Prof. Dr. Klaus Peter Berger
1. Allgemeine Grundsätze.
Rn 35
Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (Leistungsbeschreibungen) sind ebenso wie Vereinbarungen über das vom anderen Teil zu erbringende Entgelt (Rn 37) der Inhaltskontrolle entzogen (BGH NJW 19, 2997 [BGH 11.07.2019 - VII ZR 266/17] Rz 19; 23, 2338 Rz 10; BAG NJW 23, 3738 Rz 23). Dieser Ausnahmebereich ist eng gefasst. Leistungsbeschreibungen sind nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen (Kataloge, Beschaffenheitsvereinbarungen usw), ohne die also mangels Bestimmbarkeit oder Bestimmtheit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH NJW-RR 23, 1092 Rz 13). Dies gilt etwa für die ›Ankaufsgarantie‹ in einem Rahmenvertrag zwischen Leasinggesellschaft und Vertragshändler (BGH ZIP 14, 1077), die automatische Erweiterung des Datenvolumens beim Mobilfunkvertrag (BGH NJW 18, 534) oder die Prämienausgestaltung in Vielfliegerprogrammen (BGH NJW 15, 687 Rz 29). Kontrollfähig sind dagegen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren (BGH NJW-RR 23, 1092 Rz 13; NJW 01, 2636 [BGH 12.06.2001 - XI ZR 274/00]; BAG NJW 23, 2899 [BAG 25.04.2023 - 9 AZR 187/22] Rz 14), sowie alle Bestimmungen (Hauptleistungspflichten, Nebenpflichten aus §§ 241 II, 242), die durch dispositives Recht ersetzt werden könnten, wenn die Parteien sie nicht getroffen hätten (BGH NJW 03, 2015 [BGH 24.10.2002 - I ZR 3/00]; HP/H. Schmidt § 307 Rz 82). Dies gilt etwa für Einschränkungen des Zugangs zu Provider- und Webhostingverträgen, Mobilfunkdienstleistungen und Online-Banking-Systemen (BGH NJW 01, 751 [BGH 12.12.2000 - XI ZR 138/00]); für Stornierungsbedingungen bei Personenluftbeförderungsvertrag abw von § 648 nF/§ 649 aF (BGH NJW 18, 2039 [BGH 20.03.2018 - X ZR 25/17] Rz 17). Bei Garantiezusagen ist nur deren Kernbereich (Garantiezeit, Garantieleistung) kontrollfrei, Garantiebeschränkungen sind dagegen unabhängig von ihrer Formulierung kontrollfähig (BGH NJW 11, 3510 [BGH 06.07.2011 - VIII ZR 293/10]; 09, 3714 [BGH 14.10.2009 - VIII ZR 354/08]; 08, 214 [BGH 17.10.2007 - VIII ZR 251/06]; MüKo/Wurmnest § 307 Rz 16). Welche Pflichten das Wesen des Vertrags charakterisieren, ist durch Auslegung der Parteivereinbarungen zu ermitteln (BGH NJW-RR 23, 1092 Rz 14). S zu Gültigkeitsbefristungen BGH NJW 01, 2635; Köln CR 01, 232; allg zu Laufzeitregelungen BGHZ 127, 41; Grüneberg/Grüneberg § 307 Rz 44. Im Arbeitsrecht sind kontrollfrei in Bezug genommene Tarifverträge (§ 310 IV 3, BAG NZA 18, 1344 [BAG 27.06.2018 - 10 AZR 290/17] Rz 29), ferner zB die Beendigungsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag und eine Abfindungsvereinbarung, nicht aber die Verlängerung der Kündigungsfrist (BAG NJW 18, 891 Rz 29f).
2. Preis(neben)abreden.
Rn 36
Aus dem oben Gesagten folgt, dass Abreden über den Preis, also die für vertraglich vereinbarte Hauptleistungen zu zahlende Vergütung, mangels gesetzlicher Fixierung nicht kontrollfähig sind (BGH NJW 22, 2614 Rz 41; WM 15, 637; 02, 70; NJW 00, 577 (Zinsen); ZIP 20, 1352 (Bereitstellungsprovision); BGHZ 116, 119 (Werklohnabrede); Nobbe WM 08, 185). Hierzu zählen auch Klauseln, die den Preis indirekt dadurch bestimmen oder bestimmbar machen, dass sie für die Preisfindung maßgebliche Faktoren festlegen (BGH NJW 01, 2636 [BGH 12.06.2001 - XI ZR 274/00]) oder ein Nachbewertungsrecht vorsehen (BGH NJW 01, 2401 [BGH 26.01.2001 - V ZR 452/99] zu Verträgen mit der Treuhandanstalt; anders bei Freistellungsklausel im Restitutionszusammenhang, BGH NJW-RR 04, 263 [BGH 14.11.2003 - V ZR 144/03]). Kündigungsentgeltklauseln sind in einem preisregulierten Markt auch dann nicht kontrollfähig, wenn die Regulierung durch behördliche Genehmigung erfolgt (BGH NJW 07, 3344; NJW 98, 3188). Liegen gesetzliche Preisregelungen (feste Sätze oder Rahmengebühren) vor, unterliegt die Klausel dagegen der Inhaltskontrolle (BGHZ 115, 391; NJW 92, 746; 20, 2726 zu § 41 II ZKG). Das Gleiche gilt für Fälligkeits- und sonstige Zahlungsklauseln, bei deren Fehlen dispositives Gesetzesrecht gelten würde (Preisnebenabreden) wie Klauseln über Preisänderungen (BGH WM 83, 731), Zahlungsbedingungen, Zinsanpassungsklauseln (BGHZ 93, 255; Hamm WM 03, 1170; BGH NJW 23, 2183 Rz 44), Preisanpassungs- (›Spannungs‹)klauseln (BGH NJW 14, 3508; 14, 2708; 14, 2715), Fälligkeits- und Wertsicherungsklauseln (BGHZ 81, 242), Kostenerhöhungsklauseln/Kostenelementeklauseln (BGH NJW 07, 1054; NJW-RR 05, 1717), die Vereinbarung besonderer Preiszuschläge (BGHZ 93, 361), Klauseln, die Höhe und zugleich Voraussetzungen des Entstehens des Anspruchs regeln (BGHZ 93, 365), Erhöhungsvorbehalte nach § 651f (BGH NJW 03, 508 zu § 651a IV aF), Skonti und Rabatte (BGH NJW 94, 1063), Wertstellungsklauseln (BGHZ 106, 263). Kontrollfähig ist der Verteilungsplan der GEMA im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Verlagsbeteiligung (Köln WRP 23, 377 [OLG Köln 13.01.2023 - 6 U 82/22]).
3. Entgeltregelungen für Neben- und Zusatzleistungen.
Rn 37
Kontrollfrei sind auch Entgeltregelungen für Neben- oder Zusatzleistungen, wenn sie si...