Prof. Dr. Michael Stürner
Gesetzestext
1Wird in einem Leibrentenvertrag die Zahlung der Leibrente an einen Dritten vereinbart, ist im Zweifel anzunehmen, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. 2Das Gleiche gilt, wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Übernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird.
A. Funktion.
Rn 1
§ 330 vermutet für drei Fallgruppen einen eigenen Anspruch des Dritten (also einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter, vgl § 328 Rn 12): (1.) die Leibrente (§§ 759 ff); (2.) dem Empfänger einer unentgeltlichen Zuwendung sind Leistungen an einen Dritten auferlegt; (3) der Übernehmer eines Vermögens (vgl § 311b II und III) oder Landguts soll eine Abfindung an einen Dritten leisten.
Rn 2
Die in § 330 aF ursprünglich an erster Stelle genannte Lebensversicherung ist mit Rücksicht auf die Neuregelung im VVG (vgl insb §§ 159f VVG aF) durch Art 3 des G v 23.11.07 (BGBl I 2631) gestrichen worden. Doch kann die zur Lebensversicherung ergangene Rspr auf die verbliebenen drei Anwendungsfälle übertragen werden.
B. Der Anspruch des Dritten.
Rn 3
1 vermutet idR einen eigenen Anspruch des Dritten, der dann auch in dessen Nachlass fällt (etwa München RNotZ 21, 260 Rz 58). Dabei beruht der Erwerb nicht auf Erbrecht, sondern bedeutet eine Zuwendung unter Lebenden (so für die Lebensversicherung BGHZ 130, 373, 380 f; 156, 350, 353; zust Petersen AcP 204, 832, 839f). Der Anspruch ist idR unabhängig von einer Ausschlagung der Erbschaft (vgl § 160 II 2 VVG). Ein Bezugsrecht ›der Ehefrau‹ meint idR die Ehefrau im Zeitpunkt der Zuwendung; § 2077 soll nicht entspr anwendbar sein (BGH NJW 87, 3131 [BGH 01.04.1987 - IVa ZR 26/86]; krit Petersen aaO 852 f; anders jetzt aber für die Lebensversicherung § 160 II 1 VVG).
C. Das schuldrechtliche Behaltendürfen.
Rn 4
Nach der Rspr zur Lebensversicherung (etwa BGHZ 128, 125; BGH NJW 87, 3131f) ist die Zuweisung durch die Bezugsberechtigung aber nicht endgültig. Vielmehr soll der Rechtsgrund für das Bezugsrecht und den durch dieses vermittelten Erwerbs entfallen können, wenn das Valutaverhältnis zwischen dem Versicherungsempfänger und dem Begünstigten gestört wird. Dafür kommt insb ein Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313) durch ein vorzeitiges Ende der Ehe in Betracht: Dieses beseitigt uU die Grundlage für die ehebedingte Zuwendung, die in der Einräumung des Bezugsrechts gelegen hat. Dann sollen die Erben die Herausgabe des Erlangten fordern können (vgl krit MüKo/Gottwald § 328 Rz 137).
Rn 5
Da der Dritte außerhalb des Erbrechts erwirbt, geht der Wert des Erwerbs an den Nachlassgläubigern und Pflichtteilsberechtigten vorbei. Hieraus folgt eine Möglichkeit zur Anfechtung (vgl zur Lebensversicherung BGHZ 156, 350, 354). Bei Insolvenz des Dritten soll sogar ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO bestehen (BGH aaO 358). Das vermindert in rechtspolitisch erwünschter Weise die Möglichkeit, den Nachlass durch Zuwendungen außerhalb des Erbrechts dauerhaft gering zu halten.
D. Einzelheiten.
Rn 6
Bei 2 Alt 1 muss die Unentgeltlichkeit der Zuwendung im Deckungsverhältnis (also zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger) liegen. Bei der Vermögens- und Gutsübernahme (2 Alt 2) kommt die Abfindung eines Dritten va in Betracht, wenn dieser möglicher Miterbe ist, insb weichende Geschwister des Versprechensempfängers. Bei der Übernahme eines Gewerbebetriebs hat schon RG JW 1905, 717 2 Alt 2 entspr angewendet.