Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 9
Durch V soll erreicht werden, dass der Verbraucher den telefonischen Kontakt zum Unternehmer nicht deshalb meidet, weil ihm hierdurch Kosten entstehen, die über die Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienstleistung als solche hinausgehen (BTDrs 17/12637, 52). Die Formulierung in V 1 ist missverständlich, lässt sie doch den Schluss zu, dass ein Entgelt durch den Unternehmer erhoben werden kann, sofern das Entgelt für die Nutzung des Telekommunikationsdienstes als solchen nicht überschritten wird. Indes ist V 1 als umfassendes Verbot für den Unternehmer zu verstehen, Kosten für die in V 1 genannten Telefonanrufe zu erheben. Dafür spricht Art 21 I VRRL, wonach der Verbraucher ›nicht … mehr als den Grundtarif‹ zu zahlen hat (EuGH 13.9.18, C-332/17 – Starman, MMR 18, 808: höhere Tarife als der Grundtarif dürfen bei Bestandskunden nicht erhoben werden). Dies bedeutet, dass der Unternehmer dem Verbraucher nur die Kosten auferlegen darf, die die Kosten eines gewöhnlichen Telefongesprächs nicht übersteigen (EuGH 2.3.17, C-568/15 – comtech, NJW 17, 1229 Rz 31). Auch die Gesetzesbegründung scheint von einem solchen umfassenden Verbot auszugehen. So wird dort als Ziel des V genannt, dass der Unternehmer aus dem Betrieb einer Hotline keine Gewinne zieht (BTDrs 17/12637, 52). Dieses Ziel kann jedoch nur bei einem umfassenden Verbot für den Unternehmer zur Erhebung von Kosten erreicht werden. V wird ergänzt durch die Regelungen des § 66g TKG zu telefonischen Warteschleifen.
Rn 10
V betrifft Fragen und Erklärungen des Verbrauchers an den Unternehmer ›zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag‹. Erfasst sind danach etwa Anrufe des Verbrauchers, mit denen er sich über den Vertragsinhalt informiert, Gewährleistungsrechte geltend macht oder eine Rechnung des Unternehmers als nicht vertragskonform rügt. Nicht erfasst ist hingegen der Fall, dass der Unternehmer in dem Telefonat seine Verpflichtung aus dem Vertragsverhältnis erfüllt, wie dies zB bei der telefonischen Rechtsberatung der Fall ist (BTDrs 17/12637, 52).
Rn 11
Liegt ein Fall des V 1 vor, ist der Verbraucher auch gegenüber dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes nicht verpflichtet, ein Entgelt für den Anruf zu zahlen, V 2. Zum Schutz des Verbrauchers ist eine solche Regelung erforderlich, da es für diesen nicht erkennbar und erst recht nicht nachweisbar ist, in welcher Höhe das Entgelt über den Tarif für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes hinausgeht. In diesem Fall ist jedoch der Anbieter des Telekommunikationsdienstes berechtigt, das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes von dem Unternehmer zu verlangen, V 3. Aus Gründen des Verbraucherschutzes ist diese Regelung sicherlich sachgerecht (vgl BTDrs 17/12637, 52), letztlich geht diese jedoch zu Lasten des (am Vertragsschluss zwischen Unternehmer und Verbraucher unbeteiligten) Anbieters des Telekommunikationsdienstes.