Prof. Dr. Michael Stürner
I. Zweck der Regelung.
Rn 19
Die Regelung erfasst Verpflichtungsverträge über das Vermögen im Ganzen (einheitliche Verfügungen über das Vermögen als Ganzes gibt es ohnehin nicht). Dabei wird unter ›Vermögen‹ die Summe der Aktiva verstanden; eine Erstreckung auf die Schulden ändert aber nichts (vgl RGZ 69, 413, 420).
Rn 20
Die Gefahren, denen II und III wehren wollen, unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um das künftige oder das gegenwärtige Vermögen handelt: Das in II enthaltene Verbot von Geschäften über das künftige Vermögen soll verhindern, dass sich jemand seiner Vermögensfähigkeit begibt und dadurch den Antrieb zum Erwerb verliert (Mot II 186). Dass auch Bruchteile nicht sollen übertragen werden können, erklärt sich am ehesten aus dem spekulativen Charakter solcher Geschäfte: Das künftige Vermögen ist ja ungewiss. Ähnl will III vor der Übereilung beim Eingehen einer besonders gefährlichen Verpflichtung schützen (Mot II 188). Da die Gefahr hier weniger schwer wiegt, wird aber nur notarielle Beurkundung und nicht Nichtigkeit vorgeschrieben.
II. Das künftige Vermögen, II.
Rn 21
Die Verpflichtung muss hier das künftige Vermögen als solches (oder einen Bruchteil davon) erfassen. Es genügen nicht Verpflichtungen über einen Gegenstand, der praktisch das ganze Vermögen ausmacht (zB ein Grundstück), BGHZ 25, 1, 4. Schon gar nicht genügt die Eingehung von Verpflichtungen, die höher sind als der Wert des gegenwärtigen oder künftigen Vermögens (BGHZ 107, 92, 100, 103; BGH ZIP 91, 987, 989). Auch die Verpflichtung zur Abtretung aller künftigen Geschäftsforderungen fällt nicht unter II (ganz hM, abw RGZ 67, 166, 168). Andererseits scheitert II nicht daran, dass einige geringwertige Gegenstände ausgeschlossen sein sollen (RGZ 137, 324, 349 zu III). Auch eine Gegenleistung ändert an der Anwendbarkeit nichts.
Rn 22
Gegenstand der Verpflichtung müssen die Übertragung (des Eigentums) oder die Bestellung eines Nießbrauchs (vgl § 1085) sein. Es genügt auch die Verpflichtung zur Sicherungsübereignung. Zur Anwendbarkeit beim Asset Deal Dierksmeier GmbHR 20, 908.
Rn 23
Juristische Personen unterfallen dem Abtretungsverbot gleichfalls; Kiem NJW 06, 2363, 2366 f bezeichnet das (kaum mit Recht) als ›blanken Formalismus‹. Freilich gelten für sie viele Spezialvorschriften, etwa für Vermögensübertragungen bei einer Umwandlung der Rechtsform oder bei einer Verschmelzung.
Rn 24
Rechtsfolge von II ist die Nichtigkeit der Verpflichtung. Wenn das Vermögen aber erst beim Tod des Verpflichteten übergehen soll, kommt nach § 140 die Umdeutung in einen formbedürftigen, aber nicht schon wegen seines Inhalts nichtigen Erbvertrag in Betracht (BGHZ 8, 23, 34).
III. Das gegenwärtige Vermögen, III.
Rn 25
Für Verpflichtungen zur Übertragung des gegenwärtigen Vermögens oder zur Bestellung eines Nießbrauchs hieran gilt mit Ausn der Rechtsfolge Entsprechendes wie für das künftige Vermögen, vgl daher Rn 21 bis 23. Rechtsfolge ist bei III das Erfordernis der notariellen Beurkundung und bei deren Fehlen die Nichtigkeit nach § 125. Formbedürftig ist der ganze Vertrag. Bei einer Schenkung heilt der Vollzug nach § 518 II nur das Fehlen der Schenkungsform; dagegen bleibt die Nichtigkeit nach III mit § 125 bestehen (BGH FamRZ 16, 1923 Rz 10 ff). Das Formerfordernis aus III gilt auch für die Verpflichtung zur Übertragung des gegenw Vermögens einer GmbH (Hamm MDR 10, 1064 [OLG Hamm 26.03.2010 - I-19 U 145/09]). Zum Verhältnis des III zu § 179a I 1 AktG (analog) Eschwey MittBayNot 18, 299; Widder/Feigen NZG 18, 972; Berkefeld DNotZ 20, 85.