Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 3
Diese gelten unabhängig davon, ob es sich um eine für den Verbraucher vorteilige, neutrale oder nachteilige Änderung handelt. § 327r findet keine Anwendung, wenn die Parteien anlässlich der Veröffentlichung einer neuen Version des digitalen Produkts einen neuen Vertrag schließen (ErwGr 75 DIRL).
I. Vertrag über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts.
Rn 4
S diesbezüglich § 327b V 2 (§ 327b Rn 8).
II. Keine vertraglich geschuldete Aktualisierung.
Rn 5
Vor der Prüfung der einzelnen Voraussetzungen in I Nr 1–3 ist zunächst eine Abgrenzung der Änderung von der vertraglich geschuldeten Aktualisierung gem § 327f I 1 vorzunehmen. Dazu ist allein darauf abzustellen, ob die Aktualisierung zum Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts erforderlich ist oder nicht. In ersterem Fall ist § 327f I 1 einschlägig und die in I vorgesehenen Voraussetzungen müssen nicht eingehalten werden (vgl auch Art 19 I DIRL; ausf zur Abgrenzung Schreiber/Esser RDi 22, 317).
III. Vertragliche Vereinbarung der Änderungsbefugnis bei triftigem Grund.
Rn 6
Die Änderungsbefugnis des Unternehmers muss gem I Nr 1 von den Parteien vertraglich vereinbart und dabei an einen triftigen Grund geknüpft worden sein. Tw wird das Vorliegen eines triftigen Grundes nach der Art des Vertrags als ausreichend angesehen (Wendland in: Schulze/Staudenmayer, EU Digital Law 20, Art 19 DCD Rz 12). Das widerspricht jedoch dem eindeutigen Wortlaut sowohl in Art 19 I lit a DIRL und ErwGr 75 als auch in I Nr 1; das Kriterium der vertraglichen Vereinbarung würde hierdurch aufgeweicht (Möllnitz MMR 21, 116, 118).
Rn 7
Die Vereinbarung kann dabei auch durch AGB (ausf Hunzinger CR 22, 349) geschehen, wobei die Regelungen der §§ 305 ff nach der Gesetzesbegründung unberührt bleiben sollen (BTDrs 19/27653, 77; Grüneberg/Grüneberg Rz 2). Dagegen wird angeführt, dass die DIRL in Art 19 I lit a, c selbst die Anforderungen an die notwendige Transparenz festgelegt habe und es den Mitgliedstaaten aufgrund der aus Art 4 DIRL folgenden Vollharmonisierung darum nicht gestattet sei, weitere materielle Erfordernisse an die Wirksamkeit einer entspr vertraglichen Regelung zu stellen (Möllnitz MMR 21, 116, 118). Letztlich handelt es sich um eine Konkurrenz zwischen der Klausel-RL und der DIRL (dazu auch Stürner, Europäisches Vertragsrecht 21, § 16 Rz 74). Eine Spezialität der DIRL dürfte nur insoweit anzunehmen sein, als sie sachlich Aspekte der Klauselkontrolle regelt. Das ist für die Inhaltskontrolle nicht der Fall, sodass die Klausel-RL und die sie umsetzenden §§ 305 ff Anwendung finden und allenfalls der Maßstab für die Transparenzkontrolle der DIRL zu entnehmen ist.
Rn 8
Als triftige Gründe kommen nach ErwGr 75 DIRL betriebstechnische Gründe in Betracht, wobei insb auf notwendige Anpassungen an neue technische Umgebungen oder erhöhte Nutzerzahlen hingewiesen wird. I Nr 1 ist dabei wegen Art 19 I lit a DIRL richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Vertrag nicht nur allg auf das Erfordernis irgendeines triftigen Grundes hinweisen, sondern diesen triftigen Grund auch konkret benennen muss (Möllnitz MMR 21, 116, 118f).
IV. Keine zusätzlichen Kosten für den Verbraucher.
Rn 9
Gem I Nr 2 dürfen dem Verbraucher durch die Änderung keine zusätzlichen Kosten entstehen. Der Begriff ›zusätzlich‹ führt dabei nicht dazu, dass I nur auf solche Verbraucherverträge über digitale Produkte anzuwenden wäre, bei denen sich der Verbraucher ohnehin gem § 327 I zur Zahlung eines Preises verpflichtet (BTDrs 19/27653, 77). Verträge nach § 327 III sind daher auch erfasst, weswegen dadurch auch keine weiteren personenbezogenen Daten erfasst werden dürfen (MüKo/Metzger Rz 8).
V. Klare und verständliche Information des Verbrauchers.
Rn 10
Nach I Nr 3 muss der Verbraucher über die Änderung zudem klar und verständlich informiert werden, wobei die Information auch zeitgleich mit der Änderung erfolgen kann.
VI. Abgrenzung der Änderung von der Ersetzung als ungeschriebenes Merkmal.
Rn 11
Vor dem Hintergrund der semantischen Bedeutung des Wortes ›Änderung‹ und des interessenausgleichenden Zwecks des I erscheint es geboten, die Erhaltung des digitalen Produkts in seinem Kern als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung anzusehen und auf diese Weise eine Abgrenzung zur Ersetzung vorzunehmen (dazu Möllnitz MMR 21, 116, 118).