Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 52
Nr 8b findet nur auf AGB in Lieferungs- und Werkleistungsverträgen über neu hergestellte Sachen Anwendung. Wegen §§ 476, 650 ist der Anwendungsbereich auf Verträge über neu hergestellte unbewegliche Sachen, Werkleistungen außerhalb von § 650 und Verträge zwischen Verbrauchern beschränkt (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 60).
Rn 53
Lieferung einer Sache meint Besitzverschaffung zu Übereignungszwecken (BGH NJW 85, 1549 [BGH 24.04.1985 - VIII ZR 65/84]). Der Sachbegriff in Nr 8b entspricht dem gewährleistungsrechtlichen (vgl § 433 Rn 4). Erfasst werden Gegenstände jeder Art, also auch Sachgesamtheiten, Software und Know-how (BGH NJW 88, 408; Frankf DB 98, 2216), nicht jedoch Rechte und Forderungen. Eine Sache ist neu, solange sie noch nicht bestimmungsgemäß verwendet wurde (BGH WM 85, 1146; Frankf NJW-RR 01, 780 [OLG Frankfurt am Main 17.11.2000 - 25 U 226/99]). Neu hergestellt sind danach auch natürliche Produkte wie Wein, Tiere, Pflanzen (BGH NJW-RR 86, 52 [BGH 03.07.1985 - VIII ZR 152/84]). Von Nr 8b ausgenommen, aber an § 307 zu messen, sind Gewährleistungsausschlüsse bei gebrauchten Sachen (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 15), allerdings kann eine mit gebrauchten Teilen hergestellte Sache neu sein (Erman/Roloff § 309 Rz 87). Unbebaute Grundstücke können nicht neu hergestellt sein (LG Ravensburg NJW-RR 92, 1277; Erman/Roloff § 309 Rz 88). Dagegen fallen Verträge über neu gebaute oder im Bau befindliche Häuser oder Eigentumswohnungen in den Anwendungsbereich der Nr 8b, wenn nach Inhalt und Zweck des Vertrages und den sonstigen Umständen von der Veräußerung eines neu errichteten Hauses gesprochen werden kann (Oldbg NJW-RR 04, 1499). Auch eine vollständige Sanierung eines Altbaus kann eine Neuherstellung sein, wenn der Verkäufer Herstellungspflichten übernimmt (BGH NJW 88, 490). Liegt keine Neuherstellung vor, findet Nr 8b aber ggf auf den Werkvertrag über die Renovierung Anwendung (Hamm NJW-RR 02, 415; Hambg BauR 97, 835).
Rn 54
Nr 8b erfasst auch Werkverträge, die nicht auf die Herstellung neuer Sachen gerichtet sind (Hamm NJW-RR 02, 415), jedoch ist der Leistungsbegriff in Nr 8b eng auszulegen (Erman/Roloff § 309 Rz 89). Er umfasst weder Gebrauchsüberlassungsverträge noch Finanzierungsleasingverträge, soweit sie durch die entgeltliche Gebrauchsgewährung auf Zeit charakterisiert sind (BGH ZIP 88, 977; NJW 85, 1549).
1. Ausschluss und Verweisung auf Dritte (Nr 8b aa).
Rn 55
Nr 8b aa Var 1 verbietet den Ausschluss gesetzlicher Gewährleistungsrechte nach §§ 437, 634. Mit Nr 8b aa vereinbar ist die Beschränkung der Gewährleistung auf Rücktritt unter Ausschluss der Minderung (BGH NJW-RR 90, 1141 [BGH 16.05.1990 - VIII ZR 245/89]; München NJW 94, 1661 [OLG München 30.09.1993 - 29 U 1781/93]), nicht aber der umgekehrte Fall (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 25). Ferner nicht mit Nr 8b aa vereinbar sind: Klauseln, wonach sich der Verwender das Wahlrecht zwischen Rücktritt und Minderung entgegen § 437 selbst vorbehält (U/B/H/Christensen § 309 Nr 8 Rz 55); Gewährleistungsausschlüsse bezüglich einzelner Teile der Vertragsleistung oder bestimmter Fehlerkategorien (BGH NJW 71, 1795 [BGH 28.04.1971 - VIII ZR 258/69] m Anm Giesen; Kobl NJW-RR 93, 1078 [OLG Koblenz 19.02.1993 - 2 U 527/91]), das Aufstellen zusätzlicher Voraussetzungen sowie ausschließender Bedingungen (BGH NJW-RR 90, 856 [BGH 15.03.1990 - VII ZR 67/89]; Hamm NJW-RR 00, 1224 [OLG Hamm 14.02.2000 - 13 U 196/99]), das Freizeichnen für versteckte Mängel (U/B/H/Christensen § 309 Nr 8 Rz 36) sowie der Vorbehalt eigener Rückgriffsansprüche des Verwenders (BGH NJW 76, 1934).
Rn 56
Nr 8b aa Var 2 verbietet die (rechtlich oder faktisch) verdrängende Verweisung des Kunden auf Dritte, zu denen dieser in keiner vertraglichen Beziehung steht. Zulässig ist es aber, dem Kunden ein Wahlrecht zwischen der Haftung eines Dritten oder derjenigen des Verwenders einzuräumen. Die Vorschrift ist insb anwendbar beim Operating-Leasing und Mietkauf (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 28).
Rn 57
Unvereinbar mit Nr 8b aa Var 3 sind bereits Klauseln, die beim Kunden nur den Eindruck erwecken, die Eigenhaftung des Verwenders erfordere eine vorherige gerichtliche (nicht auch: außergerichtliche!) Inanspruchnahme des Dritten oder greife nur in Ausnahmefällen (BGH NJW 98, 904 [BGH 04.12.1997 - VII ZR 6/97]; 95, 1675 [BGH 06.04.1995 - VII ZR 73/94]). Subsidiaritätsklauseln sind unzulässig, wenn sie auf einen Dritten verweisen, der für den Sachmangel nicht verantwortlich ist (BGH NJW 74, 1135 [BGH 29.03.1974 - V ZR 22/73]). Bei (zulässiger) Verweisung auf außergerichtliche Inanspruchnahme ruht die Eigenhaftung des Verwenders erst, wenn er dem Kunden die Ansprüche an den Dritten abgetreten sowie die erforderlichen Auskünfte und Dokumente an die Hand gegeben hat (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 8 Rz 30). Sie lebt wieder auf, wenn die Inanspruchnahme des Dritten unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erfolglos bleibt (BGH NJW-RR 91, 342 [BGH 27.09.1990 - VII ZR 316/89]; NJW 82, 169 [BGH 08.10.1981 - VII ZR 99/80]).
Rn 58
Auf den unternehmerischen Geschäftsverke...