZR 26/15] Rz 25; 10, 1131; 97, 2034, s.a. unten Rn 11 ff). Verlangen beide Parteien unabhängig voneinander die Einbeziehung derselben AGB, sind diese nicht einseitig gestellt (Köln NJW 94, 59; W/L/P/Pfeiffer § 305 Rz 32).
Rn 7
Bedient sich der Notar oder Wirtschaftsprüfer, der nicht im Lager einer der Parteien steht, eines vorformulierten Klauselwerkes, so fehlt es am Merkmal des Stellens (BGH NJW 92, 2817 [BGH 12.06.1992 - V ZR 106/91]). ›Drittbedingungen‹ sind nur dann von einer Partei gestellt, wenn das Stellen durch den Dritten einer Partei zuzurechnen ist (BGH NJW 17, 1540 Rz 11), etwa weil ihm die entspr Klausel oder das Formular von einer Partei zur Verfügung gestellt wurde (BGHZ 83, 58), weil er in ihrem Auftrag handelt (BGH NJW 95, 2034), als ›Hausnotar‹ regelmäßig für eine Partei (Bauträger) tätig ist (BGHZ 118, 239; NJW 85, 2477) oder eine Klausel übernimmt, die eine Partei ständig verwendet (Köln VersR 00, 730; Grüneberg/Grüneberg § 305 Rz 12). § 310 III Nr 1 fingiert für Verbraucherverträge das Tatbestandsmerkmal des ›Stellens‹, s § 310 Rn 8. Bei einem über die Plattform eBay geschlossenen Kaufvertrag sind die eBay-AGB im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer in die Auslegung ihrer Willenserklärungen einzubeziehen (BGHZ 149, 129, 135f; NJW 23, 918 Rz 16).
Rn 8
Gestellt sind AGB auch in den Fällen des ›vorauseilenden Gehorsams‹ des Vertragspartners, der in der Erwartung, der Verwender werde dem Vertragsschluss entspr seiner üblichen Praxis und seiner Marktmacht nur unter Einbeziehung seiner AGB zustimmen, diese Bedingungen von vornherein in sein Angebot aufnimmt (BGH NJW 97, 2043 [BGH 04.03.1997 - X ZR 141/95]; Erman/Roloff § 305 Rz 12). Besorgt ein Mieter auf Wunsch des Vermieters ein vermieterfreundliches Mietvertragsformular, wird der Mieter dadurch nicht zum Verwender (BGH NJW-RR 18, 843 [BGH 08.05.2018 - VIII ZR 200/17] Rz 11)
Rn 9
Gestellt ist eine Vertragsbedingung auch dann, wenn der Kunde befugt ist, in der Klausel unselbstständige Ergänzungen vorzunehmen. Unselbstständig ist die Ergänzung immer dann, wenn sich die Unangemessenheit der Klausel unabhängig vom Inhalt der Ergänzung (Name, Mindestbeträge, Vertragsbeginn usw) nur aus dem vorformulierten Teil der Klausel ergibt (BGHZ 102, 158; 99, 205; HP/Becker § 305 Rz 18). Selbstständige Ergänzungen sind gestellt, wenn dem Kunden zwar scheinbar die Auswahl zwischen mehreren Ergänzungsmöglichkeiten gelassen wird, dieser aber durch den iÜ vorformulierten Vertragstext oder durch den Verwender bzw dessen Mitarbeiter so stark in seiner Entscheidungsfreiheit begrenzt wird, dass seine Wahlfreiheit hinter dem vorformulierten Text zurücktritt (BGH NJW 98, 1066 f; 96, 1676 [BGH 07.02.1996 - IV ZR 16/95]). Dies gilt dann, wenn der Verwendergegenseite nur eine eng begrenzte Zahl von Alternativen für die Vertragslaufzeit vorgegeben wird (BGH NJW 98, 1066 [BGH 13.11.1997 - X ZR 135/95]). Hat die Vertragspartei dagegen die freie Auswahl, kann auch ein Aushandeln iSv I 3 gegeben sein, s Rn 11. Zur Nicht-Wahrnehmung einer in AGB vorgesehenen Ankreuzoption BGH NJW 13, 2583 [BGH 20.06.2013 - VII ZR 82/12].