Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 5
Von einer wirksamen Vereinbarung zum Erhalt und zur Zahlung einer Leistung, die über das Entgelt für die vereinbarte Hauptleistung hinausgeht, kann nach III 1 nur dann ausgegangen werden, wenn der Verbraucher insoweit seinen Geschäftswillen ausdrücklich und unmittelbar in einer Erklärung äußert; die konkludente Zustimmung des Verbrauchers oder eine solche durch Schweigen reicht angesichts von Art 22 VRRL nicht aus. Auch AGB, die eine Verpflichtung des Verbrauchers zur Zahlung von Zusatzleistungen beinhalten, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien (BTDrs 17/12637, 53); so sind bspw Trinkgeldempfehlungen eines Reiseveranstalters in Form einer Widerspruchslösung unwirksam (Kobl NJW-RR 19, 1140 [OLG Frankfurt am Main 05.06.2019 - 17 U 95/18]). Anderes gilt aber wg Art 3 II VRRL etwa nach § 675g II 1. Zur Inhaltskontrolle von Bearbeitungsentgeltklauseln BGHZ 201, 168.
Rn 6
Sinn und Zweck der Regelung ist es, den Verbraucher davor zu schützen, sich vertraglich in einem größeren Umfang zu verpflichten als er es tatsächlich will: Häufig wird der Verbraucher bei Abschluss des Vertrags sein Augenmerk auf die von ihm begehrte Hauptleistung des Unternehmers richten und sich dann nachträglich nicht selten überrascht oder überrumpelt fühlen, dass er sich über die Bezahlung der Hauptleistung hinaus zur Zahlung weiterer Leistungen verpflichtet hat (BTDrs 17/12637, 53). Zur Zulässigkeit der Erhebung erhöhter Beförderungsentgelte Rodi VuR 15, 14. Die Möglichkeit der Anfechtung der Willenserklärung nach § 119 I Var 1 wird dem Verbraucher in diesen Fällen häufig nicht zur Seite stehen, namentlich wenn sich die Fehlvorstellung des Verbrauchers nur auf eine geringe zusätzliche Zahlungspflicht bezieht, da es dann an der Ursächlichkeit der Fehlvorstellung des Verbrauchers für die Abgabe seiner Willenserklärung fehlen wird (BTDrs 17/12637, 53).
Rn 7
Im elektronischen Geschäftsverkehr (Definition: § 312i I) ist eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers nicht anzunehmen, wenn sie darauf beruht, dass der Verbraucher, etwa im Rahmen eines Bestellvorgangs auf einer Internetseite, eine Voreinstellung des Unternehmers nicht abgeändert hat (sog ›opt-out‹), III 2. Die Regelung ist zum Schutz des Verbrauchers neben III 1 notwendig, da dieser die Voreinstellung des Unternehmers häufig gar nicht bemerkt und damit, ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont, von einer ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers auszugehen ist (vgl BTDrs 17/12637, 53). Keine Anwendung findet III 2 auf Bereiche, in denen die Annahme von Zusatzkosten auf ›Opt-in‹-Basis ausdrücklich zugelassen ist, wie zB in Art 23 I VO (EG) Nr 1008/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft.