Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 17
Nach Nr 3 sind nicht nur ausdrückliche, sondern auch faktische Aufrechnungsausschlüsse (zB Barzahlungs- und Nachnahmeklauseln) unwirksam (BGH NJW 98, 3119 [BGH 08.07.1998 - VIII ZR 1/98]). Unwirksam sind Klauseln, die die Aufrechnung in den von Nr 3 genannten Fällen erschweren (Celle NJW-RR 98, 586 [OLG Hamburg 01.10.1997 - 4 U 229/96]) oder die Aufrechnungsbefugnis des Verwenders erweitern (W/L/P/Dammann § 309 Nr 3 Rz 44). Sonstige Erschwerungen der Aufrechnungsbefugnis sind an § 307 zu messen, sofern sie nicht einem völligen Ausschluss gleichkommen (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 3 Rz 6). Klauseln, wonach die gem § 215 zulässige Aufrechnung mit einer verjährten Forderung ausgeschlossen ist, verstoßen zwar nicht gegen Nr 3, aber gegen § 307 (Hamm NJW-RR 93, 1082 [OLG Hamm 17.05.1993 - 17 U 7/92]; aA HP/Becker § 309 Nr 3 Rz 13). Nicht von Nr 3 erfasst, aber uU nach § 307 zu beanstanden ist es, wenn die Aufrechnung der schriftlichen Erklärung oder einer vorherigen Anzeige bedarf (BGH NJW 95, 254 [BGH 26.10.1994 - VIII ARZ 3/94]; Celle NJW-RR 98, 585 [OLG Celle 23.04.1997 - 2 U 118/96]). Nach BGH NJW 18, 2042 [BGH 20.03.2018 - XI ZR 309/16] Rz 19 (zu Nr 11 AGB-Spk = Nr 4 AGB-Banken) ist ein Aufrechnungsverbot, das auch Ansprüche des Verbrauchers aus §§ 355 III 1, 357b erfasst, nach § 307 unwirksam. Zum formularmäßigen Ausschluss von § 770 II s § 307 Rn 21.
I. Unbestr oder rechtskräftig festgestellte Forderung.
Rn 18
Unbestr ist eine Forderung, wenn die Parteien über Grund und Höhe einig sind (BGH NJW 78, 2244 [BGH 06.07.1978 - III ZR 65/77]). Bestreitet der Verwender die Gegenforderung als unsubstantiiert, ist das Aufrechnungsverbot der Nr 3 nicht anwendbar (BGH NJW 86, 1757 [BGH 17.02.1986 - II ZR 285/84]). Sonderfall der unbestr ist die rechtskräftig festgestellte Forderung, die formell wie materiell in Rechtskraft erwachsen ist (W/L/P/Dammann § 309 Nr 3 Rz 32).
II. Rechtsfolgen.
Rn 19
Der Verstoß gegen Nr 3 führt zur Gesamtnichtigkeit der Klausel (BGH NJW 85, 319 [BGH 16.10.1984 - X ZR 97/83]; NJW-RR 86, 1281). Gesetzliche Aufrechnungsverbote werden von der Unwirksamkeit der Klausel nicht beeinträchtigt (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 3 Rz 9). Im Falle der Insolvenz des Kunden tritt das Aufrechnungsverbot im Wege der einschränkenden Auslegung zurück, wenn sonst die Durchsetzbarkeit der Gegenforderung endgültig vereitelt wird (BGH NJW 84, 357 [BGH 12.10.1983 - VIII ZR 19/82]; 75, 442 [BGH 02.12.1974 - II ZR 132/73]).
III. Wertungswiderspruch zu Nr 2.
Rn 20
Bei konnexen Gegenansprüchen auf Geld ist die Leistungsverweigerung als Aufrechnung zu werten, deren Ausschluss Nr 3 großzügiger als Nr 2 nur in begrenzten Fällen untersagt (BGH NJW 84, 129 [BGH 22.04.1983 - RiZ (R) 4/82]). Dies führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Unterscheidung von Geld- und Sachleistungsforderung. Das Aufrechnungsverbot muss gem der Wertung in Nr 2 zumindest dann zurücktreten, wenn es sich um einen konnexen Gegenanspruch handelt, der auf einer zur Leistungsverweigerung berechtigenden Sachleistungsforderung basiert (Ddorf NJW-RR 97, 629 [OLG Düsseldorf 19.06.1996 - 9 U 250/95]; MüKo/Wurmnest § 309 Nr 3 Rz 5).
IV. Verträge zwischen Unternehmern.
Rn 21
Die Wertung in Nr 3 ist auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr übertragbar (BGH ZIP 16, 1783; NJW 94, 658; 84, 2405; Brandbg NJW-RR 22, 598). Nach § 307 kann sich die Unangemessenheit solcher Klauseln insb aus unzumutbaren Auswirkungen auf die Beleihungsfähigkeit der Forderungen des Vertragspartners ergeben (Stoffels Rz 855). Kontokorrentabreden (§ 355 I HGB) und die Skontration sind grds mit § 307 vereinbare Erweiterungen der Aufrechnungsbefugnis, da sie der Vereinfachung des Abrechnungsverkehrs dienen (W/L/P/Dammann § 309 Nr 3 Rz 45–49).