Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 48
Nr 8a schützt gesetzliche Vertragslösungsrechte des Kunden im Fall von nicht mängelbedingten Pflichtverletzungen des Verwenders. Nr 8b schützt (nur) kauf- und werkvertragliche Mängelgewährleistungsrechte des Kunden vor formularmäßigen Einschränkungen. Der Anwendungsbereich von Nr 8b ist seit dem SMG stark eingeschränkt, s Rn 52. § 307 ist Prüfungsmaßstab, wenn sich der Verwender als Einkäufer besonders vorteilhafte Gewährleistungsrechte in seinen Bedingungen einräumt (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 6; W/L/P/Dammann Klauseln Rz E 99 ff).
I. Ausschluss des Lösungsrechts (Nr 8a).
Rn 49
Nr 8a gilt für alle Verträge (BGH NJW-RR 90, 157 [BGH 11.10.1990 - I ZR 32/89]; München NJW-RR 89, 1499) und verbietet den formularmäßigen Ausschluss sowie jede Einschränkung der gesetzlichen (nicht: vertraglichen) Rücktritts-, Kündigungs- und Widerrufsrechte, die eine vom Verwender nach § 276 zu vertretende Pflichtverletzung als Lösungsgrund betreffen. Der Ausschluss muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich auch der Sache nach ergeben (BGH NJW-RR 03, 1059 [BGH 20.03.2003 - I ZR 225/00]). Wird das Lösungsrecht für nicht zu vertretende Pflichtverletzungen ausgeschlossen, ist § 307 zu prüfen (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 59). Für Kauf- und Werkverträge geht Nr 8b vor (BTDrs 14/6857, 53). Keine Anwendung findet Nr 8a auf Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften (Nr 7, s Rn 46).
Rn 50
Unzulässige Einschränkungen iSv Nr 8a sind Ausschlussfristen und Bedingungen (BGH NJW-RR 89, 625 [BGH 18.01.1989 - VIII ZR 142/88]) sowie Abstandszahlungen (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 59). Unwirksam sind ferner Klauseln, die den Maßstab des Vertretenmüssens verschärfen, indem sie nur grobe Fahrlässigkeit ausreichen lassen (HP/Becker § 309 Nr 8 Rz 13) oder das Lösungsrecht vom Vorliegen höherer Gewalt abhängig machen (W/L/P/Dammann § 309 Nr 8a Rz 31) sowie Klauseln, die eine zusätzliche Nachfrist oder Mahnung fordern (Stuttg BB 79, 1468) oder die 2-wöchige Widerrufsfrist des § 355 verkürzen.
Rn 51
Die Wertungen in Nr 8a gelten grds auch im b2b-Verkehr (BGH NJW-RR 03, 1060). In Verträgen zwischen Unternehmern ist der vollständige Ausschluss der Lösungsrechte auch bei leichter Fahrlässigkeit (BGH NJW-RR 93, 561 [BGH 26.01.1993 - X ZR 90/91]) sowie der Ausschluss des Rücktrittsrechts unter gleichzeitiger Abbedingung der Schadensersatzansprüche des Kunden nicht mit §§ 307, 310 I vereinbar (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 12). Unwirksam ist auch der formularmäßige Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung (BGH NJW 86, 3134 [BGH 26.05.1986 - VIII ZR 218/85]). Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nur in Ausnahmefällen (zB VOB/B, ADSp und AGNB) in Betracht (BGH NJW-RR 98, 1427 [BGH 19.02.1998 - I ZR 233/95]; NJW 95, 3117 [BGH 04.05.1995 - I ZR 70/93]).
II. Beschränkung der Mängelgewährleistung (Nr 8b).
Rn 52
Nr 8b findet nur auf AGB in Lieferungs- und Werkleistungsverträgen über neu hergestellte Sachen Anwendung. Wegen §§ 476, 650 ist der Anwendungsbereich auf Verträge über neu hergestellte unbewegliche Sachen, Werkleistungen außerhalb von § 650 und Verträge zwischen Verbrauchern beschränkt (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 60).
Rn 53
Lieferung einer Sache meint Besitzverschaffung zu Übereignungszwecken (BGH NJW 85, 1549 [BGH 24.04.1985 - VIII ZR 65/84]). Der Sachbegriff in Nr 8b entspricht dem gewährleistungsrechtlichen (vgl § 433 Rn 4). Erfasst werden Gegenstände jeder Art, also auch Sachgesamtheiten, Software und Know-how (BGH NJW 88, 408; Frankf DB 98, 2216), nicht jedoch Rechte und Forderungen. Eine Sache ist neu, solange sie noch nicht bestimmungsgemäß verwendet wurde (BGH WM 85, 1146; Frankf NJW-RR 01, 780 [OLG Frankfurt am Main 17.11.2000 - 25 U 226/99]). Neu hergestellt sind danach auch natürliche Produkte wie Wein, Tiere, Pflanzen (BGH NJW-RR 86, 52 [BGH 03.07.1985 - VIII ZR 152/84]). Von Nr 8b ausgenommen, aber an § 307 zu messen, sind Gewährleistungsausschlüsse bei gebrauchten Sachen (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 15), allerdings kann eine mit gebrauchten Teilen hergestellte Sache neu sein (Erman/Roloff § 309 Rz 87). Unbebaute Grundstücke können nicht neu hergestellt sein (LG Ravensburg NJW-RR 92, 1277; Erman/Roloff § 309 Rz 88). Dagegen fallen Verträge über neu gebaute oder im Bau befindliche Häuser oder Eigentumswohnungen in den Anwendungsbereich der Nr 8b, wenn nach Inhalt und Zweck des Vertrages und den sonstigen Umständen von der Veräußerung eines neu errichteten Hauses gesprochen werden kann (Oldbg NJW-RR 04, 1499). Auch eine vollständige Sanierung eines Altbaus kann eine Neuherstellung sein, wenn der Verkäufer Herstellungspflichten übernimmt (BGH NJW 88, 490). Liegt keine Neuherstellung vor, findet Nr 8b aber ggf auf den Werkvertrag über die Renovierung Anwendung (Hamm NJW-RR 02, 415; Hambg BauR 97, 835).
Rn 54
Nr 8b erfasst auch Werkverträge, die nicht auf die Herstellung neuer Sachen gerichtet sind (Hamm NJW-RR 02, 415), jedoch ist der Leistungsbegriff in Nr 8b eng auszulegen (Erman/Roloff § 309 Rz 89). Er umfasst weder Gebrauchsüberlassungsverträge noch Finanzierungsleasingverträge, soweit sie durch die entgel...