Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 17
Nach I soll der Widerruf des Beschaffungsvertrages zB nach §§ 312g, 355, 356 auch den damit verbundenen Darlehensvertrag erfassen; das Darlehen ist gleichsam bestandsakzessorisch ggü dem Beschaffungsvertrag. Für die Rückabwicklung dieses widerrufenen Vertrages gelten § 355 III sowie, je nach Art des Vertrags, die §§ 357–357c direkt, für diejenige des Darlehens entspr, IV 1. Dabei findet die Rückabwicklung idR für jedes Vertragsverhältnis getrennt zwischen den jeweiligen Vertragsparteien statt (Ausn u. Rn 19). Der Verweis in IV 1 ist im Fall des Verbunds eines Darlehensvertrags mit einem im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrag dahin auszulegen, dass der Darlehensgeber den Verbraucher lediglich über eine mögliche Wertersatzpflicht unterrichtet; hierbei kommt es nicht auf die Einhaltung der Vorgaben des Art 246a § 1 II 1 Nr 1 EGBGB an (BGHZ 227, 253 Rz 31 ff). Der Verweis auf § 357 IV führt bei der Rückabwicklung zu einer Vorleistungspflicht (BGH 1.6.21, XI ZR 149/20 Rz 16). Der Darlehensgeber kann dementsprechend auch die Rückzahlung der nach dem Widerruf des Darlehensvertrags von dem Darlehensnehmer noch erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen verweigern, bis er die Ware zurückerhalten hat oder eine der anderen Voraussetzungen des § 357 IV erfüllt ist (BGH WM 22, 418 Rz 17). Für die Rückabwicklung eines Fahrzeugkaufvertrages besteht ein einheitlicher Erfüllungsort am derzeitigen Belegenheitsort des Fahrzeuges (§ 29 ZPO, Braunschw MDR 21, 1021 [OLG Braunschweig 21.06.2021 - 11 U 67/20] mwN).
Rn 18
Nach IV 4 sollen gegen den Verbraucher Ansprüche auf Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehens ausgeschlossen sein. Der Darlehensgeber steht also ggü den allgemeinen Regeln nicht nur dadurch schlechter, dass ihm ggü ein Widerruf nicht erklärt zu werden braucht. Vielmehr wird er durch IV 4 zusätzlich bei der Rückabwicklung benachteiligt. Dient das Darlehen nur teilweise der Finanzierung eines verbundenen Vertrags, ist IV 4 nach BGH NJW 11, 1063 [BGH 18.01.2011 - XI ZR 356/09] nur auf diesen Teil, nicht aber auf den an den Darlehensnehmer selbst ausbezahlten Restbetrag des Darlehens anwendbar.
Rn 19
IV 5 regelt die Rückabwicklung abweichend für den Sonderfall, dass das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen war: Dann soll nicht etwa eine Durchgriffskondiktion des Darlehensgebers gegen den Unternehmer stattfinden (vgl MüKo/Habersack Rz 89). Vielmehr wird die Rückabwicklung auf das Verhältnis zwischen dem Darlehensgeber und dem Verbraucher konzentriert (dies gilt auch in der Insolvenz des Darlehensgebers, BGH NJW 11, 2198 [BGH 01.03.2011 - II ZR 297/08]): Im Verhältnis zum Verbraucher tritt der Darlehensgeber in die Rechte und Pflichten des Unternehmers (also idR des Verkäufers) ein (BGHZ 209, 179 Rz 36; BGH NJW 19, 2780 [BGH 26.03.2019 - XI ZR 228/17]; zur intertemporalen Rechtslage BGH NJW 17, 2675 [BGH 04.04.2017 - II ZR 179/16]); die formularmäßige Vereinbarung einer Abtretungsklausel ist in Verbraucherverträgen unwirksam (§ 361 II 1, s BGHZ 237, 59 Rz 15). Damit bleibt es dem Verbraucher erspart, den Nettobetrag dem Darlehensgeber erstatten und sich seinerseits an den Unternehmer halten zu müssen (MüKo/Habersack Rz 89). Stattdessen muss der Darlehensgeber dies tun. Er erhält dann (in der Rolle des Unternehmers) die finanzierte Leistung; Wertersatz schuldet der Verbraucher nach § 357a I. Demgegenüber kann der Verbraucher Rückzahlung der dem Darlehensgeber erbrachten Tilgungszahlungen sowie einer an den Unternehmer geleisteten Anzahlung bzw. eines Eigenanteils fordern (BGHZ 180, 123 Rz 27, das danach ebenfalls bestehende Recht des Verbrauchers, Rückzahlung der dem Darlehensgeber erbrachten Zinszahlung zu fordern, ist inzwischen wg § 357b III 1 obsolet). Auch das ist für den Darlehensgeber überaus ungünstig. Denn idR kann er die finanzierte Leistung nicht verwenden; zudem trägt er das Verschlechterungsrisiko im Umfang von § 355 III 3; vgl MüKo/Habersack Rz 91 mwN. Bedenklich ist weiter, dass der Käufer auf Kredit hier besser steht als jemand, der den Kaufpreis aus eigenen Mitteln bezahlt (vgl BGH ZIP 04, 606, 609). Zu den Fällen, in denen das Darlehen bereits vollständig zurückgezahlt ist, s Weidenfäller VuR 20, 289.
Rn 20
Beim finanzierten Beitritt zu einer Gesellschaft erhält der Darlehensgeber idR zunächst bloß den Abfindungsanspruch des Verbrauchers gegen die Gesellschaft. Diese sowie ggf die Gesellschafter schulden die Rückzahlung des Darlehens Zug um Zug gegen Übertragung des Abfindungsanspruchs (MüKo/Habersack Rz 97). Dies gilt auch für den Beitritt zu einer Genossenschaft, BGH NJW 11, 2198 [BGH 01.03.2011 - II ZR 297/08]. Doch vgl für Schadensersatzansprüche § 361 Rn 7 und speziell zum Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds BGH ZIP 05, 565 mN; krit Schlesw ZIP 05, 1127.
Rn 21
Der Eintritt des Darlehensgebers in die Pflichten des Unternehmers beschränkt sich bei IV 5 auf die Rückabwicklung. Dagegen müssen zB Schadensersatzansprüche wegen Mäng...