Prof. Dr. Martin Schöpflin
Rn 13
Im Interesse einer im Vereinsrecht erforderlichen einfachen Lösung sind nach hM fehlerhafte Beschlüsse ohne weiteres nichtig, es wird also nicht nach §§ 241 ff AktG analog zwischen Nichtigkeits- und Anfechtungsklage unterschieden (BGH NJW 08, 69, 72 [BGH 02.07.2007 - II ZR 111/05]; Brandbg ZStV 19, 192; Hamm ZStV 22, 67). Der Verein kann aber in seiner Satzung bestimmen, dass Verstöße gegen die Satzung oder dispositives Recht nur durch eine Anfechtungsklage entspr §§ 243 ff AktG geltend gemacht werden können (Noack 168, 183). Nichtigkeitsgründe sind Gesetzes- und Satzungsverstöße, Sittenwidrigkeit, Treupflichtverletzung, Einberufungsmängel wie zB fehlende Tagesordnung (Zweibr Rpfleger 02, 315 [OLG Zweibrücken 19.12.2001 - 3 W 272/01]), Einberufung durch unzuständiges Organ, Unzumutbarkeit von Ort oder Zeit, fehlende Ladung einzelner Mitglieder (s iE BeckOK/Schöpflin Rz 29 ff; Reichert/Scheuch Kap 4 Rz 937 ff), zB von 3 Mitgliedern, auch bei fehlendem Stimmrecht (Brandbg ZStV 19, 192, s.a. Brandbg NZG 22, 865, 867 [OLG Brandenburg 26.01.2022 - 4 U 105/20]), uU auch Doppelberufungen (Rn 3).
Rn 14
Der Verstoß gegen Verfahrensregeln, die die Mitwirkung des Vereinsmitglieds an der Willensbildung sichern sollen, führt nur zur Beschlussnichtigkeit, wenn das Mitglied nach Kenntnis (vom Einberufungsmangel) gegen die Beschlussfassung Widerspruch erhebt (München NZG 08, 351, 353). Das anwesende Mitglied, das den Mangel erkennt, muss den Widerspruch zu Protokoll erklären, außerhalb der Versammlung ggü dem Vorstand (Soergel/Hadding Rz 18). Das Mitglied kann den Beschl genehmigen und damit heilen (BeckOK/Schöpflin Rz 37). Bei der Frage der Beschlussnichtigkeit aufgrund Verfahrensfehlern kommt es auf die Relevanz des Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitwirkungsrechte durch ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied an (BGH NJW 08, 69, 73). Ein Ladungsmangel durch fehlende Angaben in der Tagesordnung ist ein relevanter Verfahrensverstoß, da er den Entschluss zur Teilnahme an der Versammlung maßgeblich beeinflusst (BGH NJW 08, 69, 73 [BGH 02.07.2007 - II ZR 111/05]).
Rn 15
Beschlussmängel sind durch Feststellungsklage gegen den Verein nach Ausschöpfung vereinsinterner Rechtsbehelfe (KG NJW 88, 3159) geltend zu machen (BGHZ 59, 369, 371 f; Hamm MDR 21, 759; Soergel/Hadding Rz 40), sie ist im Interesse der Rechtssicherheit fristgebunden (Schlesw ZStV 23, 11). Jedenfalls nach zwei Jahren (Saarbrücken NZG 08, 677, 679 [OLG Saarbrücken 02.04.2008 - 1 U 450/07]), aber auch schon nach vier Monaten ist die Klagemöglichkeit verwirkt (Hamm NJW-RR 97, 989 [OLG Hamm 10.06.1996 - 8 U 150/95]; aA Grüneberg/Ellenberger Rz 11: 6. Monate). Der Verein trägt die Beweislast hinsichtlich des satzungsgemäßen Verfahrens und fehlender Relevanz des Verstoßes (Hamm ZStV 22, 67), die Nichtigkeit des ordnungsgemäß beurkundeten Beschlusses muss derjenige beweisen, der sich auf sie beruft (BGHZ 49, 209, 211f). Der die Ungültigkeit feststellende Beschl wirkt für und gegen alle (BGH NJW-RR 92, 1209).