Prof. Dr. Michael Stürner
Gesetzestext
(1) Ist das digitale Produkt mangelhaft, so kann der Verbraucher den Vertrag gemäß § 327o beenden, wenn
1. |
der Nacherfüllungsanspruch gemäß § 327l Absatz 2 ausgeschlossen ist, |
2. |
der Nacherfüllungsanspruch des Verbrauchers nicht gemäß § 327l Absatz 1 erfüllt wurde, |
3. |
sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt, |
4. |
der Mangel derart schwerwiegend ist, dass die sofortige Vertragsbeendigung gerechtfertigt ist, |
5. |
der Unternehmer die gemäß § 327l Absatz 1 Satz 2 ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat, oder |
6. |
es nach den Umständen offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht gemäß § 327l Absatz 1 Satz 2 ordnungsgemäß nacherfüllen wird. |
(2) 1Eine Beendigung des Vertrags nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist. 2Dies gilt nicht für Verbraucherverträge im Sinne des § 327 Absatz 3.
(3) 1In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 6 kann der Verbraucher unter den Voraussetzungen des § 280 Absatz 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. 2§ 281 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 4 sind entsprechend anzuwenden. 3Verlangt der Verbraucher Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Unternehmer zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 327o und 327p berechtigt. 4§ 325 gilt entsprechend.
(4) 1Sofern der Verbraucher den Vertrag nach Absatz 1 beenden kann, kann er sich im Hinblick auf alle Bestandteile des Paketvertrags vom Vertrag lösen, wenn er an dem anderen Teil des Paketvertrags ohne das mangelhafte digitale Produkt kein Interesse hat. 2Satz 1 ist nicht auf Paketverträge anzuwenden, bei denen der andere Bestandteil ein Telekommunikationsdienst im Sinne des § 3 Nummer 61 des Telekommunikationsgesetzes ist.
(5) Sofern der Verbraucher den Vertrag nach Absatz 1 beenden kann, kann er sich im Hinblick auf alle Bestandteile eines Vertrags nach § 327a Absatz 2 vom Vertrag lösen, wenn aufgrund des Mangels des digitalen Produkts sich die Sache nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet.
A. Funktion.
Rn 1
Die Vorschrift enthält Maßgaben, unter denen der Verbraucher den Vertrag beenden bzw Schadensersatz verlangen kann, wenn das digitale Produkt mangelhaft ist. Sie dient damit der Umsetzung des Prinzips des Vorrangs der Nacherfüllung (§ 327l Rn 3).
B. Vertragsbeendigung.
Rn 2
Die Vertragsbeendigung ist ein neuartiges Gestaltungsrecht; § 327m I setzt damit Art 14 IV DIRL um. Auch bei unterbliebener Bereitstellung kann der Vertrag beendet werden (§ 327c I 1). Im Falle der Mangelhaftigkeit ist die Vertragsbeendigung nach den in I genannten Voraussetzungen möglich.
I. Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs, I Nr 1.
Rn 3
Ist der Nacherfüllungsanspruch gem § 327l II ausgeschlossen, kann der Vertrag nach Nr 1 beendet werden. Anders als im Kaufrecht (§ 440 S 1) hängt das Recht des Verbrauchers zur Vertragsbeendigung hierbei im Falle der Unverhältnismäßigkeit nicht von der Verweigerung des Unternehmers ab, sondern wird lediglich an das Vorliegen unverhältnismäßiger Nacherfüllungskosten geknüpft (BTDrs 19/27653, 67f). Allerdings kommt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242) in Betracht, wenn der Verbraucher die Vertragsbeendigung auf die Unverhältnismäßigkeit gem I Nr 1 iVm § 327l II 1 stützt, obwohl sich der Unternehmer zur Erbringung der Nacherfüllung durch überobligatorischen Aufwand bereit erklärt hat (so zu Art 14 DIRL Gsell in Schulze/Staudenmayer, EU Digital Law 20, Art 14 DCD Rz 42).
II. Keine Nacherfüllung, I Nr 2.
Rn 4
Der Verbraucher kann den Vertrag auch dann beenden, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Nacherfüllung aus § 327l I nicht nachkommt. Dies gilt insb auch dann, wenn die Nacherfüllung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt oder die Durchführung erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher bringt (§ 327l I 2).
III. Mangel trotz Nacherfüllungsversuch des Unternehmers, I Nr 3.
Rn 5
Es muss sich trotz eines Nacherfüllungsversuchs des Unternehmers ein Mangel zeigen. Das kann der Fall sein, wenn die Nacherfüllung nicht zur Beseitigung des durch den Verbraucher geltend gemachten Mangels führt, oder auch dann, wenn die Nacherfüllung den beanstandeten Mangel beseitigt, sich hiernach allerdings ein neuer, anderer Mangel zeigt. Es ist dabei nicht erforderlich, dass dieser neue Mangel erst durch die Nacherfüllung geschaffen wird; es reicht vielmehr aus, dass sich dieser ›zeigt‹, also bspw bereits bei der Bereitstellung vorgelegen hat, dabei aber noch nicht erkennbar war.
IV. Schwerwiegender Mangel, I Nr 4.
Rn 6
Dieser Tatbestand setzt das Vorliegen eines Mangels voraus, der derart schwerwiegend ist, dass die sofortige Vertragsbeendigung gerechtfertigt erscheint. Hier ist eine einzelfallabhängige Abwägung der Interessen von Verbraucher und Unternehmer vorzunehmen (BTDrs 19/27653, 68). ErwGr 65 DIRL nennt das Bsp eines Antivirenprogramms, welches selbst mit Viren infiziert ist.
V. Verweigerung der Nacherfüllung, I Nr 5.
Rn 7
Erfasst sind sowohl die Fälle der berechtigten als auch der unberechtigten Verweigerung der Nacherfüllung durch den Unternehmer (Grüneberg/Grüneberg Rz 3). Es gelten dieselben Anforderungen wie bei der Unverhältnismäßigkeit iSd § 327l II; I Nr 5 ist insoweit lex specialis zu I Nr 1, als dort ebenfalls ein Recht zur Vertragsbeendigung im Falle der Unverhältnismäßigkeit vorgesehen ist. In den F...