Prof. Dr. Michael Stürner
I. Regelungszweck.
Rn 1
§ 311a I erfasst objektive und subjektive (gerade für den Schuldner bestehende) Leistungshindernisse (§ 306 aF hatte eine Nichtigkeit nur im Falle einer objektiven, also für jedermann bestehenden anfänglichen Unmöglichkeit der Leistung angeordnet).
Rn 2
Der auf eine unmögliche Leistung gerichtete Vertrag ist wirksam; dass die Primärleistung nicht erbracht zu werden braucht, ergibt sich aus § 275 I.
Rn 3
II bestimmt eine Ersatzpflicht des Schuldners auf Schadensersatz statt der Leistung. Die Pflichtverletzung des Schuldners wird also in der Nichteinhaltung seines Leistungsversprechens gesehen (u. Rn 8).
Rn 4
Das Vertretenmüssen des Schuldners wird vermutet; er hat Umstände vorzutragen, die seiner Entlastung dienen. Das entspricht der Beweislastverteilung in § 280 I 2; die Haftung des Schuldners wird also bei objektiver Unmöglichkeit weiter verschärft.
Rn 5
Die Ersatzpflicht besteht auch dann, wenn auch der Gläubiger die Unmöglichkeit gekannt hatte oder hätte kennen müssen. In Betracht kommt eine Berücksichtigung von Mitverschulden nach § 254.
Rn 6
§ 306 aF hatte die Vertragswirksamkeit verneint. Das passte nicht für objektiv unmögliche Qualitätszusagen insb des Verkäufers (oder Werkunternehmers), weil hier § 463 aF von einem wirksamen Kauf ausging. § 306 aF ist daher auf Qualitätszusagen auch dann nicht angewendet worden, wenn niemand die zugesagte Qualität hätte herstellen können. § 311a ist auch auf objektiv unmögliche Qualitätszusagen insb des Verkäufers (oder Werkunternehmers) anzuwenden; dafür spricht auch der ausdrückliche Verweis auf § 311a in den §§ 437 Nr 3 und 634 Nr 4 (ausf MüKo/Ernst Rz 80 ff).
Rn 7
§ 311a trifft keine Unterscheidung zwischen anfänglicher objektiver Unmöglichkeit und anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit.
II. Eigene Anspruchsgrundlage?
Rn 8
II ist vom Gesetzgeber als eigene Grundlage für Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung (neben § 280 I) aufgefasst worden, vgl §§ 437 Nr 3, 634 Nr 4. An der Richtigkeit dieser Annahme kann man zweifeln, weil die Haftung aus II derjenigen aus § 280 I weitgehend angeglichen ist. Nach Grüneberg/Grüneberg Rz 2 soll daher idR offen bleiben können, auf welche Norm der Anspruch gestützt wird. Doch besteht eine Besonderheit von II 2 hinsichtlich des Verschuldensbezugs: Während sich das Verschulden in § 280 I auf die Pflichtverletzung bezieht, stellt II 2 auf die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Schuldners von dem Leistungshindernis ab. Dieser Unterschied bedeutet eine gewisse Eigenart des II 2, derentwegen man die Eigenständigkeit als Anspruchsgrundlage bejahen sollte.